Das Werk Baruch de Spinozas (1632-1677) hat eine wechselhafte und vielschichtige Rezeption erfahren. Zu Lebzeiten als Häretiker geächtet, wurde der holländische Philosoph zuletzt als radikaler Frühaufklärer und Wegbereiter des modernen Säkularismus wiederentdeckt. Seit der Emanzipationszeit stellte Spinoza, der sich nach seiner Verbannung aus der Amsterdamer Gemeinde vom Judentum löste, ohne dabei den christlichen Glauben anzunehmen, für jüdische Gelehrte und Intellektuelle eine Identifikationsfigur dar.Jan Eike Dunkhase beleuchtet in seinem Essay über die Aneignung Spinozas im zionistischen und israelischen Gedächtnis einen kaum beachteten Aspekt von dessen Wirkungsgeschichte. Dabei schlägt er einen Bogen von Amsterdam nach Tel Aviv, vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Denker wie Moses Hess und Historiker wie Heinrich Graetz werden ebenso berücksichtigt wie Zionisten aus dem östlichen Europa: Joseph Klausner, Nachum Sokolow und David Ben-Gurion. Besondere Aufmerksamkeit gilt den hebräischen Werkübersetzungen - der Grundlage für die kreative Beschäftigung mit dem frühneuzeitlichen Philosophen in der modernen israelischen Kultur.So eröffnet die Genealogie der Erinnerungsfigur »Spinoza der Hebräer« eine ideengeschichtliche Perspektive auf das Spannungsverhältnis von jüdischer Zugehörigkeit und säkularem Selbstverständnis in Israel.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Mit Jan Eike Dunkhases neuem Buch "Spinoza, der Hebräer" hat Rezensent Joseph Croitoru ein äußerst gelehrtes Buch über die deutsch-jüdische Rezeption des niederländischen Philosophen gelesen. Der Kritiker liest hier mit großem Interesse, wie Spinoza, der aufgrund seiner Gleichsetzung von Gott und Natur zwar aus der jüdischen Glaubensgemeinde ausgeschlossen wurde, sich aber dennoch nie vom Judentum entfernte, etwa von Theodor Herzl als größter jüdischer Philosoph bezeichnet wurde, während ihn noch David Ben Gurion als Vordenker der "Erneuerung des Staates Israel" pries. Dieses fundierte Buch des Historikers und Judaisten Dunkhase kann der Rezensent dringend empfehlen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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