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Ein Buch über Spiele der Sprache darf selbst ein Spiel mit ihr sein: Der Frankfurter Philosoph Martin Seel liefert mit »Spiele der Sprache« ein eindrucksvolles Plädoyer dafür, die Rolle der Sprache innerhalb der menschlichen Welt aus der gleichberechtigten Vielfalt ihrer Gebrauchsweisen zu verstehen. Dieser Maxime folgend bedient er sich auf seiner Reise durch die Landschaft der Sprachphilosophie verschiedener Möglichkeiten, das Spiel der Sprache zu spielen: Argumentation, Erzählung, Improvisation. Dabei lässt er verschiedene Denker und philosophische Traditionen in Dialog miteinander treten -…mehr

Produktbeschreibung
Ein Buch über Spiele der Sprache darf selbst ein Spiel mit ihr sein: Der Frankfurter Philosoph Martin Seel liefert mit »Spiele der Sprache« ein eindrucksvolles Plädoyer dafür, die Rolle der Sprache innerhalb der menschlichen Welt aus der gleichberechtigten Vielfalt ihrer Gebrauchsweisen zu verstehen. Dieser Maxime folgend bedient er sich auf seiner Reise durch die Landschaft der Sprachphilosophie verschiedener Möglichkeiten, das Spiel der Sprache zu spielen: Argumentation, Erzählung, Improvisation. Dabei lässt er verschiedene Denker und philosophische Traditionen in Dialog miteinander treten - von Herder über Humboldt bis Wittgenstein, von romantischen über analytische, pragmatistische und phänomenologische bis hin zu dekonstruktiven Auffassungen - und nimmt so eine Korrektur ihrer wechselseitigen Blindheiten vor.
Ein virtuos komponierter Versuch über die »Spiele der Sprache«, der vergegenwärtigt, was das sprachliche Leben bewegt und wie alle, die es führen, von ihm bewegtwerden.
Autorenporträt
Martin Seel, geboren 1954 in Ludwigshafen am Rhein, ist Professor für Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Bei S. FISCHER sind erschienen 'Paradoxien der Erfüllung' (2006), 'Theorien' (2009), '111 Tugenden, 111 Laster. Eine philosophische Revue' (2011), 'Die Künste des Kinos' (2013), 'Aktive Passivität' (2014) sowie '¿Hollywood¿ ignorieren. Vom Kino' (2017).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Helmut Mayer gibt zu, dass das Buch des Philosophen Martin Seel Seminarkost ist. Einen gewissen Nutzen für den Common Sense erkennt er aber dennoch, da der Autor dem Leser zunächst einen sprachphilosophischen Überblick verschafft, Schauplätze und Akteure von Derrida bis Searle vorstellt, bevor er Wittgenstein und seinen "Philosophischen Untersuchungen" seine Referenz erweist. Außerdem verzichtet Seel bei aller Komplexität seiner Darstellung auf "akademische Selbstgenügsamkeit", freut sich Mayer.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.01.2024

Unter Sprechern
Martin Seel folgt Wittgensteins Winken

Das Wörtchen "eigentlich" nimmt sich eigentlich recht bescheiden aus. Und doch spielt es oft eine entscheidende Rolle, wenn es um die Etablierung eines Vorrangs geht. Auch auf philosophischem Terrain, nämlich dann, wenn die Frage traktiert oder implizit als schon beantwortet betrachtet wird, was die "eigentlichen" Elemente sind, welche die Grundlagen einer Darstellung sein müssen, von denen der Ausgang zu nehmen ist.

Die sprachphilosophischen Varianten solcher Fundierungsansprüche laufen auf die Bestimmung sprachlicher Grundformen und Gebrauchsweisen hinaus, die solchen grundlegenden Status beanspruchen dürfen: Weil sie die wesentlichen seien für die Verständigung, oder man auch erst einmal sie zu verstehen hat, bevor man andere Formen erläutern kann, weshalb mit ihnen auch der Anfang für eine Theorie der Sprache gemacht werden müsse.

Martin Seel hält von diesen prinzipiellen Vorrangregelungen bei der Betrachtung von Sprache und Verständigung nichts. Keines der "Spiele der Sprache", wie der Titel des jüngsten Buchs des Frankfurter Philosophen lautet, könne eine solche absolute Priorität behaupten. Oder gleich mit dem Ludwig Wittgenstein der "Philosophischen Untersuchungen" gesprochen, der mit dem Buchtitel schon aufgerufen ist: Wer immer sich eine unserer Gebrauchsweisen von Sprache als die eigentlich fundierende zurechtlegt - etwa das Argumentieren vor dem Erzählen, Improvisieren, Anleiten . . . -, ist Opfer einer einseitigen Diät an Beispielen: Er bemerkt nicht, weil auf eine bestimmte Gebrauchsweise konzentriert, nach wie vielen unterschiedlichen Regeln wir die Sprachhaltigkeit der Welt und Welthaltigkeit der Sprache tatsächlich etablieren.

Wittgenstein kommt hier nicht beiläufig ins Spiel, denn Seels Buchs tritt im Hauptteil als Interpretation und Fortführung eines Leitgedankens von Wittgensteins "Untersuchungen" auf, ihnen dabei auch durch die Form knapp gehaltener durchnummerierter Abschnitte Reverenz erweisend. Diese Interpretation möchte einsichtig machen, dass man es in den "Untersuchungen" nicht bloß mit einer oberflächlichen Betrachtung von diversen sprachlichen Erscheinungen zu tun hat, wie manche Kritiker einwenden, sondern in ihnen sehr wohl eine systematische Bedeutungstheorie steckt. Eben eine andere als die des frühen, noch in der Kritik Freges an dessen Wahrheitssemantik und damit dem Aussagesatz orientierten Wittgenstein, nunmehr gerade der Pluralität der Sprachverwendungen verpflichtet.

Das klingt ein wenig anstrengend. Aber Seel ist ein Autor, der akademischer Selbstgenügsamkeit auch dort abhold ist, wo es nun einmal um mitunter diffizile Distinktionen und nicht unbedingt leicht zu überschauende Debatten geht. Debatten, die eine lange Vorgeschichte haben, die Seel in einer Art Vorspiel zu seiner Auslegung Wittgensteins behandelt. Dieses Vorspiel ist ein Parcours quer durch sprachphilosophisches Terrain, von Fragen nach dem Ursprung der Sprache im achtzehnten Jahrhundert bis zu rezenten Diskussionen. Aber nicht etwa chronologisch, sondern orientiert an sich durchhaltenden Frontstellungen, in denen es nicht zuletzt eben auch um die Auszeichnung eines primären, eigentlichen Bereichs unserer Sprachverwendung geht, etwa des prosaischen vor dem poetischen, des nüchtern wörtlichen vor dem übertragenen, im weiten Sinne rhetorischen Gebrauch. Wobei Seel sich konsequent auf die Seite jener Autoren schlägt, die solchen und anderen Hierarchisierungen widerstehen (wenn auch nicht unbedingt an allen ins Auge gefassten Fronten gleichzeitig).

Dieser Parcours ist eine exzellente Kartierung des Terrains und der Einsätze, die auf ihm verhandelt werden. Wittgenstein wird aus ihm noch "wegretuschiert", um anschließend dann einen Paragraphen seiner "Untersuchungen" zum Leitfaden der Argumentation für eine strikte Auflösung aller privilegierten "eigentlichen" Sprachbezirke zu machen. Das ist keine einfache Angelegenheit, und Seel macht sich die Sache auf einer Reihe von Schauplätzen einschlägiger Schlachten - nennen wir zumindest Kombattanten wie Searle, Derrida, Habermas und Davidson - auch nicht leicht, wenn es ihm darum geht, die sprachphilosophischen Hierarchisierungen "demokratisch" einzuebnen.

Und wenn auch gilt, dass dieses Buch Aufmerksamkeit erst einmal im philosophischen Seminar beanspruchen mag. Es handelt doch von Neigungen, die dem Common Sense alles andere als fremd sind, der sich schnell einseitige Bilder von der Sprache macht. Oder von Projekten ihrer Begradigung und Reinigung. Deshalb sei zuletzt noch eine von den vielen prägnanten Formulierungen zitiert, zu denen Seel findet: "Nur nicht vom gewundenen Weg abkommen." HELMUT MAYER

Martin Seel: "Spiele der Sprache".

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2023.

368 S., geb., 28,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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'Spiele der Sprache' ist ein Buch, das man schon immer gerne lesen wollte. Wolfgang Hellmich Zeitschrift für philosophische Forschung 20240903
Rezensent Helmut Mayer gibt zu, dass das Buch des Philosophen Martin Seel Seminarkost ist. Einen gewissen Nutzen für den Common Sense erkennt er aber dennoch, da der Autor dem Leser zunächst einen sprachphilosophischen Überblick verschafft, Schauplätze und Akteure von Derrida bis Searle vorstellt, bevor er Wittgenstein und seinen "Philosophischen Untersuchungen" seine Referenz erweist. Außerdem verzichtet Seel bei aller Komplexität seiner Darstellung auf "akademische Selbstgenügsamkeit", freut sich Mayer.

© Perlentaucher Medien GmbH