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Federico Garcia Lorca befasste sich in zahlreichen Gedichten mit dem Flamenco und veranstaltete zusammen mit dem Komponisten Manuel de Falla 1922 in Granada den berühmt gewordenen Flamenco-Wettbewerb (Concurso de cante jondo). Das Festival konnte sich nicht etablieren, aber ein neues Interesse am Flamenco fördern. Maßgeblich für den von Lorca favorisierten cante jondo - der ernsthafte, feierlich melancholische Gesang - ist der duende als magischer Höhepunkt des Flamencos. Lorca erläutert dieses Phänomen als eine beinahe dämonische Seite der Kunst, etwas, das in den Bann zu ziehen und mit der…mehr

Produktbeschreibung
Federico Garcia Lorca befasste sich in zahlreichen Gedichten mit dem Flamenco und veranstaltete zusammen mit dem Komponisten Manuel de Falla 1922 in Granada den berühmt gewordenen Flamenco-Wettbewerb (Concurso de cante jondo). Das Festival konnte sich nicht etablieren, aber ein neues Interesse am Flamenco fördern. Maßgeblich für den von Lorca favorisierten cante jondo - der ernsthafte, feierlich melancholische Gesang - ist der duende als magischer Höhepunkt des Flamencos. Lorca erläutert dieses Phänomen als eine beinahe dämonische Seite der Kunst, etwas, das in den Bann zu ziehen und mit der Seele zu spielen vermag.In einem Vortrag, den er am 20. Oktober 1933 vor der Asociación Amigos del Arte in Buenos Aires hielt, stellte er sein einflussreiches ästhetisches Manifest "Theorie und Spiel des Duende" vor, das nun erstmalig auch vollständig in deutscher Übersetzung vorliegt.Ein Projekt in Kooperation mit den UNESCO Cities of Literature Granada und Heidelberg.
Autorenporträt
geboren 1898 in Fuente Vaqueros, Provinz Granada, gestorben 1936 Víznar nahe Granada, gilt als einer der bedeutendsten Autoren, die Spanien im 20. Jahrhundert hervorgebracht hat. Er hat nicht nur als Lyriker und Dramatiker bis heute großen Einfluss, sondern hat sich darüber hinaus auch als Musiker, Zeichner und Vortagsredner einen Namen gemacht. Kurz nach Beginn des Spanischen Bürgerkriegs wurde er von den Franquisten ermordet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ganz hingerissen ist der Rezensent Tobias Lehmkuhl von diesem Vortrag Federico García Lorcas, der nach neunzig Jahren endlich, endlich auch ins Deutsche übertragen wurde: Lorca, eine Lichtgestalt der spanischen Literatur, ist von den Faschisten, die ihm sein Schwul- und Linkssein vorwarfen, viel zu früh aus dem Leben gerissen worden, weiß und bedauert Lehmkuhl. Umso schöner also, dass es noch etwas Neues zu entdecken gibt. Der Text, verrät er, bringt dem Lesepublikum das begrifflich kaum fassbare Phänomen des Duende anhand des Beispiels einer Flamencosängerin nahe, die, von Wut getrieben, nicht mehr auf künstlerische Perfektion aus ist, sondern auf Wahrhaftigkeit. Diese Wahrhaftigkeit hat eine "dunkle Kraft", mit der man kämpfen muss, die aber auch neue Tiefen der Kunst aushebt, auch beispielsweise bei Bach - und in dem Aufsatz selbst, wie der Kritiker beeindruckt feststellt. Mit diesem kurzen Text und seiner Überzeugungskraft ließen sich, so schließt er, "mühelos ganze Romanbibliotheken in Asche legen".

© Perlentaucher Medien GmbH
»Es liegt dabei im Wesen des Duende, dass er sich begrifflich nicht fassen lässt. Aber auch Lorcas Text, so meint man, entspringt dem Duende: So mitreißend und glühend ist dieser Essay, dass er mühelos ganze Romanbibliotheken in Asche legen könnte.« Tobias Lehmkuhl, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.06.2023

Mit den Fäusten malen

Zentralbegriff seines Lebens und Werks: Federico García Lorcas Vortrag "Spiel und Theorie des Duende" erscheint auf Deutsch.

Niemals werde er jene Nacht Anfang der Zwanzigerjahre vergessen, schreibt der Dichter Rafael Alberti in seinen Memoiren, in der er zum ersten Mal Federico García Lorca begegnete. Schon damals, als er gerade seinen ersten Gedichtband veröffentlicht hatte, habe Lorca unter den Künstlern in Madrid großes Ansehen genossen, unentwegt rezitierte er Gedichte, scherzte, sang und begleitete sich dabei selbst am Klavier - ein durch und durch faszinierender Mensch: "An dem ganzen Federico war etwas Magisches, Unwiderstehliches - duende, das gewisse Etwas. Wie sollte man ihn je wieder vergessen, wenn man ihn einmal gesehen und gehört hatte!"

Das war lange bevor Lorca durch seine Ermordung zu Beginn des Spanischen Bürgerkriegs zu einem Mythos, zu einer Art Heiligenfigur wurde. Wie bei anderen früh gestorbenen Künstlern überkommt einen noch fast hundert Jahre später Wehmut bei dem Gedanken, was sein Tod für einen Verlust bedeutete, denn jedes seiner bis zu jenem fatalen Tag in Granada im Jahr 1936 erschienenen Werke, als Faschisten ihn aus seinem Haus holten und hinrichteten - weil er links war, weil er schwul war -, hätte ihn schon unsterblich gemacht: Die kunstvoll-schlichten "Zigeunerromanzen", der wilde, avantgardistische und doch mit keinem Ismus der Zeit konforme "Dichter in New York", die das spanische Theater revolutionierenden Stücke "Bluthochzeit" oder "Bernarda Albas Haus".

Umso größer ist die Freude, wenn ein bislang unübersetzter Text Lorcas (dank Sabine Giersberg) den Weg ins Deutsche findet. Zumal dieser Text Aufschluss liefert über jenen Begriff, den Rafael Alberti verwendet, um seinen Freund zu charakterisieren, einen Begriff, der außerhalb Spaniens wenig geläufig ist, aber zentral für das Verständnis spanischer Kunst: Duende.

In dem 1933 gehaltenen Vortrag "Spiel und Theorie des Duende" erzählt Lorca davon, wie die große andalusische Flamencosängerin Pastora Pavón einmal mit ihrer Stimme aus "dunklen Schatten, mit ihrer Stimme aus geschmolzenem Zinn, mit ihrer Stimme voller Moos" in einer Taverne in Cádiz sang. Doch etwas fehlte, das Publikum blieb ungerührt, und ein Gast sprach das vernichtende Urteil: "Viva Paris." Das entfachte den Zorn der Pavón, sie stürzte ein Glas Schnaps hinunter und begann zu singen: "ohne Stimme, ohne Atem, ohne Nuancen, mit verbrannter Kehle, aber . . . mit Duende"!

Duende ist eine dunkle Kraft, und anders als mit Musen, die einen, wenn man Glück hat, küssen, muss man mit dem Duende ringen und kämpfen, er führt, wenn man Lorca folgt, nicht zu Schönheit, sondern zu Wahrhaftigkeit. Er drückt einen zu Boden, er bringt, so schreibt er, Francisco Goya dazu, "mit furchtbaren pechschwarzen Knien und Fäusten zu malen".

Aber der Duende ist kein exklusiv spanisches Phänomen, auch in der Musik Johann Sebastian Bachs etwa gebe es jene schwarzen Klänge, die sich dem Duende verdanken. So wenig wie um Schönheit geht es in der Kunst des Duende um bloßes Amüsement; gerade der Flamenco und der Stierkampf, die urspanischsten Künste also, seien nicht dazu da, um die Menschen zu unterhalten; es gehe vielmehr darum, den Moment gemeinsam zu durchleiden: "In Spanien ist ein Toter lebendiger als irgendwo sonst auf der Welt."

Es liegt dabei im Wesen des Duende, dass er sich begrifflich nicht fassen lässt. Aber auch Lorcas Text, so meint man, entspringt dem Duende: So mitreißend und glühend ist dieser Essay, dass er mühelos ganze Romanbibliotheken in Asche legen könnte. TOBIAS LEHMKUHL

Federico García Lorca: "Spiel und Theorie des Duende". Zweisprachige Ausgabe.

Aus dem Spanischen von Sabine Giersberg.

Wunderhorn Verlag,

Heidelberg 2023.

48 S., br., 15,- Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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