Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.2007Die Gimmick-Bibliothek
Mit Badepistolen und Fresskrokos: Bücher für die Kleinsten
Was sind das eigentlich für Bücher, denen die kleinsten Menschen am Anfang ihres Lebens so begegnen? Die Frühjahrsnovitäten belegen ein gewisses Misstrauen gegen das klassische, einfache, gimmickfreie Kinderbuch. Viele Neuerscheinungen haben mindestens eine Besonderheit, die das Buch zum Versteckspiel, zur Fingertheatervorstellung, zur Spritzpistole oder zum Schreckenskrokodil verwandelt. Vorbereitungen auf eine multimediale Zukunft, in denen sich die Leser bald schon vom Buch abwenden werden. Einfach so Buch - damit hat man wohl Angst, die Kleinsten zu langweilen und als Buchfreunde der Zukunft zu verlieren.
Allerdings sind es zum Teil auch sehr großartige Ideen, die diese Anfängerbücher in Ereignisbücher verwandeln. "Ich kann spritzen", verkündet der stolze Elefant, der mit den Beinen in einem Babyplanschbecken steht, schon auf der Titelseite des Schwimm-Bandes "Mein Badebuch". Denn in das, aus weichem, badefesten Gummi gemacht, ist eine Spritzpistole eingelassen, gleich in die erste Seite: Auf der Rückseite der Aufschlagseite sieht man eine "(Spritz-)Maus" mit einem Schlauch. Und am Ende des Schlauches ist der Ausgang der Wasserdüse, und man kann also Wasser hineinlassen und unter großem Jauchzen wieder herauspressen.
Ein Schießbuch für die Badewanne - sensationell. Aber das eigentliche Ereignis für den kleinen Rezensenten war in den unterschiedlichsten Rezensionssituationen doch das Buch. Auch ohne Pistoleneffekt. Halbstundenlang kann man es von unten nach oben betrachten, es versenken, das "(Meer-)Schwein" ansehen, anknabbern, dem Betreuungspersonal auf die Nase klatschen und noch viel mehr. Ein tolles Buch.
Jo Lodges sogenanntes Pop-up-Buch "Wie spät ist es, kleiner Schnapp?" glänzt dagegen durch ein eifrig hervorspringendes Krokodil, in Aufstehsituation, beim ersten Kakao und beim Zähneputzen. Überall kann man an einem Pfeil ziehen, und das Krokodil bewegt sich in die jeweilige Tagessituation hinein, bis es am Ende - "Essenszeit!" - als wahres Speisemonster dem erschrockenen Kleinleser mit offenem Maul ins Gesicht springt.
Das Versteckspielbuch "Kuckuck, wo bist du?" ist wahnsinnig liebevoll gemacht. Auf den Wiesen, in den Teichen, auf den Feldern des Buches: Überall hat sich ein Suchtier versteckt. Nein, viele Tiere sind hinter kaum sichtbaren Verstecken verborgen, das entscheidende, das gesuchte, ist besonders gut versteckt. Überall gibt es was zu klappen und aufzudecken. Leider stehen die Pappabdeckungen der Verstecke nach nur wenigen Aufklappvorgängen schon so weit ab, dass kein wirkliches Suchen mehr nötig ist. Aber die Freude übers Finden bleibt eigentlich gleich.
Und schließlich das Fingerpuppentheaterbuch "Spiel mit Fridolin Frosch". Während man sich noch darüber ärgert, dass nun wirklich jeder Frosch heutzutage Fridolin heißen muss, freut man sich schon über den Maulwurf Manfred und Helmut, die Schildkröte. Die Bilder des Buches sind schön, freundlich und bunt, die gedichteten Texte sind eher lieblos in Quälreimen verfasst. Mit den dazugelieferten Fingerfiguren kann man das Geschehen sofort nachspielen. Aber auch hier ist das Buch allein eigentlich bunt genug, um Spaß zu haben. Die Fingerkameraden tanzen die Aufmerksamkeit rasend schnell wieder fort.
VOLKER WEIDERMANN
Martina Leykamm: "Mein Badebuch". Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 2007. 8 S., geb., 6,90 [Euro].
Jo Lodge: "Wie spät ist es, kleiner Schnapp?" NordSüdVerlag, Zürich 2007. 22 S., geb., 9,80 [Euro].
Anna Weller, Sabine Cuno: "Spiel mit Fridolin Frosch". Mit fünf Fingerpuppen. Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2007. 10 S., geb., 9,95 [Euro].
Dorothea Ackroyd: "Kuckuck, wo bist du?" Ars Edition, München 2007. 12 S., geb., 12,95 [Euro]. Alle Titel ab 2 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mit Badepistolen und Fresskrokos: Bücher für die Kleinsten
Was sind das eigentlich für Bücher, denen die kleinsten Menschen am Anfang ihres Lebens so begegnen? Die Frühjahrsnovitäten belegen ein gewisses Misstrauen gegen das klassische, einfache, gimmickfreie Kinderbuch. Viele Neuerscheinungen haben mindestens eine Besonderheit, die das Buch zum Versteckspiel, zur Fingertheatervorstellung, zur Spritzpistole oder zum Schreckenskrokodil verwandelt. Vorbereitungen auf eine multimediale Zukunft, in denen sich die Leser bald schon vom Buch abwenden werden. Einfach so Buch - damit hat man wohl Angst, die Kleinsten zu langweilen und als Buchfreunde der Zukunft zu verlieren.
Allerdings sind es zum Teil auch sehr großartige Ideen, die diese Anfängerbücher in Ereignisbücher verwandeln. "Ich kann spritzen", verkündet der stolze Elefant, der mit den Beinen in einem Babyplanschbecken steht, schon auf der Titelseite des Schwimm-Bandes "Mein Badebuch". Denn in das, aus weichem, badefesten Gummi gemacht, ist eine Spritzpistole eingelassen, gleich in die erste Seite: Auf der Rückseite der Aufschlagseite sieht man eine "(Spritz-)Maus" mit einem Schlauch. Und am Ende des Schlauches ist der Ausgang der Wasserdüse, und man kann also Wasser hineinlassen und unter großem Jauchzen wieder herauspressen.
Ein Schießbuch für die Badewanne - sensationell. Aber das eigentliche Ereignis für den kleinen Rezensenten war in den unterschiedlichsten Rezensionssituationen doch das Buch. Auch ohne Pistoleneffekt. Halbstundenlang kann man es von unten nach oben betrachten, es versenken, das "(Meer-)Schwein" ansehen, anknabbern, dem Betreuungspersonal auf die Nase klatschen und noch viel mehr. Ein tolles Buch.
Jo Lodges sogenanntes Pop-up-Buch "Wie spät ist es, kleiner Schnapp?" glänzt dagegen durch ein eifrig hervorspringendes Krokodil, in Aufstehsituation, beim ersten Kakao und beim Zähneputzen. Überall kann man an einem Pfeil ziehen, und das Krokodil bewegt sich in die jeweilige Tagessituation hinein, bis es am Ende - "Essenszeit!" - als wahres Speisemonster dem erschrockenen Kleinleser mit offenem Maul ins Gesicht springt.
Das Versteckspielbuch "Kuckuck, wo bist du?" ist wahnsinnig liebevoll gemacht. Auf den Wiesen, in den Teichen, auf den Feldern des Buches: Überall hat sich ein Suchtier versteckt. Nein, viele Tiere sind hinter kaum sichtbaren Verstecken verborgen, das entscheidende, das gesuchte, ist besonders gut versteckt. Überall gibt es was zu klappen und aufzudecken. Leider stehen die Pappabdeckungen der Verstecke nach nur wenigen Aufklappvorgängen schon so weit ab, dass kein wirkliches Suchen mehr nötig ist. Aber die Freude übers Finden bleibt eigentlich gleich.
Und schließlich das Fingerpuppentheaterbuch "Spiel mit Fridolin Frosch". Während man sich noch darüber ärgert, dass nun wirklich jeder Frosch heutzutage Fridolin heißen muss, freut man sich schon über den Maulwurf Manfred und Helmut, die Schildkröte. Die Bilder des Buches sind schön, freundlich und bunt, die gedichteten Texte sind eher lieblos in Quälreimen verfasst. Mit den dazugelieferten Fingerfiguren kann man das Geschehen sofort nachspielen. Aber auch hier ist das Buch allein eigentlich bunt genug, um Spaß zu haben. Die Fingerkameraden tanzen die Aufmerksamkeit rasend schnell wieder fort.
VOLKER WEIDERMANN
Martina Leykamm: "Mein Badebuch". Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 2007. 8 S., geb., 6,90 [Euro].
Jo Lodge: "Wie spät ist es, kleiner Schnapp?" NordSüdVerlag, Zürich 2007. 22 S., geb., 9,80 [Euro].
Anna Weller, Sabine Cuno: "Spiel mit Fridolin Frosch". Mit fünf Fingerpuppen. Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2007. 10 S., geb., 9,95 [Euro].
Dorothea Ackroyd: "Kuckuck, wo bist du?" Ars Edition, München 2007. 12 S., geb., 12,95 [Euro]. Alle Titel ab 2 J.
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