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Ein packender Roman über ganz normale Menschen, die Geschichte machen.
Im Frühsommer 1953 lebt niemand einfach nur sein Leben - in der jungen DDR ist jeder auch für die große Aufgabe da: den Aufbau des Sozialismus. Doch selbst stramme Genossen können ihren Blick nicht vor der Wirklichkeit verschließen: Die Bevölkerung will nicht allein mit Parolen gut versorgt sein. Am 17. Juni gehen die Menschen auch in Bitterfeld und Halle auf die Straße. Viele begehren auf, anderen werden vom Sog der Ereignisse mitgerissen - und für manche wird der Tag zum Verhängnis.
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Produktbeschreibung
Ein packender Roman über ganz normale Menschen, die Geschichte machen.

Im Frühsommer 1953 lebt niemand einfach nur sein Leben - in der jungen DDR ist jeder auch für die große Aufgabe da: den Aufbau des Sozialismus. Doch selbst stramme Genossen können ihren Blick nicht vor der Wirklichkeit verschließen: Die Bevölkerung will nicht allein mit Parolen gut versorgt sein. Am 17. Juni gehen die Menschen auch in Bitterfeld und Halle auf die Straße. Viele begehren auf, anderen werden vom Sog der Ereignisse mitgerissen - und für manche wird der Tag zum Verhängnis.

In seinem neuen Roman schildert Erich Loest die Schicksale zahlreicher Menschen während des Volksaufstands vom 17. Juni: Da ist der junge Metallarbeiter Hartmut Brücken, der ins Zentrum des Geschehens gerät und bald als vermeintlicher Rädelsführer fliehen muss. KP-Hartholz Bruno Pfefferkorn auf dem schmalen Grat von Linientreue und Lebenserfahrung. Alfred Mannschatz, der von Bebels Geist nur noch träumen kann. Und dessen Tochter Clara, die unversehens verhaftet und im Spiel der Kontrahenten zum Bauernopfer wird.

Kunstvoll dreht Loest am Kaleidoskop der Geschichte, in dem sich die einzelnen Handlungsstränge immer neu zueinanderführen. Sein Roman ist bevölkert von Mutigen und Mitläufern, Nachdenklichen und Nachbetern. So fängt Loest auf spannende und anschauliche Weise die Atmosphäre einer aufreibenden Zeit ein. Denn wo selbst der härteste Hund über einen Fehler ins Bodenlose stürzt - wie soll man da leben mit seinen kleinen Hoffnungen, Widersprüchen und Sehnsüchten?

Autorenporträt
Erich Loest, 1926 in Mittweida (Sachsen) geboren, war 1944/45 Soldat, danach Hilfsarbeiter, später bei der "Leipziger Volkszeitung". Seit 1950 freischaffender Schriftsteller, 1957 aus politischen Gründen verhaftet und zu einer siebenjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. 1981 verließ er die DDR und gründete im Dezember 1989 den Linden-Verlag, Leipzig. Er lebte in Leipzig. 2009 wurde Erich Loest mit dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet und 2010 mit dem Kulturgroschen für sein herausragendes kulturpolitisches und schriftstellerisches Engagement. Der Autor verstarb im September 2013.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2005

Tage der Deutschen Einheit
Tua res agitur: Erich Loests neuer Roman über den 17. Juni

Den letzten deutschen Kaiser hat er nicht gekannt, den Ersten Weltkrieg nicht miterlebt, auch nicht die Elendsjahre der großen Inflation und die allzu zögernde Erholung danach. Aber alles, was dann während des zwanzigsten Jahrhunderts in Deutschland geschah, wurde zur Kulisse seines Daseins und zum Thema seiner Bücher: Erich Loest, geboren 1926, gehört zu den Schriftstellern, die über ihr Leben nicht berichten können, ohne zugleich die Geschichte ihres Landes darzustellen. Das hat er mehr als ein halbes Jahrhundert lang in vielen Romanen und Erzählungen getan. Er porträtierte die Hitler-Zeit, in der er ein Knabe, ein Jüngling gewesen ist und an deren Ende er noch in den Krieg ziehen mußte. Er schaute hinter die Kulissen des Ulbricht-Staates, dessen Bürger er war, an dessen Verheißungen er glauben wollte und doch nicht recht konnte, was er in sieben Jahren Zuchthaus bitter büßen mußte. Rund ein Jahrzehnt lang lebte er dann im Westen, bis er nach der Wende, 1990, in die Stadt seines Herzens zurückkehrte, nach Leipzig.

Man könnte Loest einen Historiker der Deutschen nennen, klänge das nicht so wissenschaftlich streng, fast ein bißchen langweilig. Langeweile aber ist das Letzte, was man diesem Erzähler nachsagen darf. Was immer Loest uns über sein und unser aller Leben vorträgt, er tut es auf höchst lebendige und immer interessante Art. Er entwickelt nicht aus den historischen Vorgaben die Art und Weise menschlichen Handelns, sondern macht es genau umgekehrt: Immer bietet er uns eine Fülle Menschentum mit all den dazugehörigen Sehnsüchten, Irrtümern, Tapferkeiten, Gemeinheiten, er bettet die alltäglichen Realitäten in die Besonderheiten der jeweiligen geschichtlichen Bedingungen. So weckt er in seinen Lesern erstens Verständnis für das, was da vor sich geht, und stellt sie zweitens vor die Frage: Wie hätte ich in der gegebenen Situation reagiert?

Jetzt, wenige Monate vor seinem achtzigsten Geburtstag, legt uns Erich Loest ein weiteres Zeugnis seiner besonderen Erzählkunst vor: "Sommergewitter" heißt der Roman, der uns mehr als fünfzig Jahre zurück in die deutsche Vergangenheit führt, nämlich in die Zeit des 17. Juni 1953, die Tage des Arbeiteraufstands in der DDR. Inzwischen sind, nicht nur im deutschen Westen, Generationen herangewachsen, die davon kaum noch Kenntnis haben, in der Schule darüber wenig bis nichts zu hören bekamen und auch nicht durch den "Tag der Deutschen Einheit" auf das Thema gebracht werden, weil dieser Feiertag seit fünfzehn Jahren vom 17. Juni auf den 3. Oktober verlegt ist. Jetzt aber kann sich jeder, der lesen mag, aufs genaueste und zugleich unterhaltsamste bei Erich Loest schlau machen.

Der Autor bietet uns eine reichhaltige Personnage, vom ausgebeuteten Proletarier bis zum Staatssicherheitsfunktionär, von Frauen in der Zwickmühle aus Arbeit hier und Familie dort bis zu intellektuellen Mitläufern der SED, von Opfern der faschistischen Vergangenheit bis zu Opfern der kommunistischen Folgezeit. So politisch die Voraussetzungen für die verschiedenen Lebensläufe sind, das Leben selbst hat bei Loest immer seinen Alltag, es verläuft stets auf eine Weise, daß wir uns hineinfühlen und erfassen können, was die Personen tun und warum sie es tun.

Da ist zum Beispiel der Stasi-Oberstleutnant Pfefferkorn, der in Buchenwald gelitten hat und nie begreift, daß er jetzt anderen zufügt, was einst ihm zugefügt wurde. Oder sein KZ-Kumpel Mannschatz, dessen Schwiegersohn Hartmut Brücken, Metallarbeiter und Führer im Aufstand, nach Westen fliehen muß und der Angst hat um seine Tochter Clara, als die anstelle ihres Mannes verhaftet wird. Der Parteischullehrer Anetzperg, Sohn eines Professors, möchte dem Vater durch seine politische Karriere imponieren. Kollegin Thekla Pfefferkorn flüchtet vor der Langeweile neben ihrem Stasi-Ehemann in Anetzpergs Arme.

Auch die Realfigur Erna Dorn erscheint, im Zuge einer Gefangenenbefreiung von Aufständischen aus der Haft geholt, erneut verhaftet, als einstige KZ-Kommandeuse verschrien, zu einer Hauptschuldigen der DDR-Revolte ernannt, im Oktober 1953 geköpft. Das Schreckensurteil wurde 1994 vom Landgericht Halle aufgehoben. Was die Dorn in Loests Buch daherschwafelt, macht sie uns nicht eben sympathisch, aber läßt deutlich werden, daß sie nicht war, wessen das DDR-Regime sie beschuldigte; die Propaganda hatte einfach eine solche Polit-Hexe gebraucht. Dann gibt es noch ein paar Gestalten, die im Auftrag westlicher Institutionen die Vorgänge im Osten beobachten und das Aufgeschnappte an ihre Bosse melden. Als das, wozu das Regime sie sofort ernannte, nämlich als hetzerische Schraubendreher der Vorgänge, erscheinen sie im Buch nicht. Da wären sie auch überflüssig gewesen, den Anstoß zum Aufstand gaben, wie Loest ausführlich darstellt, allein Ulbrichts harte politische Maßnahmen gegenüber dem arbeitenden Volk.

Auch für Menschen, die als bereits Erwachsene das alles erlebt oder doch miterlebt haben, scheint es heute entsetzlich, daß sich derlei auf deutschem Boden abgespielt hat. Das Eintauchen in die politischen Vorgänge hinterläßt ein Gefühl der Erleichterung, daß dies weit hinter uns liegt. Aber wir würden diese Erleichterung nicht so deutlich spüren, wäre es dem Autor nicht gelungen, uns tief in das Geschehen von damals hineinzuziehen, uns dazu zu bringen, es als quasi Beteiligte mitzuerleben. Dergleichen hat Erich Loest immer gekonnt. Stets hat er vermocht, die Handlungsträger seiner Romane so zu gestalten, daß wir, wenn wir ehrlich sind, uns in ihnen wiedererkennen, sie als das begreifen, was auch uns in unserem Kern ausmacht.

SABINE BRANDT

Erich Loest: "Sommergewitter". Roman. Steidl Verlag, Göttingen 2005. 341 S., geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ebenso genau wie unterhaltsam hat Erich Loest nach Ansicht von Rezensentin Sabine Brandt in seinem neuen Roman die Ereignisse rund um den 17. Juni 1953 geschildert. Besonders das Personal des Romans hat die Rezensentin tief in das Geschehen von damals hineingezogen. Sie hatte lesend das Gefühl, die Ereignisse als "Quasibeteiligte" mitzuerleben, wie sie bekennt. Brandt schreibt diese Qualität der einfühlsamen Methode zu, mit welcher Loest seine Figuren inszeniert. Denn so politisch die Voraussetzungen der verschiedenen Lebensläufe auch seien, lesen wir, das Leben selbst habe in Loests Beschreibungen immer einen Alltag, der uns verstehen lasse, was und warum die Protagonisten gerade tun.

© Perlentaucher Medien GmbH