Elke Naters bietet die unschuldigste Erzählerin der Gegenwartsliteratur
In einer Welt, in der es nicht erwünscht ist, verschafft sich ein Mädchen allein mit seiner Stimme einen eigenen Platz - und trotzt mit seiner Liebe einem ungewissen Schicksal. Ein Familienroman aus unerhörter Perspektive.Die Erzählerin in Elke Naters' fünftem Roman hat es in sich! Sie ist die noch ungeborene fünfte Tochter und hätte sich keinen schlechteren Moment für ihre Empfängnis aussuchen können. Ihre Mutter wurde gerade vom Vater ihrer vier Schwestern verlassen. Kein Mann, kein Geld, kein Heim und eine ungewollte Schwangerschaft - das ist mehr, als sie verkraften kann. Während die Mutter in Untätigkeit und Verzweiflung verfällt, übernehmen ihre beiden ältesten Töchter das Ruder und halten das Familienschiff auf schlingerndem Kurs. Jede von ihnen kämpft um ihre eigene Zukunft, und doch halten sie zusammen - und werden zusammengehalten von der Erzählerin, die sich mit bedingungsloser Liebe und großer Aufmerksamkeit ihren zukünftigen Familienangehörigen zuwendet.Elke Naters hat ein untrügliches Gefühl für Stimmungen und einen genauen Blick dafür, wie Menschen miteinander umgehen. Mit ihrer klaren, empathischen Sprache gelingen ihr eindringliche Beschreibungen und authentische Dialoge. »Später Regen« ist ein großer Roman über eine kleine Schicksalsgemeinschaft, in der alle nach dem Glück suchen, das so schwer zu finden ist.
In einer Welt, in der es nicht erwünscht ist, verschafft sich ein Mädchen allein mit seiner Stimme einen eigenen Platz - und trotzt mit seiner Liebe einem ungewissen Schicksal. Ein Familienroman aus unerhörter Perspektive.Die Erzählerin in Elke Naters' fünftem Roman hat es in sich! Sie ist die noch ungeborene fünfte Tochter und hätte sich keinen schlechteren Moment für ihre Empfängnis aussuchen können. Ihre Mutter wurde gerade vom Vater ihrer vier Schwestern verlassen. Kein Mann, kein Geld, kein Heim und eine ungewollte Schwangerschaft - das ist mehr, als sie verkraften kann. Während die Mutter in Untätigkeit und Verzweiflung verfällt, übernehmen ihre beiden ältesten Töchter das Ruder und halten das Familienschiff auf schlingerndem Kurs. Jede von ihnen kämpft um ihre eigene Zukunft, und doch halten sie zusammen - und werden zusammengehalten von der Erzählerin, die sich mit bedingungsloser Liebe und großer Aufmerksamkeit ihren zukünftigen Familienangehörigen zuwendet.Elke Naters hat ein untrügliches Gefühl für Stimmungen und einen genauen Blick dafür, wie Menschen miteinander umgehen. Mit ihrer klaren, empathischen Sprache gelingen ihr eindringliche Beschreibungen und authentische Dialoge. »Später Regen« ist ein großer Roman über eine kleine Schicksalsgemeinschaft, in der alle nach dem Glück suchen, das so schwer zu finden ist.
" Später Regen erzählt warmherzig von geplatzten Träumen, vom Erwachsenwerden und Erwachsensein, von Mutter-Tochter-Kriegen und Selbstfindung. Ein schöner Schmöker." -- Fritz, RBB, 05.09.2012
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2012Frauen am Rande der Krise
Ihr neuer Roman "Später Regen" zeigt Elke Naters auf dem Höhepunkt einer klaren, eleganten Sprache.
Von Andrea Diener
In den guten alten popliterarischen Hochzeiten, als lautstark Jacken und Musik und bundesrepublikanische Durchschnittskindheiten verhandelt wurden, stand sie irgendwie mit dabei und war leicht zu überhören. Lärm zu veranstalten ist auch nicht ihr Ding. Aber wer hinsah, erkannte, dass Oberflächenphänomene in Elke Naters' frühen Romanen "Königinnen" und "Lügen" zwar eine Rolle spielten, wie es in den damals allgegenwärtigen Posenverhandlungsromanen üblich war. Aber dass es unter den Oberflächen immer existentiell brodelte und um mehr ging als ein ziependes Herzchen und ein schwummeriges Gefühl von Großstadtleere im Kopf. Ja, es ging auch um Schuhe und Handtaschen, aber daneben auch um Neid und Großzügigkeit und den Blick auf sich selbst und andere, um Lebensentwürfe und das Zurechtkommen damit, wofür man sich entschieden hat. Oder damit, in was man irgendwann so halbabsichtlich hineingerutscht ist.
Elke Naters hat ein Gespür für komplexe Lebenslagen in Übergangsphasen, vor allem für weibliche Lebenslagen, weshalb man ihre Romane leicht schubladisieren könnte, aber nicht sollte. Auch in ihrem neuen Roman geht es um Frauen, und zwar um viel zu viele Frauen auf einem Haufen: eine Mutter, vier Mädchen und ein Ungeborenes, das ja auch nur ein Mädchen werden kann, wie alle ahnen, und das als allwissende Erzählerin dieser Geschichte fungiert. Aus dem Bauch ihrer Mutter heraus erzählt sie die Geschichte ihrer männerlosen Familie, die nicht nur durch ihre Zeugung in eine Notsituation gerät, sondern auch durch die Teilnahmslosigkeit und Unreife aller anderen.
"Von dem Moment meiner Empfängnis in einer kühlen Mainacht wurde das Leben meiner Mutter noch komplizierter, verwirrender und unerträglicher, als es ohnehin schon war", beginnt sie ihren Monolog, der neun Monate und die erste Woche nach ihrer Geburt umfasst. Es ist ein Rechtfertigungsmonolog, eine Liebeserklärung an die Familie, die so chaotisch und dysfunktional ist, wie es ein Häuflein Frauen und Kinder nur sein kann, denen der Vater abhandengekommen ist. Der gibt sich nach dem Umzug nach Südafrika nur kurz die Ehre: "Er brachte jedem Mädchen ein Handy mit, war deutlich schlanker und sagte, er habe eine Freundin und würde in England bleiben." Ein lakonischer Satz, der das Zeug hat, ein ganzes Leben aus der Bahn zu werfen. Nach der ersten Trauerphase stürzt die Mutter sich in das Nachtleben Kapstadts, und eine Affäre mit einem verheirateten Unternehmer führt zur ungeplanten Zeugung der Erzählerin.
Während die Mutter sich in ihren Übergangslösungen zusehends gehenlässt, richten sich ihre Mädchen so gut es geht zwischen Schule und häuslicher Selbstversorgung ein. Auf Nora, der Ältesten, lastet am meisten Druck, sie reagiert mit Fluchtgedanken und Messerschnitten am Arm. Erwachsen werden, so ahnt man, kann sie erst, wenn man ihr eine Kindheit zugestehen würde. Carla, die Zweitälteste, ist die schnellste Läuferin der Schule, aber in ihrer Familie ist jeder zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass jemand stolz auf sie wäre. Und das Ungeborene? Am besten weggeben, findet die Mutter. Während der Geburtstermin naht, naht auch die Vertreibung aus dem Haus. Einen Plan gibt es nicht, nur Zufallsbegegnungen. Fehlt nur der Mut, die Zufälle zu packen und das Beste daraus zu machen.
Wie auch bei ihren früheren Romanen staunt man auch hier, wie genau Elke Naters die Spannungen zwischen ihren Figuren beobachtet. Wer wann auf wen wütend ist, wer wem auf die Nerven geht und wer wann unehrlich ist - nichts entgeht ihr, nichts ist je unplausibel, keine Reaktion bleibt vage oder wird in den Dienst der Handlung gestellt. Im Gegenteil, die Handlung biegt sie sich zurecht, um ihr Personal genau dosierten Reizen auszusetzen, auf dass es sich entwickeln und reifen möge. Angenehm, dass dabei nie psychologisiert wird. Und wir Leser schauen dem Treiben zu, weil man es spannender finden kann als jeden noch so verzwickten Plot. Zumal sie in dieser klaren, eleganten, warmen Sprache beschrieben sind, die Naters' Bücher seit je auszeichnet - eine Sprache, die es nie nötig hat, laut zu werden oder sich aufzubauschen. Und die gerade deshalb tiefer in die Hirne und Herzen ihrer Figuren eindringen kann.
Elke Naters: "Später Regen". Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012. 246 S., geb., 18,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ihr neuer Roman "Später Regen" zeigt Elke Naters auf dem Höhepunkt einer klaren, eleganten Sprache.
Von Andrea Diener
In den guten alten popliterarischen Hochzeiten, als lautstark Jacken und Musik und bundesrepublikanische Durchschnittskindheiten verhandelt wurden, stand sie irgendwie mit dabei und war leicht zu überhören. Lärm zu veranstalten ist auch nicht ihr Ding. Aber wer hinsah, erkannte, dass Oberflächenphänomene in Elke Naters' frühen Romanen "Königinnen" und "Lügen" zwar eine Rolle spielten, wie es in den damals allgegenwärtigen Posenverhandlungsromanen üblich war. Aber dass es unter den Oberflächen immer existentiell brodelte und um mehr ging als ein ziependes Herzchen und ein schwummeriges Gefühl von Großstadtleere im Kopf. Ja, es ging auch um Schuhe und Handtaschen, aber daneben auch um Neid und Großzügigkeit und den Blick auf sich selbst und andere, um Lebensentwürfe und das Zurechtkommen damit, wofür man sich entschieden hat. Oder damit, in was man irgendwann so halbabsichtlich hineingerutscht ist.
Elke Naters hat ein Gespür für komplexe Lebenslagen in Übergangsphasen, vor allem für weibliche Lebenslagen, weshalb man ihre Romane leicht schubladisieren könnte, aber nicht sollte. Auch in ihrem neuen Roman geht es um Frauen, und zwar um viel zu viele Frauen auf einem Haufen: eine Mutter, vier Mädchen und ein Ungeborenes, das ja auch nur ein Mädchen werden kann, wie alle ahnen, und das als allwissende Erzählerin dieser Geschichte fungiert. Aus dem Bauch ihrer Mutter heraus erzählt sie die Geschichte ihrer männerlosen Familie, die nicht nur durch ihre Zeugung in eine Notsituation gerät, sondern auch durch die Teilnahmslosigkeit und Unreife aller anderen.
"Von dem Moment meiner Empfängnis in einer kühlen Mainacht wurde das Leben meiner Mutter noch komplizierter, verwirrender und unerträglicher, als es ohnehin schon war", beginnt sie ihren Monolog, der neun Monate und die erste Woche nach ihrer Geburt umfasst. Es ist ein Rechtfertigungsmonolog, eine Liebeserklärung an die Familie, die so chaotisch und dysfunktional ist, wie es ein Häuflein Frauen und Kinder nur sein kann, denen der Vater abhandengekommen ist. Der gibt sich nach dem Umzug nach Südafrika nur kurz die Ehre: "Er brachte jedem Mädchen ein Handy mit, war deutlich schlanker und sagte, er habe eine Freundin und würde in England bleiben." Ein lakonischer Satz, der das Zeug hat, ein ganzes Leben aus der Bahn zu werfen. Nach der ersten Trauerphase stürzt die Mutter sich in das Nachtleben Kapstadts, und eine Affäre mit einem verheirateten Unternehmer führt zur ungeplanten Zeugung der Erzählerin.
Während die Mutter sich in ihren Übergangslösungen zusehends gehenlässt, richten sich ihre Mädchen so gut es geht zwischen Schule und häuslicher Selbstversorgung ein. Auf Nora, der Ältesten, lastet am meisten Druck, sie reagiert mit Fluchtgedanken und Messerschnitten am Arm. Erwachsen werden, so ahnt man, kann sie erst, wenn man ihr eine Kindheit zugestehen würde. Carla, die Zweitälteste, ist die schnellste Läuferin der Schule, aber in ihrer Familie ist jeder zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass jemand stolz auf sie wäre. Und das Ungeborene? Am besten weggeben, findet die Mutter. Während der Geburtstermin naht, naht auch die Vertreibung aus dem Haus. Einen Plan gibt es nicht, nur Zufallsbegegnungen. Fehlt nur der Mut, die Zufälle zu packen und das Beste daraus zu machen.
Wie auch bei ihren früheren Romanen staunt man auch hier, wie genau Elke Naters die Spannungen zwischen ihren Figuren beobachtet. Wer wann auf wen wütend ist, wer wem auf die Nerven geht und wer wann unehrlich ist - nichts entgeht ihr, nichts ist je unplausibel, keine Reaktion bleibt vage oder wird in den Dienst der Handlung gestellt. Im Gegenteil, die Handlung biegt sie sich zurecht, um ihr Personal genau dosierten Reizen auszusetzen, auf dass es sich entwickeln und reifen möge. Angenehm, dass dabei nie psychologisiert wird. Und wir Leser schauen dem Treiben zu, weil man es spannender finden kann als jeden noch so verzwickten Plot. Zumal sie in dieser klaren, eleganten, warmen Sprache beschrieben sind, die Naters' Bücher seit je auszeichnet - eine Sprache, die es nie nötig hat, laut zu werden oder sich aufzubauschen. Und die gerade deshalb tiefer in die Hirne und Herzen ihrer Figuren eindringen kann.
Elke Naters: "Später Regen". Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012. 246 S., geb., 18,99 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Elke Naters' fünfter Roman "Später Regen" scheint Rezensent René Hamann zwar nicht überragend, aber doch recht solide.Die Geschichte um eine völlig überforderte Mutter, die gerade mit ihrem fünften Kind schwanger ist, findet er leichthändig und psychologisch stimmig erzählt. Sympathisch ist für ihn, dass Naters das Scheitern der Figur empathisch und mit menschlicher Wärme beschreibt. "Große Literatur" ist das Buch in seinen Augen zwar nicht, aber immerhin psychologisch stimmige und spannend erzählte Unterhaltungsliteratur. Und das ist, so das Fazit des Rezensenten, "wirklich nicht das Schlechteste".
© Perlentaucher Medien GmbH
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»[...] ein Unterhaltungsroman, der in einer leichten, lockeren Sprache gehalten ist und sich mit Gegenwart auseinandersetzt.« taz 20121215