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Das psychologische Meisterwerk des kühnen englischen Erzählers spielt im Milieu der Bergarbeiter und ist einem Urthema der Menschheit gewidmet: der Liebe zwischen Mutter und Sohn. Schwankend zwischen einer nahezu erotischen Verbundenheit mit seiner Mutter und einem hassenden Verlangen, sich ihrem starken Einfluß zu entziehen, versucht er vergeblich, Glück bei anderen Frauen zu finden. Erst der Tod der Mutter macht den Sohn frei für sein eigenes Leben.
A semi-autobiographical novel that explores the emotional conflicts through the protagonist, Paul Morel, and the suffocating relationships
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Produktbeschreibung
Das psychologische Meisterwerk des kühnen englischen Erzählers spielt im Milieu der Bergarbeiter und ist einem Urthema der Menschheit gewidmet: der Liebe zwischen Mutter und Sohn. Schwankend zwischen einer nahezu erotischen Verbundenheit mit seiner Mutter und einem hassenden Verlangen, sich ihrem starken Einfluß zu entziehen, versucht er vergeblich, Glück bei anderen Frauen zu finden. Erst der Tod der Mutter macht den Sohn frei für sein eigenes Leben.
A semi-autobiographical novel that explores the emotional conflicts through the protagonist, Paul Morel, and the suffocating relationships with a demanding mother and two very different lovers. It is a pre-Freudian exploration of love and possessiveness
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Autorenporträt
David Herbert Lawrence (1885-1930), Sohn eines Minenarbeiters und einer Lehrerin, arbeitete in London zunächst selbst als Lehrer. Als er an Tuberkulose erkrankte, mußte er seinen Beruf aufgeben und unternahm rastlos schreibend ausgiebige Reisen. Sein Werk, entstanden unter dem Eindruck der Psychoanalyse Freuds, wurde wegen erotischer Freizügigkeiten scharf angegriffen. Neben zahlreichen Romanen und Erzählungen veröffentlichte Lawrence auch Reisebücher, Essays und Lyrik. Er starb 1930 in Vence bei Nizza.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.2011

Die Vergoldung der Leidenschaft

Der legendäre Roman "Söhne und Liebhaber" von D. H. Lawrence erscheint neu und erstmals vollständig übersetzt. Nun werden seine Schwächen deutlicher, aber auch sein erzählerisches Raffinement.

Alles, was D. H. Lawrence in seinem kurzen Leben geschrieben hat, steht im Schatten von "Lady Chatterley's Lover". Der 1928 in Florenz auf Englisch erschienene Roman, bereits der zwölfte des 1885 geborenen Briten, machte wegen seiner freizügigen Liebesszenen Skandal und wurde in den Vereinigten Staaten für fast dreißig Jahre verboten. Lawrence war fortan ein poète maudit. Da er nur zwei Jahre später an Tuberkulose starb, konnte er diesen Ruf nicht mehr selbst bestätigen oder korrigieren. "Lady Chatterley's Lover" blieb sein letztes Buch.

Das früheste Zeichen seiner wahren schriftstellerischen Begabung und auch eines höheren literarischen Anspruchs ist der Roman "Sons and Lovers", der 1913 erschien. Die Vorarbeiten dazu reichen bis mindestens 1910 zurück, als eine erste Fassung unter dem Titel "Paul Morel" entstand, dem Namen einer der beiden Hauptfiguren des Buchs. Paul, der künstlerisch begabte mittlere Sohn einer Bergarbeiterfamilie aus Nottinghamshire, ist ein nur notdürftig kaschiertes Alter Ego seines Autors: All die amourösen Wirren des Romans spiegeln wider, was Lawrence zum Zeitpunkt der Arbeit daran selbst erlebt hat, als er sich in eine um sechs Jahre ältere verheiratete Frau verliebte, die deutschstämmige Frieda Weekly, eine geborene von Richthofen. Als er sie 1912 ihrem Mann ausspannen konnte, war der Weg frei für die vierte und letzte Fassung des Romans.

Sie sollte indes erst 1979 vollständig erscheinen. Dem noch unbekannten Autor kürzte sein Lektor für die Erstausgabe etliche Passagen heraus oder änderte sie ab, teils um die ausufernde Handlung zu straffen, teils aber auch, um als unziemlich angesehene erotische Schilderungen auszumerzen. Und so sollte die Textgestalt bleiben (auch in den bisherigen beiden deutschen Übersetzungen von 1925 und 1932), bis eben 1979 erstmals das Manuskript herangezogen wurde. Allerdings hatte sich Lawrence 1913 mit den Änderungen arrangiert. Ob er selbst also gewünscht hätte, die Bearbeitungen rückgängig zu machen, kann man nicht mit Sicherheit sagen.

Dennoch ist es ein Segen, dass die dritte deutsche Übersetzung, von Hans-Christian Oeser erstellt, nun auf die revidierte Fassung von "Sons and Lovers" zugreift. Denn die lapidare Sprache, die Lawrence im Geist des viktorianischen Sozialromans mit pathetischen Einschüben durchsetzt, wird darin deutlicher. Und dabei sind es weniger die für die damalige Zeit freizügigen Schilderungen, die hier wichtig sind, sondern die höchst symbolisch aufgeladenen Naturbeschreibungen. Nur ein Beispiel, das diese Prosa zum Funkeln bringt: "Als sie über eine große Wiese gingen, die schräg in der Sonne lag, auf einem Pfad, der mit unzähligen winzigen Glitzerpunkten übersät war, schlang Paul, der neben Miriam ging, seine Finger um den Henkel der Tasche, die sie trug, und sofort spürte sie Annie hinter sich, lauernd und eifersüchtig. Aber die Wiese lag in gleißenden Sonnenschein gebadet, und der Pfad war mit Juwelen bestreut, und es geschah so selten, dass er ihr irgendein Zeichen gab. Sie hielt ihre Finger um die Henkel der Tasche sehr still, und seine Finger berührten sie. Und die Gegend war golden wie eine Erscheinung."

Goldgelb und Rot, das sind die leitmotivisch wiederholten Farben im Buch. Wenn Anemonen als Blumenschmuck getragen werden, dann kommen Fresien hinzu, Nelken sind rot, Lilien purpurn, und die Wolkenformationen in den Naturtableaus flammen immer neu in Gold auf. Das weist schon voraus auf "Lady Chatterley's Lover", denn hier wie dort wird die Wahrnehmung von Natur zum farbigen Analogon, aber auch zum Antidot für die Gifte von Eifersucht und Leidenschaft. Die größte Bedrohung der Liebe ist Pauls Mutter Gertrude, eine kleine Frau mit großem Willen, die nach dem finanziellen Niedergang ihrer Familie den Bergmann Walter Morel heiraten musste, mit dem sie dann sehr schnell unglücklich wird. Nur die vier Kinder, darunter drei Söhne, die sich alle auf die Seite der Mutter schlagen, halten die Ehe der Eltern noch zusammen, doch das erfordert einen Preis: Mutter und Söhne gehen eine Symbiose ein, die keine andere Frau duldet. So ist der Titel "Söhne und Liebhaber" zu verstehen: Die Mutterliebe wird zum Surrogat geschlechtlicher Liebe, und jeder einzelne der drei Söhne muss sich aus dem Gunstkreis seiner Mutter freikämpfen.

"Söhne und Liebhaber" ist ein psychologischer Roman, der in Paul sein Erzähl-, aber in Gertrude sein Kraftzentrum hat. Deshalb braucht das Buch auch lange, um zunächst die Geschichte der Mutter und ihrer Ehe zu entfalten - dass Lawrence dabei unter der Hand ein beinahe reportageartiges Porträt des Kohlereviers um Nottingham gelingt, ist ein zusätzliches Plus des Romans.

Allerdings ist das stete Wechselspiel von Mutter und Sohn im letzten Teil des Buchs nicht mehr im Gleichgewicht. Lawrence verschiebt den Schwerpunkt zu stark zu Paul. Doch ausgerechnet das eigene Alter Ego bleibt im Roman blass - als wäre der Autor zurückgescheut vor den wahren Abgründen einer Liebe, die Befreiungsschlag in körperlicher wie seelischer Hinsicht ist. Deshalb steht "Söhne und Liebhaber" berechtigt im Schatten von "Lady Chatterley's Lover", der just dieses Thema in den Mittelpunkt stellt. Aber die neue Übersetzung sorgt dafür, dass auch das Frühwerk jetzt seinen Goldstreif erhält.

ANDREAS PLATTHAUS

D. H. Lawrence: "Söhne und Liebhaber". Roman.

Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser. Reclam Verlag, Stuttgart 2011. 764 S., geb., 34,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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