Mit der vorliegenden Briefe-Auswahl „Sonntagsrosen für Natascha“ beschließt der Göttinger Wallstein Verlag seine achtbändige Johannes-Schenk-Edition (darunter drei Gedichtbände). Johannes Schenk, 1941 in Berlin geboren und 2006 ebenda verstorben, war Malerpoet, Theatermacher und Bohemien. Er war
eine außergewöhnliche Stimme in der deutschen Literatur der letzten Jahrzehnte. 1969 hatte er mit…mehrMit der vorliegenden Briefe-Auswahl „Sonntagsrosen für Natascha“ beschließt der Göttinger Wallstein Verlag seine achtbändige Johannes-Schenk-Edition (darunter drei Gedichtbände). Johannes Schenk, 1941 in Berlin geboren und 2006 ebenda verstorben, war Malerpoet, Theatermacher und Bohemien. Er war eine außergewöhnliche Stimme in der deutschen Literatur der letzten Jahrzehnte. 1969 hatte er mit Freunden das „Kreuzberger Straßentheater“ gegründet und 1986 das legendäre „Schenksche Sonntagscafé“ eröffnet. Abgesehen von der Seefahrt hatte es für ihn all die Jahrzehnte nur zwei Wohnorte gegeben: das Atelier seiner Lebensgefährtin Natascha Ungeheuer in Berlin-Kreuzberg und seinen bekannten Zirkuswagen in Worpswede.
Johannes Schenk hat zeit seines Lebens geschrieben: Erzählungen, Romane und Theaterstücke. Nun liegt ein Band mit Briefen des phantasievollen Poeten vor, der ein leiden-schaftlicher Briefeschreiber war. So hat er seiner Lebensgefährtin Natascha Ungeheuer in 42 Jahren fast 1000 Briefe geschrieben, obwohl sie weitgehend zusammen in Berlin und Worpswede gewohnt hatten und meist auch ihre Reisen gemeinsam unternahmen. Trotzdem schrieb Schenk seiner Geliebten regelmäßig „Sonntagsbriefe“, die er ihr in selbstentworfenen Umschlägen zukommen ließ. Es sind weniger wichtige Mitteilungen sondern Liebeserklärungen: „Liebste Natascha, heute bin ich sehr deprimiert, das Rotkehlchen sitzt zwar im Baum, aber das Gefühl der Einsamkeit, ohne Dich, wird dadurch noch stärker.“ Einige Abbildungen zeigen auch eine Auswahl der selbstgestalteten Umschläge.
Der Band bringt außerdem einige Briefen an den amerikanischen Literaturwissenschaftler Sydney Rosenfeld, der Schenk 1979 nach Amerika eingeladen hatte und mit dem er über zwanzig Jahre im Briefwechsel stand. Auch mit der Lyrikerin Sarah Kirsch stand Schenk seit den 80er Jahren im schriftlichen Gedankenaustausch. Ebenso mit der israelitischen Journalistin Ada Brodsky, die einige seiner Gedichte ins Hebräische übersetzte.
Was Schenks Briefe so authentisch macht, sind ihre Spontanität und Originalität, es gibt kaum Korrekturen, sie sind nicht für die Nachwelt verfasst. Dagegen sind sie beeindruckende Dokumente eines außergewöhnlichen Künstlerlebens und gestatten einen kleinen Blick in seine Privatsphäre. Ein würdiger Abschluss einer anerkennenswerten Edition.