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Mit zähnefletschendem Humor und amoklaufenden Phantasien erzählt der Roman "SPASS" von dem jungen, vaterlosen Ian, der unter den Einfluß von Broadhurst gerät, einem zynisch-jovialen, undurchsichtigen Geschäftsmann. Zur Ausbildung gehören halluzinatorische Exkurse in ein Bestiarium des Grauens. So wird Ian zum Feinschmecker des Bösen und bekennender Sadist. "Dreckig-magischer Realismus. Und ein Riesenspaß." (Cosmopolitan)

Produktbeschreibung
Mit zähnefletschendem Humor und amoklaufenden Phantasien erzählt der Roman "SPASS" von dem jungen, vaterlosen Ian, der unter den Einfluß von Broadhurst gerät, einem zynisch-jovialen, undurchsichtigen Geschäftsmann. Zur Ausbildung gehören halluzinatorische Exkurse in ein Bestiarium des Grauens. So wird Ian zum Feinschmecker des Bösen und bekennender Sadist. "Dreckig-magischer Realismus. Und ein Riesenspaß." (Cosmopolitan)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.1997

Im Land der Kinderwitze
Gruseln macht Spaß: Will Self legt die postmoderne Leimrute aus

Spaß muß sein. Das klingt wie eine Drohung. Will Self, ein schon recht erfolgreicher junger Londoner Autor, macht sie in seinem ersten Roman wahr. Er setzt auf Exzentrik. "My Idea of Fun" - so der Titel der Originalausgabe - sei der ekligste Roman, den er jemals gelesen habe, bemerkte ein englischer Kritiker und wollte das als Lob verstanden wissen. Der deutsche Verlag entdeckt in "SPASS" einen dreckigen magischen Realismus. Ein dicker Glatzkopf, Babyface mit Schmollmund, blickt uns vom Cover an - jovial oder böse, ein Mensch oder eine aufgeblasene Puppe?

Wer so mit uns spaßen will, muß gleich zur Sache kommen. Die harmlose Partyfrage, was für ihn Spaß sei, löst bei dem Helden des Romans einen psychotischen Schub aus. Ian Wharton, ein junger, erfolgreicher, eben verheirateter Londoner Marketingexperte, gerät auf die Nachtseite seiner Existenz. Da der Party-Smalltalk weitergeht und seine Frau ahnungslos ist, muß er uns das Fürchterliche selbst enthüllen: Er, "des Satans Schüler", hat gemordet und eine Reihe anderer Abscheulichkeiten begangen - das alles ohne Motiv, just for fun.

Mit dem schlimmsten, ekligsten seiner Vergehen kommt er uns sofort. Er hat einen Penner in der U-Bahn geköpft und sich an dem Toten sexuell vergangen. Self mildert Schock und Zumutung freilich durch die aufgekratzte, ungerührte Suada, die er seinem Helden mitgibt. Auch in den weiteren Wechselbädern hält uns der auftrumpfende Witz bei Laune. Nicht immer auch die Variation bekannter Motive: Der Spazierstock, aus dem eine Giftspritze kommt, ist schon ziemlich abgehangen. Immerhin, unser Held ist wenigstens kein Dummkopf. Er lebt wesentlich von des Autors Witz und Intelligenz - und die deutsche Fassung von Klaus Berrs kongenialer Übersetzung.

Ganz hält Will Self den Impetus seines Anfangs nicht durch. Schnell kriegen wir mit, daß Whartons Konfessionen nicht wörtlich zu nehmen sind. Seine Beichte gilt eingebildeten Taten, was dann auch ihren zynischen Ton erklärt. Wir lesen seine Geschichte als einen komisch-katastrophischen Bildungsroman, versetzt mit einer krausen Mischung von Magie, Soziologie und Psychoanalyse.

Ian Wharton wächst vaterlos auf, und ein Freund der Mutter, der massige Mr. Broadhurst, wird ihm Erzieher und dämonischer Psychagog. Dieser "Magus des Alltäglichen" macht ihn mit den Geheimnissen der schwarzen Magie, der Ware und des Geldes bekannt, zudem mit Idee und Praxis des Verbrechens ohne Motiv. Er tritt offenbar in zwei weiteren Varianten auf, als der schwerreiche Mr. Northcliffe und als der Dicke Kontrolleur - der ins Böse verzerrte Wiedergänger aus einer in der angelsächsischen Welt populären Kinderbuchserie. Man ist auch nicht überrascht, daß selbst Broadhursts Gegenspieler, der Pychiater Dr. Gyggle, sich schließlich im Bunde mit dem Bösen zeigt. Aber was heißt schon "böse" in diesem Roman?

Auch die quasi albtraumhaften Passagen sind nämlich Selfs "Idea of Fun" verpflichtet, eher Grusel als Schrecken. Hermann Hesse mußte seinen Steppenwolf zur kathartischen Behandlung in ein "Magisches Theater" schicken - Whartons Limbus ist das eher komische "Land der Kinderwitze", und sein Dicker Kontrolleur verrät seine Herkunft von der Insel Sodor, wo die Lokomotiven Menschengesichter haben.

Self, der so viele Motive verquickt, weiß aber am Schluß nicht recht, wo es mit seinem Helden hinaus soll. Wie um den seriösen Leser zu befriedigen, liefert er eine etwas verspätete Kritik an Warenwelt und Kapitalismus. Er prunkt mit Zitaten von Nietzsche, de Quincey und aus dem Hexenhammer. Aber eben sie zeigen, daß Selfs Horror nicht echt, sondern synthetisch ist. Aber was wollen wir denn? Einen neuen Faust? Wir sind dem Autor vierhundert Seiten lang auf seinen virtuos verstrichenen postmodernen Leim gegangen. Auch wenn er nicht bis zum Ende vorhielt: "SPASS" mußte sein. HARALD HARTUNG

Will Self: "SPASS". Roman. Luchterhand Literaturverlag, München 1997. 413 S., geb. 42,- DM.

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