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'Er stand im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik wie kein zweiter Topmanager in diesem Lande. Josef Ackermann, bis 2012 Vorstandschef der Deutschen Bank, hat turbulente Jahre hinter sich: Sein Victory-Zeichen und das Renditeziel von 25 Prozent machten ihn für viele zum Buhmann der Nation. Auch seine Rolle bei der Finanzkrise ist umstritten: Hat er die Misere mit verursacht oder das Schlimmste verhindern können und bei der Überwindung entscheidend mitgeholfen? Stefan Baron, Kommunikationschef der Deutschen Bank während der Krisenjahre, liefert eine bestechend scharfe Nahaufnahme Ackermanns. Kaum…mehr

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Produktbeschreibung
'Er stand im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik wie kein zweiter Topmanager in diesem Lande. Josef Ackermann, bis 2012 Vorstandschef der Deutschen Bank, hat turbulente Jahre hinter sich: Sein Victory-Zeichen und das Renditeziel von 25 Prozent machten ihn für viele zum Buhmann der Nation. Auch seine Rolle bei der Finanzkrise ist umstritten: Hat er die Misere mit verursacht oder das Schlimmste verhindern können und bei der Überwindung entscheidend mitgeholfen?
Stefan Baron, Kommunikationschef der Deutschen Bank während der Krisenjahre, liefert eine bestechend scharfe Nahaufnahme Ackermanns. Kaum einer kennt seine Überzeugungen, seine Stärken und Schwächen so gut wie er. Aus nächster Nähe schildert Baron, wie Ackermann sich und seine Haltung unter dem Eindruck des Jahrhundertereignisses verändert hat.
Autorenporträt
Stefan Baron, 1948, war 16 Jahre unbequemer und meinungsstarker Chefredakteur der WirtschaftsWoche. Der preisgekrönte Journalist und studierte Volkswirt war zuvor am Kieler Institut für Weltwirtschaft und beim Spiegel. 2007, kurz vor Beginn der Finanzkrise, wechselte er die Seiten und wurde Kommunikationschef der Deutschen Bank.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.09.2013

Wille als Vorstellung
Die unbekannten Götter: Neues aus den Chefetagen

Das geht auf meine Ideen zur Restrukturierung zurück. Damals war niemand anderes bereit, Verantwortung zu übernehmen. Ich habe mein Leben lang Werte vermehrt. Als Vorstandsvorsitzender habe ich. Als ich dann die Anteile verkaufte. Als ich kam, musste ich erst einmal. Nein, das war unter meinem Nachfolger. Wenn ich nicht am Freitag gewarnt hätte, wäre Deutschland am Montag erschüttert worden. Bis heute kann mir niemand sagen, was ich falsch gemacht haben soll. Ich war bei mehreren Wellen vorneweg. Entweder ich werde gerufen, oder ich komme nicht.

In der Welt der Obertanen, aus der diese Sätze und Satzanfänge stammen, gibt es sie noch, die persönliche Kausalität. Der Verstand oder, wenn es sich um den Nachfolger handelt, der Unverstand der Organisationen konzentriert sich in ihrer Spitze und macht sich als Wille über Weisungen nach unten verständlich. So jedenfalls das Selbstbild. Aber eigentlich handelt es sich, philosophisch formuliert, gar nicht um Verstand an der Spitze von Konzernen, sondern um das, was der deutsche Idealismus um 1800 "intellektuelle Anschauung" nannte: etwas denken und es dadurch allein schon wirklich machen. Da von den Weisungen in den Firmen ungeheuer viel Geld abhängt und von ihrer Erfüllung Karrieren, kommen meistens keine Motivfragen auf.

Das Modell für die intellektuelle Anschauung waren damals, je nach Systementwurf, Gott oder Künstler. Doch selbst der monotheistische Gott verfiel in einen Plural, nachdem er gesehen hatte, dass alles gut war, und trotzdem meinte, einen Vorstandsvorsitzenden zu brauchen: "Lasset uns Menschen machen." Uns. So würde der Vorstandsvorsitzende, jedenfalls wenn es ein großer ist, nie sprechen, jedenfalls nicht hinterher, wenn er die Genesis seiner Taten ins Mikrofon spricht. Oder eben nur, wenn etwas schiefgelaufen ist. Es war ihm, wenn etwas schiefgegangen ist, heißt es gerade in Stefan Barons Ackermann-Report ("Späte Reue. Josef Ackermann. Eine Nahaufnahme", Berlin 2013), es war Ackermann mehrfach vorher "zwar schon eine Weile unwohl". Aber die unguten Gefühle wurden verdrängt, damit hatte man nicht gerechnet; solange die Musik spielt, muss man, müssen sogar die Götter tanzen.

Von den großen Kapitänen der Wirtschaft wissen wir eigentlich weniger als von den Göttern und den Künstlern. Die Augenzeugenberichte stammen fast ausschließlich von sehr teilnehmenden Beobachtern wie Baron, die auch wenn sie noch so Interessantes schreiben, den Verdacht nicht ausräumen können, dass es auch Interessiertes ist. Die Organisationssoziologie wiederum als die eigentlich zuständige Disziplin hat die Welt der Angestellten ausgeleuchtet, aber nur die der kleinen. Sie hat den Mittelstand und die Arbeiterschaft, die Beamten und die Unterschicht befragt, beobachtet und statistisch bis auf die letzte Variable ausgepresst. Industriesoziologie, das sind für sie Analysen des Fabrikgeschehens oder solche der Verwaltung. Über die Götter aber weiß sie gut wie nichts. Es gibt Zugangsprobleme zum Feld.

Auch wer an der Universität im Studium der Betriebswirtschaftslehre "Management" belegt, lernt, sich in Manager und deren Sorgen hineinzuversetzen, aber nicht, was ein Manager ist. Und schon gar nicht, was das für eine Welt ist, in der er eine Rolle spielt - und wir beeilen uns gleich hinzuzusetzen: natürlich eine ganz persönliche Rolle. Die richtige Persönlichkeit, berichtet Stefan Baron als Merksatz vom Vorstandsvorsitzenden, könne alles lernen, Persönlichkeit hingegen könne man nicht lernen. Siehe oben unter "Genie" und "Schöpfer".

So stehen wir, wenn doch einmal etwas aus dieser Welt herausdringt, staunend vor Rätseln. Er habe, ließ kürzlich ein ehemaliger Vorstandsvorsitzender wissen, einmal in einem Jahr mehr private Flugkosten gehabt als Gehalt. Das ist jetzt, da er von einem Gericht zu Schadensersatz an die Firma auch mancher Flüge halber verurteilt worden ist, wieder zitiert worden. In der "Nahaufnahme" Stefan Barons lesen wir, dass der noch größere Vorstandsvorsitzende oft nicht weiß, wo er gerade aufwacht, so viel fliegt er, manchmal am Freitag nach Schanghai, und am Montag ist er wieder in Frankfurt. In seiner Stadtwohnung lebt niemand, an seinem Schreibtisch sitzt niemand. Wohnen, am Schreibtisch sitzen, das ist etwas für Nachfolger, für Leute, die nicht gerufen werden, Leute, die keine 100-Stunden-Woche haben.

Einst fragten die Protestanten, weshalb man sich in moralischen und letzten Fragen etwas von Leuten sagen lassen soll, die nicht einmal verheiratet sind. Wir vertrauen einen Gutteil der vorletzten Entscheidungen Leuten an, die weder wohnen noch ausschlafen, noch so viel Gehalt bekommen, wie sie für Privatflieger ausgeben müssen. Leute, die mitunter von kleinen Armeen bewacht werden, so gut wie keine nicht eigens für sie präparierte Kommunikation kennen, unablässig telefonieren und dabei den halben Tag damit verbringen, sich Schuldzuweisungen vom Hals zu halten, die andere Hälfte mit Willensbildung durch Kontaktpflege. Das ist, damit wir uns recht verstehen, überhaupt nicht als Kritik an diesen Leuten gemeint. Wie sollte man auch etwas vernünftig kritisieren können, das praktisch unbekannt ist?

JÜRGEN KAUBE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Dass Josef Ackermann wiederholt betont hat, sein ehemaliger Kommunikationschef Stefan Baron habe die Biografie über ihn mit "vollständiger Freiheit" geschrieben und das Buch sei "nicht autorisiert", hält Ulrike Herrmann für einen (schl)echten Witz. Das Buch ist so zahnlos, dass es da überhaupt nichts zu autorisieren gibt, verrät die Rezensentin. Die einzigen Skandale, die Baron behandelt, sind die, die ohnehin bekannt sind: die windigen Hypothekengeschäfte in den USA, die Collateralized Debt Obligations (CDO), die Manipulationen am Leitzins Libor, die Zinswetten, fasst Herrmann zusammen. Dazu leugnet der Autor, dass Ackermann von diesen Geschäften oder von der nahenden Finanzkrise etwas gewusst habe - behält sich aber trotzdem vor, ihn für das frühzeitige Abstoßen schlechter Papiere zu loben, staunt die Rezensentin. Auch den Wandel des Bankmanns zum Staatsmann sieht Baron in rosarot, erklärt Herrmann, er adelt unkritisch eklatanten Branchen-Lobbyismus zur staatsmännischen Glanzleistung. Das ganze Buch ist ein "wahnwitziges Dokument der Selbstüberschätzung", verkündet die Rezensentin wütend.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Der Leser kommt in diesen Schilderungen dem Top-Banker so nah wie selten zuvor", Süddeutsche Zeitung, Andrea Rexer, 12.09.2013