DIE VERMESSUNG EINES POETISCHEN KONTINENTS
Der einzigartige Reichtum der spanischsprachigen Lyrik ist hierzulande nur ansatzweise bekannt. Diese Anthologie leistet Pionierarbeit: In vier Bänden stellt sie die Glanz- und Höhepunkte einer Tradition vor, die vom mittelalterlichen Al-Andalus bis heute und von Spanien über Mexiko bis nach Argentinien reicht - in exzellenten Übersetzungen und mit knappen, hilfreichen Kommentaren. Eine Einladung zum Entdecken!
In der spanischsprachigen Literatur genießt die Lyrik ein besonderes Prestige. Das gilt für die volkstümliche Dichtung des Mittelalters nicht weniger als für die raffinierte Lyrik des spanischen Goldenen Zeitalters. Mit der Emanzipation der lateinamerikanischen Länder vom alten kolonialen Zentrum brach im 19. Jahrhundert auch die Lyrik zu vielen neuen Ufern auf. Und diesseits wie jenseits des Atlantiks entwickelte die Lyrik in der Moderne eine unvergleichliche Kraft und Vielfalt. Die zweisprachige Anthologie präsentiert neben den Klassikern auch wunderbare Entdeckungen. Zwei Drittel der Gedichte wurden von den besten Übersetzer:innen neu übersetzt. Die Kommentare führen in Leben und Werk der Autor:innen ein und geben Erläuterungen zu den Gedichten. Diese Anthologie erschließt die spanischsprachige Lyrik in einer bislang nie erreichten historischen Tiefe und kulturellen Breite. Sie ist die Vermessung eines poetischen Kontinents.
Einzigartig: Eine vergleichbare Sammlung spanischsprachiger Lyrik gibt es selbst auf dem internationalen Buchmarkt nicht Über 2500 Seiten 200 Autor:innen aus 20 Ländern 30 Übersetzer:innen Spanien ist Gastland der Frankfurter Buchmesse 2022
Der einzigartige Reichtum der spanischsprachigen Lyrik ist hierzulande nur ansatzweise bekannt. Diese Anthologie leistet Pionierarbeit: In vier Bänden stellt sie die Glanz- und Höhepunkte einer Tradition vor, die vom mittelalterlichen Al-Andalus bis heute und von Spanien über Mexiko bis nach Argentinien reicht - in exzellenten Übersetzungen und mit knappen, hilfreichen Kommentaren. Eine Einladung zum Entdecken!
In der spanischsprachigen Literatur genießt die Lyrik ein besonderes Prestige. Das gilt für die volkstümliche Dichtung des Mittelalters nicht weniger als für die raffinierte Lyrik des spanischen Goldenen Zeitalters. Mit der Emanzipation der lateinamerikanischen Länder vom alten kolonialen Zentrum brach im 19. Jahrhundert auch die Lyrik zu vielen neuen Ufern auf. Und diesseits wie jenseits des Atlantiks entwickelte die Lyrik in der Moderne eine unvergleichliche Kraft und Vielfalt. Die zweisprachige Anthologie präsentiert neben den Klassikern auch wunderbare Entdeckungen. Zwei Drittel der Gedichte wurden von den besten Übersetzer:innen neu übersetzt. Die Kommentare führen in Leben und Werk der Autor:innen ein und geben Erläuterungen zu den Gedichten. Diese Anthologie erschließt die spanischsprachige Lyrik in einer bislang nie erreichten historischen Tiefe und kulturellen Breite. Sie ist die Vermessung eines poetischen Kontinents.
Einzigartig: Eine vergleichbare Sammlung spanischsprachiger Lyrik gibt es selbst auf dem internationalen Buchmarkt nicht Über 2500 Seiten 200 Autor:innen aus 20 Ländern 30 Übersetzer:innen Spanien ist Gastland der Frankfurter Buchmesse 2022
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Spanien war das Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Die Gunst der Stunde wurde genutzt, um in einem Schuber 2500 Seiten "Spanische und hispanoamerikanische Lyrik" vorzulegen. In seiner Besprechung des ersten Teils ("Von den Anfängen bis Fernando de Herrera"), schwelgt Rezensent Reinhard J. Brembeck selbst wortgewaltig in dieser "vierbändigen, zweisprachigen Monsteredition" mit "ungeschwätzig, hellsichtigen Kommentaren" und lockt mit langen Auszügen aus den barocken Gedichten. In all seinem Jubel für die Wortgewalt vergessener und bekannter Dichterinnen und Dichter, vergisst er auch die Übersetzer nicht, die hervorragende Arbeit geleistet hätten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.10.2022Festliche Prozession der allerschönsten Wörter
Phänomenal: Vier Bände mit spanischsprachiger Lyrik
Entwarnung, möchte man bei diesem Werk ausrufen. Habt keine Angst! Auch wenn es sich um vier dicke Bände mit spanischer und hispanoamerikanischer Lyrik handelt. Versuchen wir es eher mit einer Gebrauchsanweisung. Einmal, weil man dem poetischen Konzentrat von neunhundert Entwicklungsjahren einer Weltsprache mit insgesamt achthundert Gedichten unmöglich gerecht werden kann. Dann, weil es darin Autoren gibt, die bisher vor allem Eingeweihte gelesen haben. Und schließlich und vor allem, weil viele Menschen vor Gedichten eine Art Schwellenangst befällt, die ihnen - sofern sie nicht gleich in Unlust oder kribbelndes Unbehagen umschlägt - ungefähr Folgendes eingibt: Gedichte, namentlich ältere, sind nicht für jeden. Gedichte haben geheime Bedeutungen, die nur den "Kennern" zugänglich sind. Ohnehin muss man, so ein unausrottbarer Glaube, vor Versen Haltung annehmen. Aber welche?
Unser Vorschlag: erst ein bisschen Feierlichkeit, weil in dem Ganzen mehr als zehn Jahre Arbeit stecken. Dann völlig anarchische Stöber- und Wanderlust zwischen den Jahrhunderten, auf der Suche nach nichts anderem als Schönheit und Staunen. Denn die vier Bände aus dem Verlag C. H. Beck sind eine der herausragenden verlegerischen Leistungen des Jahres. Zwei Stiftungen sowie der Deutsche Übersetzerfonds und die Ludwig-Maximilians-Universität München haben geholfen, sie zu ermöglichen. Diese ordentlich schweren Bände, fein gedruckt und gebunden wie für die Ewigkeit, stehen nicht neben, sondern weit jenseits der herkömmlichen Literaturproduktion: ein Fest, ein Ereignis.
Herausgegeben wurden sie von Martin von Koppenfels, dem Münchner Romanisten, der, zusammen mit Horst Weich, im Besonderen die Bände 1 und 2 mit der älteren Lyrik betreut hat, während die Bände 3 und 4 von Susanne Lange und Petra Strien verantwortet wurden. Diese vier sowie deren zahlreiche Mithelfer, Anreger und Beiträger haben auch die exzellenten Biogramme (jeweils ein bis drei Seiten für jeden Dichter) verfasst, nützliche Anmerkungen geschrieben, für Querverweise gesorgt und Bibliographien erstellt.
Martin von Koppenfels, Susanne Lange und Petra Strien sind auch die produktivsten Übersetzer des durchgehend zweisprachig gehaltenen Werks, das auf gut 2500 Seiten mehr als zwei Drittel nagelneuer Übertragungen aufbietet, aber auch auf ältere Nachdichtungen zurückgreift. Es gibt also keine alles beherrschende Methode und kein Besserwissen, eher eine Mischung aus instinktivem Respekt und fröhlicher Neugier, vergleichbar einem Gang durch ein gewaltiges Museum, das niemals seine Säle schließt. Dass es sich bei dieser Großunternehmung auch um eine solidarische übersetzerische Gemeinschaftsleistung handelt, sollte nicht verschwiegen werden. Hier und da wird, wie beim Hüpfspiel, mit Pfeil und Seitenzahl auf andere Stellen, möglicherweise aus einem völlig anderen Jahrhundert, verwiesen, die ein ähnliches Thema, Motiv oder vergleichbare Metaphern bieten. In dieser Anthologie der flachen Hierarchien sprechen alle Dichtungen mit allen anderen.
Die älteste Übersetzung stammt von dem deutschen Barockdichter Quirinius Kuhlmann, der den Mystiker Johannes vom Kreuz übertrug (und später in Moskau als Ketzer verbrannt wurde) - in derselben Umgebung stehen auch Übersetzungen durch Stefan George und Susanne Lange. Und im Jahr 1646 übersetzte der Franke Georg Philipp Harsdörffer - auf Grundlage einer Übertragung des Barocktheoretikers Martin Opitz - Sonette aus dem Werk "Die verliebte Diana" des Spaniers Gaspar Gil Polo. Natürlich ging man damals viel freier mit dem Original um, als es heute üblich ist, sodass man Andreas Gryphius und die deutsche Barockdichtung hindurchhört: "Wann wir den schwartzen Tod gleich sehn vor Augen stehen / und sollen in den Wust des ärgsten Kerckers gehen / bringt doch die Gegenwart der Liebe Frölichkeit."
Die große Frage, die sich vor fremdsprachiger Lyrik immer wieder stellt - was es tauge, poetische Zeilen in Übersetzung zu lesen -, ist eigentlich keine, wenn man sich vom Perfektionsterror verabschiedet hat. Man nimmt eben, was man kriegen kann, genauso wie die Mehrheit von uns "Anna Karenina" liest. In diesem Werk darf man, Spanisch hin oder her, ruhig das Deutsche allein genießen: "Unsere Leben sind wie Ströme, / die da münden in ein Meer / namens Sterben; / all die stolzen Diademe / gehn dahin von alters her / und verderben." Martin von Koppenfels' Übertragung von Jorge Manriques um 1477 geschriebenen berühmten Strophen auf den Tod seines Vaters - eine "majestätische Trauerprozession der Worte" (Koppenfels), die insgesamt dreizehn Seiten umfasst und hier vollständig abgedruckt wird -, ist ein Muster an metrischer Geschmeidigkeit und dichterischem Erfindungsgeist.
Das Verhältnis zwischen spanischer und hispanoamerikanischer Lyrik ist einerseits von wechselseitiger Durchdringung, andererseits von kultureller Konkurrenz geprägt. Der Cervantes-Preis, Spaniens höchste literarische Auszeichnung, tut durch abwechselnde Vergabe nach Europa und Lateinamerika immer noch so, als wäre die Gewichtung egalitär. Die vorliegende Anthologie geht mit dem Problem kreativer um. Jeglicher Gedanke an nationale Repräsentanz ist obsolet, weil es sich auch bei den frühesten Zeugnissen um Produkte politisch-kultureller Durchmischung handelt. In den sogenannten "Chardschas" (Ausgänge) etwa schmuggelten Dichter im Al-Andalus des elften Jahrhunderts kurze Liebesgedichte in arabische und hebräische Lyrik. Heute weiß man, dass dies die ältesten Zeugnisse lyrischer Rede in einer romanischen Sprache überhaupt sind, und konsequenterweise stehen sie am Anfang, gefolgt vom galicisch-portugiesischen "Marienwunder" des Gonzalo de Berceo aus dem dreizehnten Jahrhundert und der Vorrede zu den Marienliedern von Alfons dem Weisen.
Natürlich ist der Weg zur spanischen Lyrik für ein deutsches Publikum etwas weiter als zur englischen oder französischen Dichtung (die bei Beck schon seit Langem ihre vierbändigen Anthologien haben), und die Überlieferung ist löcheriger. Darin liegt andererseits eine Chance. So gut begründet wie noch nie zuvor und auf dem neuesten Stand der Forschung werden die poetologischen Hauptlinien gezogen: von den Liederbüchern ("Cancioneros"), der Volksdichtung und den anonymen Versen bis zu den eleganten Sonetten des Garcilaso de la Vega, von den glutvollen Mystikern (Fray Luis de León, Teresa von Ávila, Johannes vom Kreuz) bis zu den Barockdichtern Cervantes, Góngora, Quevedo und Lope de Vega sowie - ein kräftiger Lichtstrahl aus der Neuen Welt - den Versen von Sor Juana Inés de la Cruz, die in Mexiko lebte. Das epigonale achtzehnte Jahrhundert fällt kaum ins Gewicht. Im neunzehnten dominieren dann der Romantiker Gustavo Adolfo Bécquer und die viel weniger bekannte Rosalía de Castro (1837 bis 1885), der dieselbe Seitenzahl eingeräumt wird. Die Sängerin Sheila Blanco hat diese und andere Frauen der spanischen Lyrik kürzlich vertont.
Góngoras erste "Soledad" (Einsamkeit) in der bemerkenswerten Neuübersetzung von Susanne Lange nimmt 506 Verse oder volle dreizehn Seiten ein. Damit wird auch äußerlich klar, dass wir es mit dem einflussreichsten spanischen Dichter zu tun haben, der mit seiner komplexen Lyrik aber bis heute, anders als "Don Quijote", nur in die hispanische Welt hineinwirkt. Dreihundert Jahre nach Góngoras Tod, 1927, versammelten sich einige Dichter in seinem Namen - Lorca, Cernuda, Alberti und andere - und hießen fortan "Generation von 27". In Lateinamerika entfaltete sich die Moderne dagegen auch als "neobarroco" und sandte frische poetische Impulse nach Spanien zurück. Übrigens nimmt der Anteil lateinamerikanischer Lyrik stetig zu, bis er in Band 4 etwa das Vierfache der spanischen Produktion beträgt.
Neben den erwartbar starken Akzenten - auf der Gründungsfigur José Martí, dann Rubén Darío, Pablo Neruda, César Vallejo, José Lezama Lima und Octavio Paz - sind hier besonders viele Entdeckungen zu machen. Von dem unglücklichen Argentinier Osvaldo Lamborghini (1940 bis 1985) gab es bisher keine einzige Zeile auf Deutsch, und Petra Strien würdigt ihn sowohl durch ihre Übersetzung als auch im Kommentar. Lamborghinis Landsmann Héctor Viel Tenderley (1933 bis 1987) mit seinen rätselhaften Philosophemen war hierzulande ebenfalls unbekannt, genau wie die poetischen Mini-Geschichten der Uruguayerin Marosa de Giorgio (1932 bis 2004). Oft sind es gemischte Herkünfte, die der lateinamerikanischen Poesie ihr modernes Gesicht geben - Migrantenleben zwischen der jüdischen Ukraine und Argentinien wie bei Juan Gelman oder Alejandra Pizarnik, ein kulturelles Amalgam zwischen Japanisch und Spanisch wie bei José Watanabe. Dass der Mexikaner José Emilio Pacheco völlig fehlt, mag erstaunen, ebenso wie die Abwesenheit der Spanier Claudio Rodríguez und Ángel González.
Ein Werk wie dieses ist die einzige Möglichkeit, den Abgrund zwischen der Universitätsphilologie und dem Lesepublikum zu überbrücken. Hier steht nämlich völlig außer Frage, welchen Sinn die ganze Fußnotenhuberei hat. Man darf innehalten, weiterschlendern oder in die Luft gucken. Man darf alles, denn hier stehen Wörter, die überdauern. In einer Anmerkung in Band 4 heißt es: "Eduardo Lizalde wurde bereits im Alter von zehn Jahren von seinem Vater, einem Ingenieur, Zeichner sowie Kunst- und Musikliebhaber, im Aufbau von Sonetten und Versmaßen unterrichtet." Ist das nicht wunderbar? Sonette. Versmaße. Kunst. Und Musik! PAUL INGENDAAY
"Spanische und hispanoamerikanische Lyrik".
Herausgegeben von Martin von Koppenfels. Aus dem Spanischen von Martin von Koppenfels, Susanne Lange, Petra Strien und anderen. Verlag C. H. Beck, München 2022.
4 Bände im Schuber, zus. 2641 S., geb., 149,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Phänomenal: Vier Bände mit spanischsprachiger Lyrik
Entwarnung, möchte man bei diesem Werk ausrufen. Habt keine Angst! Auch wenn es sich um vier dicke Bände mit spanischer und hispanoamerikanischer Lyrik handelt. Versuchen wir es eher mit einer Gebrauchsanweisung. Einmal, weil man dem poetischen Konzentrat von neunhundert Entwicklungsjahren einer Weltsprache mit insgesamt achthundert Gedichten unmöglich gerecht werden kann. Dann, weil es darin Autoren gibt, die bisher vor allem Eingeweihte gelesen haben. Und schließlich und vor allem, weil viele Menschen vor Gedichten eine Art Schwellenangst befällt, die ihnen - sofern sie nicht gleich in Unlust oder kribbelndes Unbehagen umschlägt - ungefähr Folgendes eingibt: Gedichte, namentlich ältere, sind nicht für jeden. Gedichte haben geheime Bedeutungen, die nur den "Kennern" zugänglich sind. Ohnehin muss man, so ein unausrottbarer Glaube, vor Versen Haltung annehmen. Aber welche?
Unser Vorschlag: erst ein bisschen Feierlichkeit, weil in dem Ganzen mehr als zehn Jahre Arbeit stecken. Dann völlig anarchische Stöber- und Wanderlust zwischen den Jahrhunderten, auf der Suche nach nichts anderem als Schönheit und Staunen. Denn die vier Bände aus dem Verlag C. H. Beck sind eine der herausragenden verlegerischen Leistungen des Jahres. Zwei Stiftungen sowie der Deutsche Übersetzerfonds und die Ludwig-Maximilians-Universität München haben geholfen, sie zu ermöglichen. Diese ordentlich schweren Bände, fein gedruckt und gebunden wie für die Ewigkeit, stehen nicht neben, sondern weit jenseits der herkömmlichen Literaturproduktion: ein Fest, ein Ereignis.
Herausgegeben wurden sie von Martin von Koppenfels, dem Münchner Romanisten, der, zusammen mit Horst Weich, im Besonderen die Bände 1 und 2 mit der älteren Lyrik betreut hat, während die Bände 3 und 4 von Susanne Lange und Petra Strien verantwortet wurden. Diese vier sowie deren zahlreiche Mithelfer, Anreger und Beiträger haben auch die exzellenten Biogramme (jeweils ein bis drei Seiten für jeden Dichter) verfasst, nützliche Anmerkungen geschrieben, für Querverweise gesorgt und Bibliographien erstellt.
Martin von Koppenfels, Susanne Lange und Petra Strien sind auch die produktivsten Übersetzer des durchgehend zweisprachig gehaltenen Werks, das auf gut 2500 Seiten mehr als zwei Drittel nagelneuer Übertragungen aufbietet, aber auch auf ältere Nachdichtungen zurückgreift. Es gibt also keine alles beherrschende Methode und kein Besserwissen, eher eine Mischung aus instinktivem Respekt und fröhlicher Neugier, vergleichbar einem Gang durch ein gewaltiges Museum, das niemals seine Säle schließt. Dass es sich bei dieser Großunternehmung auch um eine solidarische übersetzerische Gemeinschaftsleistung handelt, sollte nicht verschwiegen werden. Hier und da wird, wie beim Hüpfspiel, mit Pfeil und Seitenzahl auf andere Stellen, möglicherweise aus einem völlig anderen Jahrhundert, verwiesen, die ein ähnliches Thema, Motiv oder vergleichbare Metaphern bieten. In dieser Anthologie der flachen Hierarchien sprechen alle Dichtungen mit allen anderen.
Die älteste Übersetzung stammt von dem deutschen Barockdichter Quirinius Kuhlmann, der den Mystiker Johannes vom Kreuz übertrug (und später in Moskau als Ketzer verbrannt wurde) - in derselben Umgebung stehen auch Übersetzungen durch Stefan George und Susanne Lange. Und im Jahr 1646 übersetzte der Franke Georg Philipp Harsdörffer - auf Grundlage einer Übertragung des Barocktheoretikers Martin Opitz - Sonette aus dem Werk "Die verliebte Diana" des Spaniers Gaspar Gil Polo. Natürlich ging man damals viel freier mit dem Original um, als es heute üblich ist, sodass man Andreas Gryphius und die deutsche Barockdichtung hindurchhört: "Wann wir den schwartzen Tod gleich sehn vor Augen stehen / und sollen in den Wust des ärgsten Kerckers gehen / bringt doch die Gegenwart der Liebe Frölichkeit."
Die große Frage, die sich vor fremdsprachiger Lyrik immer wieder stellt - was es tauge, poetische Zeilen in Übersetzung zu lesen -, ist eigentlich keine, wenn man sich vom Perfektionsterror verabschiedet hat. Man nimmt eben, was man kriegen kann, genauso wie die Mehrheit von uns "Anna Karenina" liest. In diesem Werk darf man, Spanisch hin oder her, ruhig das Deutsche allein genießen: "Unsere Leben sind wie Ströme, / die da münden in ein Meer / namens Sterben; / all die stolzen Diademe / gehn dahin von alters her / und verderben." Martin von Koppenfels' Übertragung von Jorge Manriques um 1477 geschriebenen berühmten Strophen auf den Tod seines Vaters - eine "majestätische Trauerprozession der Worte" (Koppenfels), die insgesamt dreizehn Seiten umfasst und hier vollständig abgedruckt wird -, ist ein Muster an metrischer Geschmeidigkeit und dichterischem Erfindungsgeist.
Das Verhältnis zwischen spanischer und hispanoamerikanischer Lyrik ist einerseits von wechselseitiger Durchdringung, andererseits von kultureller Konkurrenz geprägt. Der Cervantes-Preis, Spaniens höchste literarische Auszeichnung, tut durch abwechselnde Vergabe nach Europa und Lateinamerika immer noch so, als wäre die Gewichtung egalitär. Die vorliegende Anthologie geht mit dem Problem kreativer um. Jeglicher Gedanke an nationale Repräsentanz ist obsolet, weil es sich auch bei den frühesten Zeugnissen um Produkte politisch-kultureller Durchmischung handelt. In den sogenannten "Chardschas" (Ausgänge) etwa schmuggelten Dichter im Al-Andalus des elften Jahrhunderts kurze Liebesgedichte in arabische und hebräische Lyrik. Heute weiß man, dass dies die ältesten Zeugnisse lyrischer Rede in einer romanischen Sprache überhaupt sind, und konsequenterweise stehen sie am Anfang, gefolgt vom galicisch-portugiesischen "Marienwunder" des Gonzalo de Berceo aus dem dreizehnten Jahrhundert und der Vorrede zu den Marienliedern von Alfons dem Weisen.
Natürlich ist der Weg zur spanischen Lyrik für ein deutsches Publikum etwas weiter als zur englischen oder französischen Dichtung (die bei Beck schon seit Langem ihre vierbändigen Anthologien haben), und die Überlieferung ist löcheriger. Darin liegt andererseits eine Chance. So gut begründet wie noch nie zuvor und auf dem neuesten Stand der Forschung werden die poetologischen Hauptlinien gezogen: von den Liederbüchern ("Cancioneros"), der Volksdichtung und den anonymen Versen bis zu den eleganten Sonetten des Garcilaso de la Vega, von den glutvollen Mystikern (Fray Luis de León, Teresa von Ávila, Johannes vom Kreuz) bis zu den Barockdichtern Cervantes, Góngora, Quevedo und Lope de Vega sowie - ein kräftiger Lichtstrahl aus der Neuen Welt - den Versen von Sor Juana Inés de la Cruz, die in Mexiko lebte. Das epigonale achtzehnte Jahrhundert fällt kaum ins Gewicht. Im neunzehnten dominieren dann der Romantiker Gustavo Adolfo Bécquer und die viel weniger bekannte Rosalía de Castro (1837 bis 1885), der dieselbe Seitenzahl eingeräumt wird. Die Sängerin Sheila Blanco hat diese und andere Frauen der spanischen Lyrik kürzlich vertont.
Góngoras erste "Soledad" (Einsamkeit) in der bemerkenswerten Neuübersetzung von Susanne Lange nimmt 506 Verse oder volle dreizehn Seiten ein. Damit wird auch äußerlich klar, dass wir es mit dem einflussreichsten spanischen Dichter zu tun haben, der mit seiner komplexen Lyrik aber bis heute, anders als "Don Quijote", nur in die hispanische Welt hineinwirkt. Dreihundert Jahre nach Góngoras Tod, 1927, versammelten sich einige Dichter in seinem Namen - Lorca, Cernuda, Alberti und andere - und hießen fortan "Generation von 27". In Lateinamerika entfaltete sich die Moderne dagegen auch als "neobarroco" und sandte frische poetische Impulse nach Spanien zurück. Übrigens nimmt der Anteil lateinamerikanischer Lyrik stetig zu, bis er in Band 4 etwa das Vierfache der spanischen Produktion beträgt.
Neben den erwartbar starken Akzenten - auf der Gründungsfigur José Martí, dann Rubén Darío, Pablo Neruda, César Vallejo, José Lezama Lima und Octavio Paz - sind hier besonders viele Entdeckungen zu machen. Von dem unglücklichen Argentinier Osvaldo Lamborghini (1940 bis 1985) gab es bisher keine einzige Zeile auf Deutsch, und Petra Strien würdigt ihn sowohl durch ihre Übersetzung als auch im Kommentar. Lamborghinis Landsmann Héctor Viel Tenderley (1933 bis 1987) mit seinen rätselhaften Philosophemen war hierzulande ebenfalls unbekannt, genau wie die poetischen Mini-Geschichten der Uruguayerin Marosa de Giorgio (1932 bis 2004). Oft sind es gemischte Herkünfte, die der lateinamerikanischen Poesie ihr modernes Gesicht geben - Migrantenleben zwischen der jüdischen Ukraine und Argentinien wie bei Juan Gelman oder Alejandra Pizarnik, ein kulturelles Amalgam zwischen Japanisch und Spanisch wie bei José Watanabe. Dass der Mexikaner José Emilio Pacheco völlig fehlt, mag erstaunen, ebenso wie die Abwesenheit der Spanier Claudio Rodríguez und Ángel González.
Ein Werk wie dieses ist die einzige Möglichkeit, den Abgrund zwischen der Universitätsphilologie und dem Lesepublikum zu überbrücken. Hier steht nämlich völlig außer Frage, welchen Sinn die ganze Fußnotenhuberei hat. Man darf innehalten, weiterschlendern oder in die Luft gucken. Man darf alles, denn hier stehen Wörter, die überdauern. In einer Anmerkung in Band 4 heißt es: "Eduardo Lizalde wurde bereits im Alter von zehn Jahren von seinem Vater, einem Ingenieur, Zeichner sowie Kunst- und Musikliebhaber, im Aufbau von Sonetten und Versmaßen unterrichtet." Ist das nicht wunderbar? Sonette. Versmaße. Kunst. Und Musik! PAUL INGENDAAY
"Spanische und hispanoamerikanische Lyrik".
Herausgegeben von Martin von Koppenfels. Aus dem Spanischen von Martin von Koppenfels, Susanne Lange, Petra Strien und anderen. Verlag C. H. Beck, München 2022.
4 Bände im Schuber, zus. 2641 S., geb., 149,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Es ist ein Werk anzuzeigen, ... dass es in deutscher Sprache in diesem Umfang, in dieser Qualität und in dieser Tiefe nie vorher gegeben hat. ... Schwere, sehr schöne, toll gebundene Bände, sorgfältig gemacht. ... Es geht darum, eine große Bandbreite von Stimmen und Deutungen zu versammeln. Ein unendlich anregendes Werk."
FAZ Bücherpodcast, Paul Ingendaay
"Fast alles, was man von Gedichten in spanischer Sprache wissen wollen kann, ist nun in einer monumentalen Anthologie versammelt. ... Die Edition 'Spanische und hispanomerikanische Lyrik' ist ein Lusterlebnis und Begegnung mit dem Magischen, Provokanten, Göttlichen."
Süddeutsche Zeitung, Reinhard J. Brembeck
"Versuchen wir es mit einer Gebrauchsanweisung ... erst ein bisschen Feierlichkeit, weil in dem Ganzen mehr als zehn Jahre Arbeit stecken. Dann völlig anarchische Stöber- und Wanderlust zwischen den Jahrhunderten, auf der Suche nach nichts anderem als Schönheit und Staunen. Denn die vier Bände aus dem Verlag C.H.Beck sind eine der herausragenden verlegerischen Leistungen des Jahres."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Paul Ingendaay
"Die vierbändige Anthologie ist in jeder Hinsicht überwältigend. ...Herausragend ist die zweisprachige Ausgabe zudem, da sie eine konzentrierte Erläuterung der Lyrik über 1000 Jahre hinweg liefert."
Frankfurter Rundschau, Martin Oehlen
"Vom Chile der Gegenwart ins Madrid von Karl V., aus einer neuen in eine sehr alte Welt: Das ist eine weite Fahrt. Ein Werk aus dem Verlag C.H.Beck nimmt uns mit auf diese Fahrt. Die zweisprachige Sammlung spanischsprachiger Lyrik ist ein Wahnsinnswerk, ein Meisterstück."
NZZ am Sonntag, Uwe Stolzmann
"Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass in jeder neuen Anthologie eine neue Generation mit weiterentwickelten Übersetzungsstandards die Bühne betritt."
Münchner Feuilleton, Kristian Wachinger
"Ein Prachtband"
SWR 2, Katharina Borchardt
"Die spannendste Neuerscheinung der Frankfurter Buchmesse. Ein Mammutprojekt des Verlags C.H.Beck."
Deutschlandfunk, Studio LCB, Tobias Lehmkuhl
"Eine der gefragtesten Übersetzerinnen der spanischen Sprache"
3sat Kulturzeit, Cécile Schortmann über Susanne Lange
"Für die Ewigkeit"
Kreuzer
"Eine literarische Höchstleistung"
Die Presse
"Grandios. Achthundert Gedichte vom Mittelalter bis zur Moderne werden zweisprachig zumeist in neuer Übersetzung vorgelegt und wissenschaftlich kommentiert."
Die Tagespost, Michael Karger
"Die vierbändige Anthologie bringt pralles Leben in Form von Lyrik. Im Lesen entdeckt man - ohne es gleich zu ahnen, wie einst Cristóbal Colón - einen Kontinent, stets fesselnde Landschaften der Poesie."
OE1 Ex libris, Peter Zimmermann
"Es ist eine literarische Höchstleistung. Ein überreicher Schatz an Poesie kann hier gehoben werden."
Münchner Merkur, Andreas Puff-Trojan
"Jeder Band ist einzeln erhältlich und in sich abgeschlossen. Aber das Gesamtwerk stellt einen wertvollen Zusammenhang der Literaturgeschichte dar."
Aachener Zeitung, Harald Loch
"Ein Mammutwerk und Meisterstück."
Neue Züricher Zeitung online
"Wissenschaftlich aufbereitet und opulent ausgestattet. Standardwerk meets Leselust!"
Weltempfaenger, Katharina Borchardt
"Von den Besten der Zunft übersetzt und überhaupt von so vielen kompetenten Menschen in jahrelanger Arbeit erstellt"
republik.ch, Daniel Graf
FAZ Bücherpodcast, Paul Ingendaay
"Fast alles, was man von Gedichten in spanischer Sprache wissen wollen kann, ist nun in einer monumentalen Anthologie versammelt. ... Die Edition 'Spanische und hispanomerikanische Lyrik' ist ein Lusterlebnis und Begegnung mit dem Magischen, Provokanten, Göttlichen."
Süddeutsche Zeitung, Reinhard J. Brembeck
"Versuchen wir es mit einer Gebrauchsanweisung ... erst ein bisschen Feierlichkeit, weil in dem Ganzen mehr als zehn Jahre Arbeit stecken. Dann völlig anarchische Stöber- und Wanderlust zwischen den Jahrhunderten, auf der Suche nach nichts anderem als Schönheit und Staunen. Denn die vier Bände aus dem Verlag C.H.Beck sind eine der herausragenden verlegerischen Leistungen des Jahres."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Paul Ingendaay
"Die vierbändige Anthologie ist in jeder Hinsicht überwältigend. ...Herausragend ist die zweisprachige Ausgabe zudem, da sie eine konzentrierte Erläuterung der Lyrik über 1000 Jahre hinweg liefert."
Frankfurter Rundschau, Martin Oehlen
"Vom Chile der Gegenwart ins Madrid von Karl V., aus einer neuen in eine sehr alte Welt: Das ist eine weite Fahrt. Ein Werk aus dem Verlag C.H.Beck nimmt uns mit auf diese Fahrt. Die zweisprachige Sammlung spanischsprachiger Lyrik ist ein Wahnsinnswerk, ein Meisterstück."
NZZ am Sonntag, Uwe Stolzmann
"Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass in jeder neuen Anthologie eine neue Generation mit weiterentwickelten Übersetzungsstandards die Bühne betritt."
Münchner Feuilleton, Kristian Wachinger
"Ein Prachtband"
SWR 2, Katharina Borchardt
"Die spannendste Neuerscheinung der Frankfurter Buchmesse. Ein Mammutprojekt des Verlags C.H.Beck."
Deutschlandfunk, Studio LCB, Tobias Lehmkuhl
"Eine der gefragtesten Übersetzerinnen der spanischen Sprache"
3sat Kulturzeit, Cécile Schortmann über Susanne Lange
"Für die Ewigkeit"
Kreuzer
"Eine literarische Höchstleistung"
Die Presse
"Grandios. Achthundert Gedichte vom Mittelalter bis zur Moderne werden zweisprachig zumeist in neuer Übersetzung vorgelegt und wissenschaftlich kommentiert."
Die Tagespost, Michael Karger
"Die vierbändige Anthologie bringt pralles Leben in Form von Lyrik. Im Lesen entdeckt man - ohne es gleich zu ahnen, wie einst Cristóbal Colón - einen Kontinent, stets fesselnde Landschaften der Poesie."
OE1 Ex libris, Peter Zimmermann
"Es ist eine literarische Höchstleistung. Ein überreicher Schatz an Poesie kann hier gehoben werden."
Münchner Merkur, Andreas Puff-Trojan
"Jeder Band ist einzeln erhältlich und in sich abgeschlossen. Aber das Gesamtwerk stellt einen wertvollen Zusammenhang der Literaturgeschichte dar."
Aachener Zeitung, Harald Loch
"Ein Mammutwerk und Meisterstück."
Neue Züricher Zeitung online
"Wissenschaftlich aufbereitet und opulent ausgestattet. Standardwerk meets Leselust!"
Weltempfaenger, Katharina Borchardt
"Von den Besten der Zunft übersetzt und überhaupt von so vielen kompetenten Menschen in jahrelanger Arbeit erstellt"
republik.ch, Daniel Graf