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Luc Boltanski behandelt in seinen Frankfurter Adorno-Vorlesungen eine Frage, die vor allem die erste Generation der Frankfurter Schule umtrieb, die derzeit aber in der französischen Sozialtheorie sehr viel nachdrücklicher gestellt wird als hierzulande: Wie verhält sich das Wissen des kritischen Theoretikers zu den alltäglichen Urteilen der Akteure, in deren Namen er seine Kritik formuliert? Dabei bleibt Boltanski dem Grundmotiv treu, das ihn im Laufe der achtziger Jahre in immer deutlichere Distanz zu seinem Lehrer Pierre Bourdieu brachte. Er unterläuft die klassische Trennung zwischen den…mehr

Produktbeschreibung
Luc Boltanski behandelt in seinen Frankfurter Adorno-Vorlesungen eine Frage, die vor allem die erste Generation der Frankfurter Schule umtrieb, die derzeit aber in der französischen Sozialtheorie sehr viel nachdrücklicher gestellt wird als hierzulande: Wie verhält sich das Wissen des kritischen Theoretikers zu den alltäglichen Urteilen der Akteure, in deren Namen er seine Kritik formuliert? Dabei bleibt Boltanski dem Grundmotiv treu, das ihn im Laufe der achtziger Jahre in immer deutlichere Distanz zu seinem Lehrer Pierre Bourdieu brachte. Er unterläuft die klassische Trennung zwischen den Perspektiven des soziologisch geschulten Kritikers und der in ihrer Alltagswelt befangenen Gesellschaftsmitglieder, insistiert auf der kritischen Kompetenz der "normalen" Akteure und weist der Soziologie die Aufgabe zu, jene Praktiken der Rechtfertigung zu beschreiben und theoretisch nutzbar zu machen, die wir alltäglich auch ohne wissenschaftliche Nachhilfe vollziehen.
In seinen Vorlesungenerläutert er die Konsequenzen einer pragmatischen Wende in der Soziologie und gibt einen weit gespannten Überblick über den derzeitigen Stand seiner Soziologie der Kritik. Konsequent baut er den theoretischen Rahmen aus, den er in seinen Analysen zur gesellschaftlichen Urteilskraft und zum "neuen Geist des Kapitalismus" entwickelte und formuliert erstmals eine umfassende Analyse der Herrschaft, die die Errungenschaften der pragmatischen Wende mit den Stärken der traditionellen kritischen Sozialwissenschaft verbindet.
Autorenporträt
Luc Boltanski, geboren 1940, Schüler von Pierre Bourdieu, ist einer der gegenwärtig prominentesten französischen Soziologen und Forschungsdirektor an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris. International bekannt wurde er sowohl durch seine maßgeblichen Beiträge zur Theorie einer pragmatischen Soziologie der Kritik als auch durch seine Analysen des neuen Geists des Kapitalismus.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Martin Bauer holt ordentlich aus, um zu erklären, worin die Bedeutung des Soziologen Luc Boltanski und seiner Soziologie der Gesellschaftskritik bestehen: In den kritischen Sozialwissenschaften hatte Boltanski eine Art "kopernikanischer Wende" eingeleitet, als er begann, die Gesellschaftskritik selbst zum Gegenstand seiner soziologischen Untersuchungen zu machen. Auf diese Arbeit von 1991 greift Boltanski nun auch in seinen Frankfurter Adorno-Vorlesungen zurück, in denen er - ganz gegen den Strich des Instituts für Sozialforschung - die vielzitierte Herrschaftskritik als unsoziologisch verwirft. Boltanski ist ein Empiriker, weiß Bauer, und deshalb kann ein Herrschaft als abstraktes Objekt kein Gegenstand datengsestützter Forschung sein. Untersuchen ließen sich allenfalls Machtbeziehungen oder eben die Lebenswelten der Herrschaftskritiker. Wie Bauer dies bewertet, erfahren wir nicht, er belässt es in seiner Rezension bei der sehr anschaulichen Erklärung von Boltanskis Programm.

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