Die vorliegende Arbeit versteht sich als Beitrag zur Entste hungsgeschichte der Soziologie. Ihr liegt die These zugrunde, daß diese Wissenschaft in einem bestimmten historischen Kontext mit einer konkreten politischen Orientierung entsteht: Die So ziologie konstituiert sich in der Formierungsphase der kapita listischen Gesellschaft im 19. Jahrhundert als konservativ motivierte theoretische Reaktion auf deren Integrationsproble matik. Pauperismus und soziale Bewegung sind die Manife stationsformen dieser Problematik, die sozialistische Gesell schaftskritik ist ihre intellektuelle Expression. Die Emanzipa tionsideale des Bürgertums, insbesondere das liberalökonomische Harmoniepostulat, geraten im Laufe des 19. Jahrhunderts in eine prekäre Konfrontation zu einer sozialen Realität, die sich durch ökonomische POlarisierung und durch die Genese eines revolutionären Konfliktpotentials auszeichnet, das aus dieser Polarisierung gespeist wird. Es erweist sich, daß mit dem Untergang des Feudalismus eine vollkommene Ordnung der Dinge keineswegs erreicht worden ist: Der Fortschritt des Bürgertums fällt nicht mit der Durchsetzung gesellschaftlicher Eintracht zusammen. Kapital, Industrie und Konkurrenz bewähren sich nicht als Garanten allgemeinen Glücks; die Strategie der Verfolgung des wohlverstandenen Eigennutzes gebiert nicht ein Gemeinwohl, das diese Bezeichnung wirklich verdient hätte: Wächst auf der einen Seite der Reichtum, so im gleichen Zuge auf der anderen die Not.
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