Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.1997Spurensuche
"Spaziergänge durch Lessings Wolfenbüttel" von Paul Raabe. Arche Verlag, Zürich/Hamburg 1997. 174 Seiten, zahlreiche Schwarzweißabbildungen. Broschiert, 32 Mark. ISBN 3-7160-2228-1.
Der Skandal begab sich am 8. August 1887: An diesem Tag wurde die Bibliotheksrotunde der "Bibliotheka Augusta" zu Wolfenbüttel abgerissen, nach und nach wurden die Balken des mächtigen Zentralbaus herausgebrochen, und "nach einigen Wochen sah man nur noch gewaltige Steinberge", wie eine Augenzeugin schrieb. Gewiß, die Bibliothek Lessings war Ende des neunzehnten Jahrhunderts baufällig geworden, und doch befällt den Betrachter der alten Gemälde Wehmut angesichts der Zerstörung dieses ebenso schönen wie für die deutsche Geistesgeschichte überaus wichtigen Gebäudes. Leider muß sich der Stadtwanderer, der sich gemeinsam mit Paul Raabe auf die vier vorgeschlagenen Spaziergänge durch Wolfenbüttel begibt, allzu viele der Gebäude, um die es in diesem Band geht, vorstellen. Immer wieder verweisen Anmerkungen wie "hier stand das abgebrochene Wohnhaus von . . ." darauf, daß die Bauzeugnisse dem Abriß zum Opfer fielen. So wird der Gang durch die alte Fürstenstadt, die schon zu Lessings Zeiten ihre politische Bedeutung eingebüßt hatte, zu einer eher virtuellen Reise, die freilich auch angesichts vieler Bausünden spannende und unterhaltsame Erkenntnisse bereithält. Denn nicht allein Lessing, sondern auch Wilhelm Raabe und Wilhelm Busch wirkten hier. Letzterer freilich gestand einer Brieffreundin: "Wolfenbüttel ficht mich wenig an" und zog es vor, vor den Stadttoren in einem Forsthaus Aufenthalt zu nehmen. Auch dorthin führt eine der Touren, die vor allem eine Reise in die Vergangenheit einer typisch deutschen Provinzstadt sind. (mab)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Spaziergänge durch Lessings Wolfenbüttel" von Paul Raabe. Arche Verlag, Zürich/Hamburg 1997. 174 Seiten, zahlreiche Schwarzweißabbildungen. Broschiert, 32 Mark. ISBN 3-7160-2228-1.
Der Skandal begab sich am 8. August 1887: An diesem Tag wurde die Bibliotheksrotunde der "Bibliotheka Augusta" zu Wolfenbüttel abgerissen, nach und nach wurden die Balken des mächtigen Zentralbaus herausgebrochen, und "nach einigen Wochen sah man nur noch gewaltige Steinberge", wie eine Augenzeugin schrieb. Gewiß, die Bibliothek Lessings war Ende des neunzehnten Jahrhunderts baufällig geworden, und doch befällt den Betrachter der alten Gemälde Wehmut angesichts der Zerstörung dieses ebenso schönen wie für die deutsche Geistesgeschichte überaus wichtigen Gebäudes. Leider muß sich der Stadtwanderer, der sich gemeinsam mit Paul Raabe auf die vier vorgeschlagenen Spaziergänge durch Wolfenbüttel begibt, allzu viele der Gebäude, um die es in diesem Band geht, vorstellen. Immer wieder verweisen Anmerkungen wie "hier stand das abgebrochene Wohnhaus von . . ." darauf, daß die Bauzeugnisse dem Abriß zum Opfer fielen. So wird der Gang durch die alte Fürstenstadt, die schon zu Lessings Zeiten ihre politische Bedeutung eingebüßt hatte, zu einer eher virtuellen Reise, die freilich auch angesichts vieler Bausünden spannende und unterhaltsame Erkenntnisse bereithält. Denn nicht allein Lessing, sondern auch Wilhelm Raabe und Wilhelm Busch wirkten hier. Letzterer freilich gestand einer Brieffreundin: "Wolfenbüttel ficht mich wenig an" und zog es vor, vor den Stadttoren in einem Forsthaus Aufenthalt zu nehmen. Auch dorthin führt eine der Touren, die vor allem eine Reise in die Vergangenheit einer typisch deutschen Provinzstadt sind. (mab)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main