The first of Lem's novels to be published in America and now considered a classic, "Solaris" raises a question: Can one truly understand the universe without first understanding what lies within?
"A fantastic book." -Steven Soderbergh When psychologist Kris Kelvin arrives at the planet Solaris to study the ocean that covers its surface, he finds himself confronting a painful memory embodied in the physical likeness of a past lover. Kelvin learns that he is not alone in this and that other crews examining the planet are plagued with their own repressed and newly real memories. Could it be, as Solaris scientists speculate, that the ocean may be a massive neural center creating these memories, for a reason no one can identify? Long considered a classic, Solaris asks the question: Can we understand the universe around us without first understanding what lies within? "A novel that makes you reevaluate the nature of intelligence itself." -Anne McCaffrey
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"A fantastic book." -Steven Soderbergh When psychologist Kris Kelvin arrives at the planet Solaris to study the ocean that covers its surface, he finds himself confronting a painful memory embodied in the physical likeness of a past lover. Kelvin learns that he is not alone in this and that other crews examining the planet are plagued with their own repressed and newly real memories. Could it be, as Solaris scientists speculate, that the ocean may be a massive neural center creating these memories, for a reason no one can identify? Long considered a classic, Solaris asks the question: Can we understand the universe around us without first understanding what lies within? "A novel that makes you reevaluate the nature of intelligence itself." -Anne McCaffrey
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.07.2021Ein Stern, der meinen Namen trägt
Ufo-Berichte des Pentagons. Reiche Männer fliegen ins All. Die Bundeswehr stellt ein "Weltraumkommando" auf. Ist das eine neue Epoche der Raumfahrt? Der Science-Fiction-Schriftsteller Stanislaw Lem könnte helfen, darauf eine Antwort zu finden.
Es ist Weltraumsommer: Erst brachte das Pentagon im Juni einen offiziellen, wenn auch vorläufigen Bericht über Sichtungen unidentifizierter Phänomene heraus. Zu denen letztlich auch Ufos zählen könnten. Allerdings sind die Daten nicht aussagekräftig genug. Die Messkapazitäten fehlen für mehr. Noch.
Jetzt gibt es aber diesen ersten Bericht, immerhin, und darin eine Kategorie, in der "andere" Phänomene gelistet werden. Ufos also, zum Beispiel, vielleicht. Die Masse an Texten aber, die rund um diesen Bericht veröffentlicht wurde, von Schriftstellern, in Zeitungen, Magazinen auf der ganzen Welt, sprach vor allem für den Wunsch, dass sich das Pentagon tatsächlich durchgerungen haben könnte, es endlich zuzugeben. Dass da was war. Oder sogar ist. Oder wenigstens sein könnte. Erklärt hat das Pentagon aber eigentlich nur, sinngemäß, dass es noch nicht wissen kann, ob es etwas weiß. Darüber enttäuscht zu sein war jedenfalls nicht das Problem des Pentagons.
Vorigen Sonntag dann - nächste Station dieses Weltraumsommers - flog der Milliardär Richard Branson mit seinem Raumgleiter VSS Unity kurz ins All. Am Dienstag will ihm jetzt der amerikanische Milliardär Jeff Bezos nachfolgen, an Bord der Rakete "New Shepard", am Jahrestag der ersten Mondlandung vom 20. Juli 1969. Dass es sich bei diesen beiden Starts so dicht hintereinander auch um einen Wettlauf zwischen zwei sehr reichen Männern handeln könnte: Das spielten diese beiden sehr reichen Männer bislang zwar herunter. Auch indem sie ständig den Nutzen ihrer Flüge für die ganze Menschheit betonen. Bezos ließ über Twitter aber trotzdem mitteilen, dass seine Rakete viel größere Fenster besäße als Bransons Raumgleiter. Und dass er mit dieser Rakete auch tatsächlich in den Weltraum fliegen würde, jenseits der sogenannten Kármán-Linie in hundert Kilometer Höhe - und nicht, wie Branson, nur achtzig Kilometer hoch. Was die NASA allerdings schon als Weltraum gelten lässt.
Die beiden Männer jedenfalls reden am liebsten von ihren Kindheitsträumen und beschwören den inspirierenden Effekt ihrer Raumflüge für den Rest der Welt - während sich diese restliche Welt doch mehr damit beschäftigt, dass man offenbar Milliardär sein muss, um sich so eine Konkurrenz leisten zu können. Von einem Flugticket ins All ganz zu schweigen. Schon bald, im September, will der nächste Zivilist mit Geld ins All aufbrechen, der Milliardär Jared Isaacman, der einen Raketenflug von Space X gechartert hat (natürlich auch für einen guten Zweck). Elon Musk wiederum, dem das Unternehmen Space X gehört, hat ein Raumflugticket bei Bransons Virgin Galactic gebucht. Es soll eine Viertelmillion Dollar kosten.
Warum löst der Anblick von Branson alias "Astronaut 001" und seiner Konkurrenten dann nur so eine matte Reaktion aus, irgendwo zwischen Frust und Langeweile, gemischt mit dem leicht unangenehmen Gefühl, beim Ausleben einer Obsession zuzuschauen? Menschen mit Geld, Sendungsbewusstsein und Spezialinteressen sind ja immer schon wichtig gewesen für Innovation und Fortschritt. Aber je lauter sich Branson selbst zum Vorbild erklärte, desto stärker sank auch das Fieber, das sein Start ins All vorigen Sonntag dann doch kurz ausgelöst hatte. "An die nächste Generation von Träumern!", hatte Branson live von VSS Unity gerufen, bevor er die Gurte löste, um schwerelos durch seinen Gleiter zu gleiten: "Wenn wir das schaffen - stellt euch nur vor, was ihr dann schaffen werdet!"
Vielleicht war das gar nicht zynisch gemeint, vielleicht hält Branson sich tatsächlich selbst für einen Pionier der zivilen Raumfahrt und nicht für einen Mann, der sich so was halt kaufen kann, und möglicherweise wird der Lauf der Dinge es sogar eines Tages allen anderen Menschen auch erschwinglich machen, ganz ohne Pioniere, einfach, weil es möglich wird: In einer normalen Büroetage stehen heute ja auch Computer mit einem Vielfachen der Rechenleistung, über die Apollo 11 im Jahr 1969 verfügte. Bislang erinnert das Versprechen eines zivilen Raumflugs für alle aber eher an die Abo-Prämien, die das Satiremagazin Titanic früher angeboten hat: Wer zwölf Hefte lesen wollte, bekam einen Sportwagen dazu - bei einer Zuzahlung von hunderttausend Mark.
Dieser Weltraumsommer ist ein Sommer der vorläufigen Desillusionierung: Keine Ufos, aber Branson und Bezos im All. Die auf dem Weg nach oben auch wieder nur austragen, was sie hier unten schon angetrieben hat: Konkurrenzbewusstsein, Erfolgsdruck, Dominanzverhalten. Sich darüber aber zu wundern oder sogar zu beklagen bedeutet, den Mythos weiterzuverbreiten, dass sich im Weltall die Verhältnisse zivilisatorisch noch einmal neu sortieren, sich dort ein Raum selbstloser Interessen auftut und die Menschheit zu Unschuld und Lauterkeit zurückfindet. Also auch jemand wie der Amazon-Gründer Jeff Bezos.
Das ist aber alles Esoterik. Nur ist das Versprechen des Weltalls so ungeheuer verführerisch - auch der Freistaat Bayern hat ja seine eigene Luft- und Raumfahrtstrategie ("Bavaria One"), auch Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hat in dieser Woche ein "Weltraumkommando" aufgestellt. "Die Bundeswehr", heißt es in einer Erklärung dazu, reagiere damit "auf die immer stärker werdende Bedeutung des Weltraumes für die Funktionsfähigkeit unseres Staates, den Wohlstand unserer Bevölkerung und auf die zunehmende Abhängigkeit der Streitkräfte von weltraumgestützten Daten, Diensten und Produkten." Die Pläne dafür sind zwar älter, dieser launch aber, zeitlich umgesetzt zwischen den beiden Raumflügen von Branson und Bezos, kann da noch etwas mitnehmen von einem Hype, der gerade sowieso in der Luft liegt.
Im September vor hundert Jahren, das passt zu diesen jüngsten Ereignissen, ist einer der größten Schriftsteller des Weltraums geboren worden: Stanislaw Lem. Wer wissen will, wie viel Komik und Absurdität und traurige Ambition in den Träumen der Menschen vom Weltall stecken, muss nur eines der vielen Bücher des Polen lesen, der im Jahr 2006 verstarb. "Astronautik sei heute eine Form der Erdflucht. Wer die Sorgen der Erde satt habe, fliege in die Galaxis und gedenke so das Ärgste zu versäumen": So beginnt das komischste von ihnen, "Der futurologische Kongress" von 1971, die Erlebnisse des Kosmonauten Ijon Tichy, so etwas wie das alter ego Lems. Berühmter und weiser aber ist der Roman "Solaris", verfilmt von Andrei Tarkowski und von Steven Soderbergh: ein paar Männer in einer Raumstation auf einem Planeten, der aus einem Plasma-Ozean besteht, weit weg von zu Hause, bis die Forscher das, was sie dort zurückgelassen haben, wieder einholt.
Denn der Ozean von Solaris, dieses "Hirn-Meer", schickt den Bewohnern der internationalen Raumstation "Gäste": Er erweckt die Erinnerungen und Wünsche und Begehren der Forscher zum Leben, ein Kind, eine nackte schwarze Frau - Kris Kelvin, der Erzähler des Romans, erhält immer wieder Besuch von seiner Frau Harey, beziehungsweise von der Kopie seiner Frau, die irgendwann selbst merkt, dass sie nur eine Kopie ist und sich dann, wie das Original, das Leben nimmt.
Da können die Menschen noch so weit fliegen, so könnte man "Solaris" verstehen und auch Branson und Bezos: Ihre irdischen Konflikte und Obsessionen nehmen sie überall mit hin. Verluste, Trauer, Hoffnungen und selbst die Sucht nach Unterhaltung, die auch aus dem Konkurrenzkampf zwischen Bezos und Branson spricht. Es gibt dieses Gerücht, das ein ehemaliger Mitarbeiter der NASA in die Welt gesetzt hat: dass es deswegen kaum Fotos vom ersten Menschen auf dem Mond, Neil Armstrong, gebe, weil der zweite Mensch auf dem Mond, Buzz Aldrin, eifersüchtig auf ihn gewesen sei und ihn deswegen dort oben nicht fotografiert habe. Die NASA hat das dementiert: Es sei schlicht und einfach die Aufgabe Armstrongs gewesen, Fotos auf dem Mond zu machen, nicht die Aldrins. Tatsächlich finden sich in der Galerie auf der offiziellen NASA-Website, welche die Mission von Apollo 11 dokumentiert, vor allem Bilder, die Aldrin zeigen: Wie er die Treppe der Landefähre heruntersteigt. Wie er neben der amerikanischen Flagge posiert. Neil Armstrong aber zeigt diese Galerie nur zweimal auf dem Mond: einmal als Schatten am Rande eines Kraters. Und dann als Spiegelung im Visier von Aldrins Helm, vielleicht das berühmteste Motiv der ganzen Mission. Beide Fotos hat Armstrong selbst gemacht.
So sehr der Aufbruch ins Weltall immer auch begleitet war von Beglückungs-und Versöhnungsfantasien, die man jetzt von Bezos und Branson wieder hören konnte: Es war immer eine Geschichte profaner irdischer Konkurrenz. Ohne den "Sputnik-Schock" des ersten sowjetischen Satelliten im All 1957 wären Armstrong und Aldrin sicher nicht so schnell auf dem Mond gewesen. Wenn jetzt gefragt wird, wo genau der Weltraum anfängt, weil sich Branson und Bezos darüber nicht einig werden und der eine dem anderen abspricht, ihn wirklich besucht zu haben, dann ist die sicherste Antwort: auf der Erde. Im Kopf all jener, die hochschauen und dort oben Neuanfänge, Antworten, Selbstbestätigung oder sogar Erlösung suchen. TOBIAS RÜTHER.
Zum hundertsten Geburtstag von Stanislaw Lem bringt der Ullstein-Verlag "Solaris" im September in einer Sonderausgabe heraus (288 Seiten, 12 Euro). Suhrkamp feiert ihn mit einem "Best of Lem" (527 Seiten, 12 Euro) und drei Neuauflagen: "Sterntagebücher" (523 Seiten, 10 Euro), "Der Unbesiegbare" (227 Seiten, 10 Euro) und "Der futurologische Kongress (138 Seiten, 8 Euro).
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ufo-Berichte des Pentagons. Reiche Männer fliegen ins All. Die Bundeswehr stellt ein "Weltraumkommando" auf. Ist das eine neue Epoche der Raumfahrt? Der Science-Fiction-Schriftsteller Stanislaw Lem könnte helfen, darauf eine Antwort zu finden.
Es ist Weltraumsommer: Erst brachte das Pentagon im Juni einen offiziellen, wenn auch vorläufigen Bericht über Sichtungen unidentifizierter Phänomene heraus. Zu denen letztlich auch Ufos zählen könnten. Allerdings sind die Daten nicht aussagekräftig genug. Die Messkapazitäten fehlen für mehr. Noch.
Jetzt gibt es aber diesen ersten Bericht, immerhin, und darin eine Kategorie, in der "andere" Phänomene gelistet werden. Ufos also, zum Beispiel, vielleicht. Die Masse an Texten aber, die rund um diesen Bericht veröffentlicht wurde, von Schriftstellern, in Zeitungen, Magazinen auf der ganzen Welt, sprach vor allem für den Wunsch, dass sich das Pentagon tatsächlich durchgerungen haben könnte, es endlich zuzugeben. Dass da was war. Oder sogar ist. Oder wenigstens sein könnte. Erklärt hat das Pentagon aber eigentlich nur, sinngemäß, dass es noch nicht wissen kann, ob es etwas weiß. Darüber enttäuscht zu sein war jedenfalls nicht das Problem des Pentagons.
Vorigen Sonntag dann - nächste Station dieses Weltraumsommers - flog der Milliardär Richard Branson mit seinem Raumgleiter VSS Unity kurz ins All. Am Dienstag will ihm jetzt der amerikanische Milliardär Jeff Bezos nachfolgen, an Bord der Rakete "New Shepard", am Jahrestag der ersten Mondlandung vom 20. Juli 1969. Dass es sich bei diesen beiden Starts so dicht hintereinander auch um einen Wettlauf zwischen zwei sehr reichen Männern handeln könnte: Das spielten diese beiden sehr reichen Männer bislang zwar herunter. Auch indem sie ständig den Nutzen ihrer Flüge für die ganze Menschheit betonen. Bezos ließ über Twitter aber trotzdem mitteilen, dass seine Rakete viel größere Fenster besäße als Bransons Raumgleiter. Und dass er mit dieser Rakete auch tatsächlich in den Weltraum fliegen würde, jenseits der sogenannten Kármán-Linie in hundert Kilometer Höhe - und nicht, wie Branson, nur achtzig Kilometer hoch. Was die NASA allerdings schon als Weltraum gelten lässt.
Die beiden Männer jedenfalls reden am liebsten von ihren Kindheitsträumen und beschwören den inspirierenden Effekt ihrer Raumflüge für den Rest der Welt - während sich diese restliche Welt doch mehr damit beschäftigt, dass man offenbar Milliardär sein muss, um sich so eine Konkurrenz leisten zu können. Von einem Flugticket ins All ganz zu schweigen. Schon bald, im September, will der nächste Zivilist mit Geld ins All aufbrechen, der Milliardär Jared Isaacman, der einen Raketenflug von Space X gechartert hat (natürlich auch für einen guten Zweck). Elon Musk wiederum, dem das Unternehmen Space X gehört, hat ein Raumflugticket bei Bransons Virgin Galactic gebucht. Es soll eine Viertelmillion Dollar kosten.
Warum löst der Anblick von Branson alias "Astronaut 001" und seiner Konkurrenten dann nur so eine matte Reaktion aus, irgendwo zwischen Frust und Langeweile, gemischt mit dem leicht unangenehmen Gefühl, beim Ausleben einer Obsession zuzuschauen? Menschen mit Geld, Sendungsbewusstsein und Spezialinteressen sind ja immer schon wichtig gewesen für Innovation und Fortschritt. Aber je lauter sich Branson selbst zum Vorbild erklärte, desto stärker sank auch das Fieber, das sein Start ins All vorigen Sonntag dann doch kurz ausgelöst hatte. "An die nächste Generation von Träumern!", hatte Branson live von VSS Unity gerufen, bevor er die Gurte löste, um schwerelos durch seinen Gleiter zu gleiten: "Wenn wir das schaffen - stellt euch nur vor, was ihr dann schaffen werdet!"
Vielleicht war das gar nicht zynisch gemeint, vielleicht hält Branson sich tatsächlich selbst für einen Pionier der zivilen Raumfahrt und nicht für einen Mann, der sich so was halt kaufen kann, und möglicherweise wird der Lauf der Dinge es sogar eines Tages allen anderen Menschen auch erschwinglich machen, ganz ohne Pioniere, einfach, weil es möglich wird: In einer normalen Büroetage stehen heute ja auch Computer mit einem Vielfachen der Rechenleistung, über die Apollo 11 im Jahr 1969 verfügte. Bislang erinnert das Versprechen eines zivilen Raumflugs für alle aber eher an die Abo-Prämien, die das Satiremagazin Titanic früher angeboten hat: Wer zwölf Hefte lesen wollte, bekam einen Sportwagen dazu - bei einer Zuzahlung von hunderttausend Mark.
Dieser Weltraumsommer ist ein Sommer der vorläufigen Desillusionierung: Keine Ufos, aber Branson und Bezos im All. Die auf dem Weg nach oben auch wieder nur austragen, was sie hier unten schon angetrieben hat: Konkurrenzbewusstsein, Erfolgsdruck, Dominanzverhalten. Sich darüber aber zu wundern oder sogar zu beklagen bedeutet, den Mythos weiterzuverbreiten, dass sich im Weltall die Verhältnisse zivilisatorisch noch einmal neu sortieren, sich dort ein Raum selbstloser Interessen auftut und die Menschheit zu Unschuld und Lauterkeit zurückfindet. Also auch jemand wie der Amazon-Gründer Jeff Bezos.
Das ist aber alles Esoterik. Nur ist das Versprechen des Weltalls so ungeheuer verführerisch - auch der Freistaat Bayern hat ja seine eigene Luft- und Raumfahrtstrategie ("Bavaria One"), auch Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hat in dieser Woche ein "Weltraumkommando" aufgestellt. "Die Bundeswehr", heißt es in einer Erklärung dazu, reagiere damit "auf die immer stärker werdende Bedeutung des Weltraumes für die Funktionsfähigkeit unseres Staates, den Wohlstand unserer Bevölkerung und auf die zunehmende Abhängigkeit der Streitkräfte von weltraumgestützten Daten, Diensten und Produkten." Die Pläne dafür sind zwar älter, dieser launch aber, zeitlich umgesetzt zwischen den beiden Raumflügen von Branson und Bezos, kann da noch etwas mitnehmen von einem Hype, der gerade sowieso in der Luft liegt.
Im September vor hundert Jahren, das passt zu diesen jüngsten Ereignissen, ist einer der größten Schriftsteller des Weltraums geboren worden: Stanislaw Lem. Wer wissen will, wie viel Komik und Absurdität und traurige Ambition in den Träumen der Menschen vom Weltall stecken, muss nur eines der vielen Bücher des Polen lesen, der im Jahr 2006 verstarb. "Astronautik sei heute eine Form der Erdflucht. Wer die Sorgen der Erde satt habe, fliege in die Galaxis und gedenke so das Ärgste zu versäumen": So beginnt das komischste von ihnen, "Der futurologische Kongress" von 1971, die Erlebnisse des Kosmonauten Ijon Tichy, so etwas wie das alter ego Lems. Berühmter und weiser aber ist der Roman "Solaris", verfilmt von Andrei Tarkowski und von Steven Soderbergh: ein paar Männer in einer Raumstation auf einem Planeten, der aus einem Plasma-Ozean besteht, weit weg von zu Hause, bis die Forscher das, was sie dort zurückgelassen haben, wieder einholt.
Denn der Ozean von Solaris, dieses "Hirn-Meer", schickt den Bewohnern der internationalen Raumstation "Gäste": Er erweckt die Erinnerungen und Wünsche und Begehren der Forscher zum Leben, ein Kind, eine nackte schwarze Frau - Kris Kelvin, der Erzähler des Romans, erhält immer wieder Besuch von seiner Frau Harey, beziehungsweise von der Kopie seiner Frau, die irgendwann selbst merkt, dass sie nur eine Kopie ist und sich dann, wie das Original, das Leben nimmt.
Da können die Menschen noch so weit fliegen, so könnte man "Solaris" verstehen und auch Branson und Bezos: Ihre irdischen Konflikte und Obsessionen nehmen sie überall mit hin. Verluste, Trauer, Hoffnungen und selbst die Sucht nach Unterhaltung, die auch aus dem Konkurrenzkampf zwischen Bezos und Branson spricht. Es gibt dieses Gerücht, das ein ehemaliger Mitarbeiter der NASA in die Welt gesetzt hat: dass es deswegen kaum Fotos vom ersten Menschen auf dem Mond, Neil Armstrong, gebe, weil der zweite Mensch auf dem Mond, Buzz Aldrin, eifersüchtig auf ihn gewesen sei und ihn deswegen dort oben nicht fotografiert habe. Die NASA hat das dementiert: Es sei schlicht und einfach die Aufgabe Armstrongs gewesen, Fotos auf dem Mond zu machen, nicht die Aldrins. Tatsächlich finden sich in der Galerie auf der offiziellen NASA-Website, welche die Mission von Apollo 11 dokumentiert, vor allem Bilder, die Aldrin zeigen: Wie er die Treppe der Landefähre heruntersteigt. Wie er neben der amerikanischen Flagge posiert. Neil Armstrong aber zeigt diese Galerie nur zweimal auf dem Mond: einmal als Schatten am Rande eines Kraters. Und dann als Spiegelung im Visier von Aldrins Helm, vielleicht das berühmteste Motiv der ganzen Mission. Beide Fotos hat Armstrong selbst gemacht.
So sehr der Aufbruch ins Weltall immer auch begleitet war von Beglückungs-und Versöhnungsfantasien, die man jetzt von Bezos und Branson wieder hören konnte: Es war immer eine Geschichte profaner irdischer Konkurrenz. Ohne den "Sputnik-Schock" des ersten sowjetischen Satelliten im All 1957 wären Armstrong und Aldrin sicher nicht so schnell auf dem Mond gewesen. Wenn jetzt gefragt wird, wo genau der Weltraum anfängt, weil sich Branson und Bezos darüber nicht einig werden und der eine dem anderen abspricht, ihn wirklich besucht zu haben, dann ist die sicherste Antwort: auf der Erde. Im Kopf all jener, die hochschauen und dort oben Neuanfänge, Antworten, Selbstbestätigung oder sogar Erlösung suchen. TOBIAS RÜTHER.
Zum hundertsten Geburtstag von Stanislaw Lem bringt der Ullstein-Verlag "Solaris" im September in einer Sonderausgabe heraus (288 Seiten, 12 Euro). Suhrkamp feiert ihn mit einem "Best of Lem" (527 Seiten, 12 Euro) und drei Neuauflagen: "Sterntagebücher" (523 Seiten, 10 Euro), "Der Unbesiegbare" (227 Seiten, 10 Euro) und "Der futurologische Kongress (138 Seiten, 8 Euro).
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