Die dramatische Spannung ist ein Gütezeichen jeder medialen Unterhaltung schlechthin und ein entscheidendes Kriterium bei der vorgängigen und nachträglichen Beurteilung insbesondere des filmischen Unterhaltungsangebots. Alfred Hitchcock hat es als Regisseur eines prae-digitalen Filmzeitalters stets meisterhaft verstanden, seine Zuschauer allein mit den Mitteln eines raffinierten Erzähldiskurses und namentlich einer geschickten Inszenierung von suspense nachhaltig in Atem zu halten. Seine Technik der Spannungserzeugung beruht auf einer subtilen Art der Informationsverteilung, die sich durch den Aufbau eines auktorialen Wissensvorsprungs gegenüber dem Protagonisten auszeichnet, und den Zuschauer angesichts der ahnungslos bedrohten Figur unmittelbar ins Geschehen hineinzieht. Hitchcock spielt in seinen Filmklassikern aber umgekehrt auch mit dem Unwissen und Zweifel des Publikums und nutzt dessen Informationsmangel gezielt zur Etablierung angstvoller Erwartungen und unvorhersehbarer Wendungen der Geschichte. Diese unterschiedlichen Strategien der Spannungserzeugung bilden den Hauptgegenstand und zugleich Ausgangspunkt der vorliegenden Studie. Der erste Teil des Bandes enthält eine Einführung in die aktuelle Spannungsforschung und eine Diskussion der werkorientierten und psychologischen Begriffe der dramatischen Spannung sowie einen Überblick über die allgemeinen Grundelemente des Erzähldiskurses und die vielseitigen Variationsformen von suspense, surprise und mystery im Besonderen. Der zweite Teil befaßt sich vertieft mit der auktorialen Erzählweise und den Modalitäten der asymmetrischen Informationsverteilung und analysiert anhand von konkreten Filmbeispielen deren Einfluß auf die Struktur und psychologische Wirkung des Spannungsaufbaus in Hitchcock's Filmgeschichten. Am Beispiel u.a. der Krimiserie Columbo und des Comedy-Klassikers Laurel & Hardy werden sodann weitere Anwendungsmöglichkeiten dieser Diskursstrategie außerhalb des Thriller-Genres dargelegt und kategorisiert.