"Ich wünschte, ich hätte mir mehr ausdenken müssen." Felix Lobrecht
"Könn' wa die Scheiße vielleicht ma leiser machen? Mann ey ...", motzt ein Typ vor uns im Bus.
Julius macht die Musik auf seinem Handy noch lauter und starrt den Typen an. Gino und ich fangen an zu lachen.
"Ihr sollt die Scheiße ausmachen, hab ick jesagt!", sagt der Typ und guckt böse.
Sanchez steht grinsend auf. "Sie haben nicht das Recht, mich 'Neger' zu nennen, Sir!", ruft er plötzlich.
Wir sind mitten in Neukölln, außer Julius und mir sitzen nur Ausländer im Bus. Alle drehen sich um und glotzen den Mann an.
"Ick habe nicht ...", stammelt er."Iiieh, richtiger Nazi!", ruft Gino.
"Der Einzige, der hier 'Neger' sagt, bin ick, Nigga!", brüllt Sanchez. Er nimmt einen großen Schluck organgefarbene Mische und verzieht das Gesicht. Julius macht dasselbe Lied nochmal an. Der Mann steigt an der nächsten Haltestelle kopfschüttelnd aus.
"Heil Hiter!", brüllt Julius und nimmt Sanchez die Flasche aus der Hand.
Ein heißer Sommer. Vier Jungs in den Hochhausschluchten der Großstadt. Eine folgenschwere Entscheidung.
"Eindrucksvolle Exposition und furioses Finale" Süddeutsche Zeitung, Jens Bisky
"Könn' wa die Scheiße vielleicht ma leiser machen? Mann ey ...", motzt ein Typ vor uns im Bus.
Julius macht die Musik auf seinem Handy noch lauter und starrt den Typen an. Gino und ich fangen an zu lachen.
"Ihr sollt die Scheiße ausmachen, hab ick jesagt!", sagt der Typ und guckt böse.
Sanchez steht grinsend auf. "Sie haben nicht das Recht, mich 'Neger' zu nennen, Sir!", ruft er plötzlich.
Wir sind mitten in Neukölln, außer Julius und mir sitzen nur Ausländer im Bus. Alle drehen sich um und glotzen den Mann an.
"Ick habe nicht ...", stammelt er."Iiieh, richtiger Nazi!", ruft Gino.
"Der Einzige, der hier 'Neger' sagt, bin ick, Nigga!", brüllt Sanchez. Er nimmt einen großen Schluck organgefarbene Mische und verzieht das Gesicht. Julius macht dasselbe Lied nochmal an. Der Mann steigt an der nächsten Haltestelle kopfschüttelnd aus.
"Heil Hiter!", brüllt Julius und nimmt Sanchez die Flasche aus der Hand.
Ein heißer Sommer. Vier Jungs in den Hochhausschluchten der Großstadt. Eine folgenschwere Entscheidung.
"Eindrucksvolle Exposition und furioses Finale" Süddeutsche Zeitung, Jens Bisky
Sonne und Beton, Felix Lobrecht
Der 28-jährige Berliner Felix Lobrecht wuchs in Berlin-Neukölln auf und ist Autor und Stand-Up-Comedian. Der junge, coole Typ, der durch und durch Berliner ist, tourt mit seinem Solo-Programm „kenn ick“ aktuell durch ganz Deutschland. Felix Lobrecht, der auch schon als Poetry-Slamer aufgetreten ist, hat um seine witzigen Texte eine aberwitzige Story gebaut. Daraus entstand ein Buch witzig und smart zugleich. Sonne und Beton ist ein Buch wie Berlin: jung, ziellos und gutaussehend.
Felix Lobrecht hat in seiner Jugend so einiges erlebt. In seiner Schulzeit in Neukölln waren betrunkene Lehrer und randalierende, gewalttätige Mitschüler an der Tagesordnung. Trotz hartem Berliner Beton hat Felix Lobrecht seinen Humor nie verloren. Er ist bekannt für seine trockenen, wortgewitzten und komischen Gags. Dicht an dicht, erzählt er einen Gag nach dem anderen in seiner rotzigen Berliner Art. Dabei muss Felix Lobrecht sich nicht einmal verstellen. Er erzählt ganz unverblümt aus seinem echten Berliner Leben.
Thomas Hermann bezeichnet Felix Lobrecht als einen „coolen Typ, surreal, lakonisch, abgründig – einfach „sehr Berlin“.“
Sonne und Beton ist ein echtes Stück Berlin-Neukölln wie es leibt und lebt!
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2017Was guckt ihr so hässlich?
Vier Jungs, ein Einbruch und Neukölln im Sommer: Felix Lobrechts "Sonne und Beton"
Lukas, Julius, Gino und Sanchez brauchen neue Klamotten - oder wie Sanchez, der Deutsch-Kubaner, sagen würde: "Neue Shirts, neue Kette, allet." Sanchez hat auch schon einen Plan, wie die Neuköllner Jungs an einen Taschengeldzuschuss gelangen können - sie brechen in ihre Schule ein, stehlen ein paar Computer und verkaufen sie dann auf dem Schwarzmarkt. Julius und Gino sind auf Anhieb begeistert, nur Lukas zögert. Aber dann erklärt ihm Sanchez, dass auch er zwangsläufig eine neue Garderobe braucht, wenn er bei den "Frauen" landen will, und Lukas gibt nach: "Ja, fick drauf. Ich brauch wirklich neue Schuhe."
Also tun sie es. Aber hauen danach nicht mit einem Kleintransporter ab, wie man sich das bei einem Einbruch von dieser Größe so vorstellen würde: Ein paar kapuzentragende Halbwüchsige manövrieren einen klappernden Einkaufswagen, vollgepackt mit Computern und Bildschirmen, durchs nächtliche Neukölln.
Bis dahin liest sich Felix Lobrechts Roman "Sonne und Beton" seicht dahin. Aber dann werden die vier Jungs plötzlich von fünf Älteren entdeckt, und man rutscht hinein in ihre Geschichte und abwärts mit ihnen: "Was guckt ihr so hässlich?", brüllt einer der Jungs, "'pisst euch ma jetz!", ein anderer. Wenige Sekunden später fallen Schüsse.
"Sonne und Beton" fährt Achterbahn zwischen Komik und Ernst, das ist reizvoll und unterhaltsam, eine Coming-of-Age-Geschichte, wie man das heute so nennt: Aber schaut man genauer hin, hat Lobrecht einen bitteren Entwicklungsroman geschrieben. Über kleine Fische, die versuchen, bei den großen Haien mitzuschwimmen, aus einem Berlin, in dem vor allem die Jüngeren tagtäglich mit Armut, Gewalt, Rassismus und Sexismus konfrontiert werden. Aus einer Stadt, in der es selbst im Sommer nicht idyllisch wird.
So wie seine Figuren auf ihrer Flucht den Unebenheiten im Asphalt ausweichen, so umgeht Lobrecht Erzählpassagen - drei Viertel des Romans hat er mit direkter Rede gefüllt. Lobrecht ist eigentlich Stand-up-Comedian, hier wird er zum Dramatiker, die Dramaturgie ist klassisch, aber sicher, das Kiezdeutsch seiner Neuköllner Jugendlichen ist witzig und wirkt authentisch. Irgendwo zwischen Wolfgang Herrndorfs "Tschick" und Sebastian Schippers "Victoria" ist Lobrechts Geschichte zu Hause. Lukas erinnert an Maik, den Erzähler aus Herrndorfs Roman, der für die Jugendliteratur mittlerweile so etwas wie die "Odyssee" geworden ist. Aber was man bei Lukas für Vernunft hält, ist eigentlich Angst. "Sonne und Beton" ist am Ende dunkler als "Tschick", aber viel unschuldiger als Schippers Film, in dem drei junge Berliner und eine Spanierin eine Bank ausrauben: Die Schüsse, die bei Lobrecht fallen, stammen aus Julius' Schreckschusspistole.
Jacqueline Thör
Felix Lobrecht: "Sonne und Beton". Ullstein, 224 Seiten, 18 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Vier Jungs, ein Einbruch und Neukölln im Sommer: Felix Lobrechts "Sonne und Beton"
Lukas, Julius, Gino und Sanchez brauchen neue Klamotten - oder wie Sanchez, der Deutsch-Kubaner, sagen würde: "Neue Shirts, neue Kette, allet." Sanchez hat auch schon einen Plan, wie die Neuköllner Jungs an einen Taschengeldzuschuss gelangen können - sie brechen in ihre Schule ein, stehlen ein paar Computer und verkaufen sie dann auf dem Schwarzmarkt. Julius und Gino sind auf Anhieb begeistert, nur Lukas zögert. Aber dann erklärt ihm Sanchez, dass auch er zwangsläufig eine neue Garderobe braucht, wenn er bei den "Frauen" landen will, und Lukas gibt nach: "Ja, fick drauf. Ich brauch wirklich neue Schuhe."
Also tun sie es. Aber hauen danach nicht mit einem Kleintransporter ab, wie man sich das bei einem Einbruch von dieser Größe so vorstellen würde: Ein paar kapuzentragende Halbwüchsige manövrieren einen klappernden Einkaufswagen, vollgepackt mit Computern und Bildschirmen, durchs nächtliche Neukölln.
Bis dahin liest sich Felix Lobrechts Roman "Sonne und Beton" seicht dahin. Aber dann werden die vier Jungs plötzlich von fünf Älteren entdeckt, und man rutscht hinein in ihre Geschichte und abwärts mit ihnen: "Was guckt ihr so hässlich?", brüllt einer der Jungs, "'pisst euch ma jetz!", ein anderer. Wenige Sekunden später fallen Schüsse.
"Sonne und Beton" fährt Achterbahn zwischen Komik und Ernst, das ist reizvoll und unterhaltsam, eine Coming-of-Age-Geschichte, wie man das heute so nennt: Aber schaut man genauer hin, hat Lobrecht einen bitteren Entwicklungsroman geschrieben. Über kleine Fische, die versuchen, bei den großen Haien mitzuschwimmen, aus einem Berlin, in dem vor allem die Jüngeren tagtäglich mit Armut, Gewalt, Rassismus und Sexismus konfrontiert werden. Aus einer Stadt, in der es selbst im Sommer nicht idyllisch wird.
So wie seine Figuren auf ihrer Flucht den Unebenheiten im Asphalt ausweichen, so umgeht Lobrecht Erzählpassagen - drei Viertel des Romans hat er mit direkter Rede gefüllt. Lobrecht ist eigentlich Stand-up-Comedian, hier wird er zum Dramatiker, die Dramaturgie ist klassisch, aber sicher, das Kiezdeutsch seiner Neuköllner Jugendlichen ist witzig und wirkt authentisch. Irgendwo zwischen Wolfgang Herrndorfs "Tschick" und Sebastian Schippers "Victoria" ist Lobrechts Geschichte zu Hause. Lukas erinnert an Maik, den Erzähler aus Herrndorfs Roman, der für die Jugendliteratur mittlerweile so etwas wie die "Odyssee" geworden ist. Aber was man bei Lukas für Vernunft hält, ist eigentlich Angst. "Sonne und Beton" ist am Ende dunkler als "Tschick", aber viel unschuldiger als Schippers Film, in dem drei junge Berliner und eine Spanierin eine Bank ausrauben: Die Schüsse, die bei Lobrecht fallen, stammen aus Julius' Schreckschusspistole.
Jacqueline Thör
Felix Lobrecht: "Sonne und Beton". Ullstein, 224 Seiten, 18 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Dass Lobrecht [...] nicht ausschließlich witzig sein will, sondern in die sozialen Abgründe von Langeweile, Gewalt, Alkohol und Drogen blickt, ist die große Stärke dieses unterhaltsamen Coming-of-Age-Romans.", Deutschlandfunk, Florian-Felix Weyh, 15.04.2017
"Der Autor, mittlerweile erfolgreicher Comedian, liest die wohl stark autobiographisch geprägte Story aus Sicht des jugendlichen Ich-Erzählers perfekt. Der Jargon in den vielen Dialogen ist schockierend authentisch [...]." Evangelisches Literaturportal e.V., 01.2020 "Dass Lobrecht [...] nicht ausschließlich witzig sein will, sondern in die sozialen Abgründe von Langeweile, Gewalt, Alkohol und Drogen blickt, ist die große Stärke dieses unterhaltsamen Coming-of-Age-Romans." Über das Buch: Florian-Felix Weyh, Deutschlandfunk 15.04.2017 "Felix Lobrecht will mit seiner Neuköllner Jungstruppe zeigen: Nicht alle, die Scheiße bauen, sind böswillig. Nicht alle wachsen so privilegiert auf, dass ihnen alle Wege offen stehen. Das ist ihm sowas von gelungen." Über das Buch: Anne Haeming, taz 19.05.2017 "[E]indrucksvolle Exposition und furioses Finale" Über das Buch: Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung 08.04.2017 "Lobrecht lässt Lukas, Julius, Gino und Sanchez im Neuköllner Slang seiner eigenen Jugend sprechen und nichts daran wirkt übertrieben oder aufgesetzt." Katharina Manzke, Büchermagazin