Der Schweizer Franz Hohler (1943 in Biel geboren) ist einer der bedeutendsten Erzähler seines Landes. Dabei gilt er besonders als Meister der Kurzprosa. Sein Werk erscheint seit über dreißig Jahren im Luchterhand Verlag, wie im Vorjahr sein Erzählband „Der Stein“.
Nun ist im Luchterhand Verlag
sein neuer Prosaband „Spaziergänge“ erschienen. Wie es mitunter passiert: an einem x-beliebigen Tag…mehrDer Schweizer Franz Hohler (1943 in Biel geboren) ist einer der bedeutendsten Erzähler seines Landes. Dabei gilt er besonders als Meister der Kurzprosa. Sein Werk erscheint seit über dreißig Jahren im Luchterhand Verlag, wie im Vorjahr sein Erzählband „Der Stein“.
Nun ist im Luchterhand Verlag sein neuer Prosaband „Spaziergänge“ erschienen. Wie es mitunter passiert: an einem x-beliebigen Tag fasst man einen Entschluss und zieht dieses Vorhaben dann unbeirrt durch. Bei Franz Hohler war es der 12. März 2010, als er be-schloss, ein Jahr lang jede Woche irgendwohin zu gehen, mit anderen Worten, wöchentlich einen Spaziergang zu machen.
Und als Schriftsteller notiert man dabei natürlich seine Eindrücke und Gedanken. So sind 52 Texte entstanden, in denen Hohler schildert, was er bei diesen Spaziergängen gesehen hat und was ihm beim Gehen widerfahren und aufgefallen ist. Dabei sind es keine Sehenswürdigkeiten oder Baudenkmäler, die seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sondern Alltagsdinge links und rechts des Weges.
Manchmal sind es Spaziergänge durch die Natur seiner Züricher Umgebung, vorbei an Wasserfällen, Bergseen oder Weinbergen. Beim nächsten Mal geht es vorbei an alten Fabrikhallen, durch lange Betonunterführungen oder entlang von Schallschutzwänden. Selbst bei einem Einkaufsbummel zum IKEA-Möbelhaus entdeckt er Dinge, die des Aufschreibens wert sind.
Hohler ist aber nicht nur in Zürich oder der Umgebung unterwegs, auch im Urlaub hält er an seinem wöchentlichen Vorsatz fest. Meist unternimmt er die Spaziergänge allein, manchmal wird er von seiner Frau oder seinem älteren Sohn begleitet. Mitunter scheint der Spaziergänger ziellos zu sein, denn er bricht einfach in eine Himmelsrichtung auf, doch dann findet er immer wieder ein lohnendes Ziel, das seine Neugier weckt
Franz Hohler beschreibt seine Spaziergänge mit einem ganz persönlichen Blick, der nicht nur die "schönen" Orte erfasst, sondern auch interessante Nebensächlichkeiten und Kuriositäten erspäht. Mit seinen Beobachtungen möchte der Autor unseren Blick schulen für die scheinbaren Belanglosigkeiten, die uns ständig begegnen.
Fazit: „Spaziergänge“ ist ein wunderbar erzähltes Buch, voller Poesie und feiner Beobachtungen. Die 158 Seiten lehren das neugierige Hinsehen.
Manfred Orlick