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Itsik Malpesh was born the son of a goose-plucking factory manager during the Russian pogroms - his life saved on the night it began by the young daughter of a kosher slaughterer. Or so he believes...
Exiled during the war, Itsik eventually finds himself in New York, working as a typesetter and writing poetry to his muse, the butcher's daughter, whom he is sure he will never see again. But it is here in New York that Itsik is unexpectedly reunited with his greatest love - and, later, his greatest enemy - with results both serendipitous and tragic. His story is recounted in his memoirs…mehr

Produktbeschreibung
Itsik Malpesh was born the son of a goose-plucking factory manager during the Russian pogroms - his life saved on the night it began by the young daughter of a kosher slaughterer. Or so he believes...

Exiled during the war, Itsik eventually finds himself in New York, working as a typesetter and writing poetry to his muse, the butcher's daughter, whom he is sure he will never see again. But it is here in New York that Itsik is unexpectedly reunited with his greatest love - and, later, his greatest enemy - with results both serendipitous and tragic. His story is recounted in his memoirs thanks to the most unlikely of translators - a twenty-one-year-old Boston Catholic college student who, in meeting Itsik, has embarked upon a great lie that will define his future and the most extraordinary friendship he'll ever know.
Autorenporträt
Peter Manseau has been a carpenter, journalist and typesetter in his time, and is the author of two works of non-fiction, including the memoir Vows: The Story of a Priest, a Nun and their Son. He is thirty-four and lives with his wife and two children in Washington. Songs for the Butcher's Daughter is his first novel.Visit Peter Manseau's website at: www.petermanseau.com
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.05.2010

Ein Zimmer nur für Bücher

Peter Manseau hat in seiner kühn konstruierten "Bibliothek der unerfüllten Träume" eine Romanfigur erschaffen, die so echt wirkt, als sei sie direkt dem Schtetl entsprungen.

Wie ich überlebt habe? Ich trieb auf einem Floß aus Wörtern." Im Leben des Itsik Malpesch, den es unter ebenso tragischen wie abenteuerlichen Umständen vom russischen Kischinjow nach Baltimore spült, spielen Buchstaben und Sprachen eine außergewöhnliche Rolle. Sie beruhigen - wie das Jiddisch der Mutter in der Küche, wie das Hebräisch der Heiligen Schriftrolle; sie öffnen Fenster zur Welt, wie das Russisch Dostojewskis, den der Zehnjährige heimlich liest, lange bevor er in einem Schrankkoffer die Reise über den "wortlosen Ozean" nach Amerika antritt.

Im New York dieser späten Zwanziger, "das Babel vor dem Turmbau", gehen ihm schließlich die Ohren über. Und es braucht noch Jahre und eine Liebe, bis Itsik Malpesch, der Dichter, seine jiddischen Verse einem der ersten Übersetzer der Stadt anvertraut: Er soll sie ins Englische übertragen, in ebenjene Sprache, die Itsik Malpesch sich lange weigert zu lernen. "Sie klauen dir deine jüdische Seele", hatte ein Freund gewarnt. Aber die Zeiten ändern sich, und mit ihnen verändert sich allmählich auch dieser verzaubernd naive, tollkühne Erzähler. Inzwischen ist er über neunzig und gewillt, die "Bibliothek der unerfüllten Träume" zu retten: Bücher von Juden aus der Alten Heimat wie er, die einst hier an Land gingen mit dem Traum von einem Haus mit einem eigenen Zimmer nur für Bücher.

Itsik Malpesch mag eine fiktive Figur sein; aber er wirkt so echt, als wäre er direkt dem Schtetl der Erzählungen Scholem Alejchems entsprungen, durch Meere getrieben, dem Tod immer gerade von der Schippe gesprungen; und als halte jemand die Hand über ihn. Er sagt, er sei getragen vom Glauben an die Macht der Worte. So erzählt er: klar, unverblümt, manchmal selbst verwundert über die Lebenswunder. Und wenn ein Abgrund zu tief, zu schmerzlich ist, reimt er rasch eine Ode darauf und fälscht alles ein wenig ab. Dichter wie er wissen, dass auch die Erzählung ihres eigenen Lebens eine Inszenierung ist. Je romanhafter, desto wirkungsvoller.

Allein dieser starken Erzählerstimme wegen überzeugt diese Prosa. "Bibliothek der unerfüllten Träume" ist das erstaunliche Romandebüt von Peter Manseau. Gleich mehrfach wurde der in Amerika lebende Autor dafür ausgezeichnet. Drei Sachbücher zum Thema Religion hatte er bislang vorgelegt; außerdem in "Vows" seine eigene bizarre Verwurzelung reflektiert. Sein Roman, von Kathrin Razum souverän übersetzt, spiegelt in der Lebensgeschichte eines osteuropäischen Auswanderers die Wege des Judentums im zwanzigsten Jahrhundert. Aber er geht darüber hinaus. Manseau, Sohn eines katholischen Priesters und einer ehemaligen Nonne, erforscht als Religions- und Literaturwissenschaftler, wie Sprache die Menschen formt und verändert. Er sucht in seinem verschlungenen Roman nach Antworten - auf zwei Erzählebenen.

Einerseits liest man gebannt die Memoiren jenes Itsik Malpesch, "Barde" einer vergessenen Sprache. Da ist Chaim, der Mitschüler in der Talmudschule, der dem kleinen Itsik für eine Kopeke ausgerissene Dostojewski-Seiten verkauft - "die Sprache der Christen und Antisemiten"; nicht zufällig übrigens "Schuld und Sühne". Da ist die Gänsedaunenfabrik in Kischinjow, wo Itsik sich morgens unter dem Geschrei der Vögel die Kopeke erarbeitet, neben dem Vater. Und die schreckliche Nacht, in der die Mitarbeiter des Vaters durch die jüdischen Häuser ziehen. Er ist dreizehn, als die Mutter ihn mit Kleingeld und etwas zu essen auf den Weg schickt, um ihn zu schützen. Die Odyssee des Itsik Malpesch beginnt. "Khappers" sind im Land unterwegs auf der Suche nach jüdischen Jungen für die Front. Aber Itsik gelingt die Flucht nach Odessa, wo er in der Setzerwerkstatt einer jüdischen Zeitung arbeitet. Doch die Reihen lichten sich.

Malpesch bleibt stets auf Augenhöhe seines erlebenden, jüngeren Ichs. Was er nicht wissen kann, erzählt er durch andere. Die Kapitel seines Lebens überschreibt er mit den Buchstaben des hebräischen Alphabets. Immer wieder unterbricht die Niederschriften derjenige, der sie übersetzt hat: ein junger Archivar, der als Mitarbeiter einer gemeinnützigen jüdischen Organisation täglich Tonnen von Büchern sortiert, die als Schenkungen aus der ganzen Welt eintreffen. Das Jiddische fasziniert ihn. Und so wie Itsik als Kind russische Ladenschilder seines Viertels entzifferte, erschließt sich der junge, katholische Amerikaner über die Schutzumschläge eine verblühende Sprache - "um zu etwas Neuem zu werden".

Wie aber kann man "zu etwas Neuem" werden, ohne das Eigene zu verraten? Peter Manseau spielt das an mehreren Figuren durch - traditionell jüdisch erzogene Literaten aus Osteuropa, die in der Neuen Welt ankern; Knobloch, der durch Ausbeutung zu Geld kommt; Chaim, den Itsik in den Tiefen New Yorks als eine Art Herr der Diebe und Waisenjungs wiedertrifft; und: Herschl Schweig, der zum Christentum konvertierte und so frech ist, das Neue Testament ins Jiddische zu übersetzen. Alle drei sind auf ihre Art flexibel; Überlebenskünstler auf der Suche nach Boden unter den Füßen. Itsik Malpesch passt sich zwar auch an; aber er braucht immer etwas länger. Und er wird sich ausgerechnet am Schwächsten von jenen dreien rächen. Auch diese "Beichte" findet sich in den Aufzeichnungen des alten Mannes, die in Rechnungsbüchern stehen. Neben dem Drama der Geschichte erzählt sich in diesen Memoiren das Drama des Überlebenden - als Bilanz. Zugpferde dieser bis nach Israel sich verästelnden Geschichte sind die großen Fragen, sind Schuld, Scham, Schicksal. Peter Manseau bringt sie keineswegs leichtfertig zueinander in Beziehung.

Der Roman ist kühn konstruiert. Und obwohl Manseau souverän alle Fäden aufgehen lässt, bleibt er bewundernswert komplex. Das liegt auch an der Rolle, die er dem jungen Übersetzer einräumt: Er hinterfragt, betont, relativiert, nennt literarische Einflüsse. Und er hat seine eigenen, kleinen Geheimnisse. Sie werden sich mit den Lebenslinien des alten Mannes kreuzen, dem er bei der Rettung der Bibliothek auf abenteuerliche Weise zu helfen versucht.

Peter Manseau spannt sein Netz weit. Und es ist unverkennbar, dass nicht zuletzt religiöse Diskurse die Kulisse seines Romans bilden, aber stets unangestrengt. Identität, insbesondere religiöse Identität, gibt er zu verstehen, ist eine Variable, ein Sehnen, geprägt von den Sprachen, die wir sprechen. Den Schreibimpuls zum Roman gab seine eigene Arbeit als Archivar. Jahrelang befuhr der Autor selbst mit einem Lastwagen die Ostküste, um jiddische Bücher einzusammeln. Über diese Menschen wollte er schreiben: ältere Juden, die an das Ende ihrer Lebenszeit kamen und voller Angst waren, die Welt könnte die Sprache, in der sie lebten, vergessen. Sein Roman führt ins Herz dieser Menschen.

ANJA HIRSCH

Peter Manseau: "Bibliothek der unerfüllten Träume". Roman. Aus dem Amerikanischen von Kathrin Razum. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2009., 448 S., geb., 23,- [Euro].

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