"Spielen als Andacht" ist unmittelbar aus dem Hören der Streichquartette Joseph Haydns anhand von CD-Einspielungen (vor allem des Kodály-Quartetts) formuliert. Hat Haydn das Streichquartett "erfunden"? Sicher nicht! Und doch: wenn auch andere Komponisten, voran Luigi Boccherini, seinerzeit entsprechende Entwürfe für zwei Violinen, Viola und Violoncello vorlegten, so war es eben Haydn, der solches instrumentale Spielen in, ja als "Andacht" in einem quasi-religiösen Sinn entwarf und es damit in eine Ernsthaftigkeit hob, die, von Mozart angefangen, allen folgenden Komponisten zum Maßstab wurde. In Haydns Quartetten wendet sich instrumentales Spielen sozusagen (zuerst) dem Spielenden und dann auch dem Mit-Spielenden (= Hörenden) zu. Es versetzt diese in eine Art hingegebene Konzentration, die sich, wenn auch zugegeben spekulativ, als wohl noch unmittelbar aus einer selbstverständlichen Religiosität des Komponisten herleiten lässt. Die "Quadros" Haydns, als ein Selberspielen "entre nous" entworfen, erscheinen uns so zumindest ab dem sog. Op. 9 als eine abschließende Etappe religiöser Emanzipation innerhalb einer spezifisch katholischen Welt am Ende der Frühen Neuzeit. Indem wir ihnen als einer Art Andacht begegnen, in der persönliche Religiosität bzw. religiöse Ausgangssujets in ein emanzipiert-meditatives Spielen und vor allem Mitspielen (= Hören) übertragen und verallgemeinert erscheinen, lassen sie uns die alte Kontroverse zwischen einem angeblichen "Vergnügen des Verstandes" (Haydn) und einem "emotionalen Wert" (Boccherini) obsolet werden.
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