Es ist Sommer, die Hitze brütet über Marbella und Lyra genießt die Ferien. Doch dann geschieht etwas Schreckliches. Ein junges Mädchen wird tot aufgefunden. Plötzlich scheinen die verwinkelten Altstadtgässchen zur tödlichen Falle zu werden. Und Lyra hat das Gefühl, dass ihre Mutter ihr etwas verschweigt. Als Lyra auf ein düsteres Geheimnis stößt, weiß sie nicht, wem sie noch trauen kann.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.07.2009Sommerfrust
Pubertätssorgen in Spanien
Sommer in Marbella: Die fünfzehnjährige Lyra kommt nicht als Touristin nach Spanien, sie lebt schon seit fast zehn Jahren mit ihrer Mutter hier. Trotzdem erwartet sie von den großen Ferien in erster Linie entspanntes Strandleben. Und als praktischerweise der pedantische Nachhilfelehrer erkrankt, scheint dem nichts mehr im Wege zu stehen.
Selbstverständlich muss es im Krimi ganz anders kommen: Zunächst verschwindet Lyras Mitschülerin Pia spurlos, weswegen der ominöse Scherenschleifer von Lyra und ihren Freunden verdächtigt und observiert wird. Lyras Mutter verhält sich immer seltsamer, und vollends ratlos ist Lyra, als der gutaussehende Leander aus Deutschland auftaucht, der besser über ihre Familiengeschichte Bescheid zu wissen scheint als sie selbst.
Manuela Martini breitet in ihrem ersten Jugendbuch eine Krimihandlung ohne übermäßige Brutalität aus, die mit durchaus überraschenden Wendungen aufwartet. Leider stehen diesem Aufbau Schwächen an anderer Stelle gegenüber. Was Lyra alles an "Schauern durchrieselt", wenn sie sich mit dem spanienüblichen Doppelküsschen von Leander verabschiedet, wird noch ergänzt von "kalten Schauern" und "eisiger Kälte", die sie an fünf weiteren Stellen vor lauter Grauen erleben muss, und das trotz der andalusischen Hitze! So viel Legitimation hätte der Buchtitel nicht gebraucht.
Man nimmt diese sprachlichen Patzer erst belustigt und zunehmend ärgerlicher zur Kenntnis, denn Lyras Geschichte ist gar nicht so uninteressant. Dass das Mädchen, das ohnehin die Anforderungen der Pubertät zu schultern hat, in seinen Reaktionen schwankt zwischen überaus gescheit und grenzenlos naiv, möchte man der Autorin ohne weiteres zugestehen.
Aber von Lyra abgesehen, ist der Roman bevölkert von Leuten, die durch die Bank ziemlich stereotyp wirken, von der fitness- und sushisüchtigen Immobilienmakler-Mutter bis zum goldohrringbewehrten Medium, von dem sich Lyra Klarheit über ihre vor zehn Jahren unter mysteriösen Umständen verunglückte (oder doch nur verschwundene?) Schwester Viola erhofft. Auch in der Freundesgruppe um Lyra erleben wir eine oft vorhersehbare Kommunikation. Die Beziehungen zwischen den Jugendlichen bleiben überwiegend Behauptungen, und das macht es auch dem Leser schwer, sie ernst zu nehmen.
Als Lyra dann zum dritten Mal fast wortgleich darüber staunt, wie leicht ihr das Lügen mittlerweile von der Hand geht, ist sie in ihrem Staunen allein: Wir wissen es langsam.
ANNETTE JAHR
Manuela Martini: "Sommerfrost". Arena Verlag, Würzburg 2009. 208 S., br., 8,95 [Euro]. Ab 12 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Pubertätssorgen in Spanien
Sommer in Marbella: Die fünfzehnjährige Lyra kommt nicht als Touristin nach Spanien, sie lebt schon seit fast zehn Jahren mit ihrer Mutter hier. Trotzdem erwartet sie von den großen Ferien in erster Linie entspanntes Strandleben. Und als praktischerweise der pedantische Nachhilfelehrer erkrankt, scheint dem nichts mehr im Wege zu stehen.
Selbstverständlich muss es im Krimi ganz anders kommen: Zunächst verschwindet Lyras Mitschülerin Pia spurlos, weswegen der ominöse Scherenschleifer von Lyra und ihren Freunden verdächtigt und observiert wird. Lyras Mutter verhält sich immer seltsamer, und vollends ratlos ist Lyra, als der gutaussehende Leander aus Deutschland auftaucht, der besser über ihre Familiengeschichte Bescheid zu wissen scheint als sie selbst.
Manuela Martini breitet in ihrem ersten Jugendbuch eine Krimihandlung ohne übermäßige Brutalität aus, die mit durchaus überraschenden Wendungen aufwartet. Leider stehen diesem Aufbau Schwächen an anderer Stelle gegenüber. Was Lyra alles an "Schauern durchrieselt", wenn sie sich mit dem spanienüblichen Doppelküsschen von Leander verabschiedet, wird noch ergänzt von "kalten Schauern" und "eisiger Kälte", die sie an fünf weiteren Stellen vor lauter Grauen erleben muss, und das trotz der andalusischen Hitze! So viel Legitimation hätte der Buchtitel nicht gebraucht.
Man nimmt diese sprachlichen Patzer erst belustigt und zunehmend ärgerlicher zur Kenntnis, denn Lyras Geschichte ist gar nicht so uninteressant. Dass das Mädchen, das ohnehin die Anforderungen der Pubertät zu schultern hat, in seinen Reaktionen schwankt zwischen überaus gescheit und grenzenlos naiv, möchte man der Autorin ohne weiteres zugestehen.
Aber von Lyra abgesehen, ist der Roman bevölkert von Leuten, die durch die Bank ziemlich stereotyp wirken, von der fitness- und sushisüchtigen Immobilienmakler-Mutter bis zum goldohrringbewehrten Medium, von dem sich Lyra Klarheit über ihre vor zehn Jahren unter mysteriösen Umständen verunglückte (oder doch nur verschwundene?) Schwester Viola erhofft. Auch in der Freundesgruppe um Lyra erleben wir eine oft vorhersehbare Kommunikation. Die Beziehungen zwischen den Jugendlichen bleiben überwiegend Behauptungen, und das macht es auch dem Leser schwer, sie ernst zu nehmen.
Als Lyra dann zum dritten Mal fast wortgleich darüber staunt, wie leicht ihr das Lügen mittlerweile von der Hand geht, ist sie in ihrem Staunen allein: Wir wissen es langsam.
ANNETTE JAHR
Manuela Martini: "Sommerfrost". Arena Verlag, Würzburg 2009. 208 S., br., 8,95 [Euro]. Ab 12 J.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Lyra ist fünfzehn und lebt in Marbella. Jetzt hat sie Ferien und will nur an den Strand. In ihrem Debüt-Jugendbuch jedoch setzt die Autorin Manuela Martini an dieser Stelle einen Krimi-Plot in Gang. Also muss Lyra ihrer verschwundenen Klassenkameradin hinterherforschen und erlebt dabei die eine oder andere Überraschung. Mit der Geschichte - auch dem Verzicht auf "übermäßige Brutalität" - ist die Rezensentin Annette Jahr durchaus einverstanden. Von Seite zu Seite mehr genervt haben sie jedoch die Sprach-und Charakter-Klischees der Autorin. Und weil sie manches doppelt- und dreifach erklärt bekommt, verliert Jahr auf Dauer doch die Geduld.
© Perlentaucher Medien GmbH
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