In diesem Open-Access-Buch wird die subjektive Wahrnehmung und Bewältigung von Armut im Kontext der strukturellen Einbindung der Betroffenen konzeptualisiert und erfasst. In einer reichen Gesellschaft arm zu sein, bedeutet nicht nur ein materielles Problem, sondern auch die Infragestellung der sozialen und gesellschaftlichen Zugehörigkeit der Betroffenen. Um dem zu entgehen, sind die Akteure auf voneinander abgrenzbare Kontexte in ihrem Netzwerk angewiesen, in denen sie Anerkennung und Teilhabe generieren können. Wer in dieser Lage auf sich selbst zurückgeworfen ist, erfährt Armut als die Zerstörung seiner bzw. ihrer Identität als respektables Mitglied der Gesellschaft. Der Kampf gegen die Armut darf daher nicht gegen die Armen geführt werden, sondern muss ein Kampf um Orte und Gelegenheiten sein, an denen wir zeigen können, dass es (auch) auf uns ankommt. Es zeigt sich, dass materielle Knappheit in Abhängigkeit der sozialen Einbindung unterschiedlich wahrgenommen wird. Die Bewältigungschancen verschlechtern sich, je weniger Gelegenheitsstrukturen zur Erreichung von Anerkennung und Teilhabe den Befragten in ihrem sozial-räumlichen Umfeld zur Verfügung stehen.
"... Die in dieser Arbeit verwendeten Instrumente einer sozialen Netzwerkforschung sind insofern innovativ für die soziologische Armutsforschung, als dass sie hier genutzt werden, um eine Reihe an oft getrennt verhandelten Perspektiven zusammenzuführen. Das Buch von André Knabe hilft, das Phänomen der Einkommensarmut besser zu verstehen, ist aber auch ein Lehrstück über den Versuch, eine weitgehend "versöhnte" Armutsforschung zu betreiben, in der sowohl verschiedene Analyseebenen (Mirko-Meso-Makro) als auch quantitative und qualitative Perspektiven mit ihren Stärken berücksichtigt werden ..." (Max Keck, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 75, Heft 1, 2023)