Brüssel im Januar 1940. Der Krieg! Die Deutschen! Gibt es dieser Tage denn kein anderes Thema?! Spirou mag es nicht mehr hören. Selbst Fantasio leistet Militärdienst und träumt von großen Heldentaten fürs Vaterland. Dabei ist Belgien doch neutral! Als er aber Bekanntschaft mit Felix macht, der neu in Brüssel ist, beginnt sich Spirous Blick auf die Dinge zu ändern: Die Deutschen verfolgen Menschen jüdischen Glaubens?! Felix war gezwungen, sein Zuhause in Deutschland zu verlassen?! Unglaublich! Als wenig später tatsächlich deutsche Soldaten in Brüssel einmarschieren und man jüdische Exilanten auch hier zusammentreiben und in Lager deportieren lässt, ist Spirous politisches Bewusstsein erwacht... Zehn Jahre nach "Porträt eines Helden als junger Tor" knüpft Émile Bravo nahtlos an die Geschehnisse seines "Spirou"-Klassikers an. Vor dem Hintergrund des über Europa hereinbrechenden deutschen Angriffskriegs erzählt er in vier Bänden einen Comic-Roman, der Abenteuer, Humor, historische Fakten und philosophische Reflexionen fulminant vereint. Anhand des Schicksals von Spirous Freund Felix gelingt Émile Bravo zudem eine universelle Auseinandersetzung mit dem Totalitarismus.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.01.2022Wie man Zeitgeschichte zeichnet
Einer erzählt fiktional, einer dokumentarisch, einer auf der Grundlage eines Zeitzeugenberichts: Die neuen Bände von Émile Bravo, Reinhard Kleist und Jacques Tardi führen vor, was Comics historiographisch zu bieten haben.
Comics tun sich längst in allen Erzählsparten um: Sie können klassisch fiktional, autobiographisch, satirisch, adaptierend, dokumentierend, kommentierend, beobachtend sein. Doch je selbstverständlicher dieses breite Spektrum von Buchhandel und Publikum wahrgenommen wird, desto interessanter ist es, wenn Comicautoren durch Persönlichkeit und Werk noch für etwas stehen: für ein ästhetisches Prinzip, eine Erzählweise, ein Thema. Das zeigen die jüngsten Alben von drei Großmeistern des europäischen Comics: Jacques Tardi, Reinhard Kleist und Émile Bravo.
Wobei man noch eine Autorin ergänzen muss, keine einschlägig bekannte, aber eine hochinteressante, denn Tardis neuer Comic verdankt sein Szenario der Ehefrau des Zeichners, Dominique Grange. Es ist deren eigene Geschichte, obwohl die Hauptfigur in "Elise et les nouveaux partisans" (Elise und die neuen Partisanen) einen anderen Namen trägt. Aber diese Hauptfigur, eine in der maoistischen französischen Linken engagierte Sängerin, teilt mit Grange nicht nur die Biographie, sondern auch die Diskographie: "Les nouveaux partisans" war der 1968 geschriebene Protestsong, der Grange in den folgenden Jahren berühmt machte. Und Tardi war es, der für sie als überzeugter Linker schon vor der Heirat, nämlich ab 1981, Plattencover entwarf. Nun erzählen beide gemeinsam französische Zeitgeschichte.
Das ist für Tardi nichts Neues. Der 1946 geborene Zeichner machte sich seinen Namen zwar mit der abgedrehten Detektivinnenserie "Adèle", aber die war vor dem Hintergrund des Frankreichs vor und nach dem Ersten Weltkrieg angesiedelt und bei aller Fantastik der Handlung auch ein bitterböses Porträt der damaligen Gesellschaft. Berühmt aber wurde Tardi mit seinen Comics über den Ersten Weltkrieg: "Grabenkrieg", "Die wahre Geschichte vom unbekannten Soldaten", "Soldat Varlot", "Elender Krieg". Letzterer war eine gezeichnete Dokumentation in vier Teilen (für jedes Kriegsjahr einer) nach dem Szenario eines Historikers, und mittlerweile hat Tardi mit der dreibändigen Biographie seines Vaters als Soldat ("Ich, René Tardi") auch einen Comic über den Zweiten Weltkrieg vorgelegt, der ihm größtes Lob von Historikern sowie den renommierten deutschen Einhard-Preis, eine Auszeichnung für historische Biographik, eingebracht hat. Mit etwas Glück wird der Preis ihm Mitte März in Seligenstadt übergeben.
Dann ist mit "Elise ou les nouveaux partisans" gleich die nächste gezeichnete Biographie aus seiner Feder da, und es ist hochinteressant, zu sehen, wie Tardi darin für die Geschichte des Arbeiteraufstands, den die Ereignisse von "Achtundsechzig" in Frankreich darstellten, Bilder findet, die nicht nur in der unverkennbaren Strichführung, dem unigrau getönten Schwarz-weiß und den markant vereinfachten Gesichtern der Figuren, die Linie seiner Historien-Comics wiederaufnehmen, sondern bisweilen auch dezidiert Motive daraus zitieren, so etwa beim oben rechts abgebildeten Polizeieinsatz vom 3. Mai 1968 im Quartier Latin von Paris, der zum Schluss der Seite eine für Tardis Erster-Weltkrieg-Comics typische Bildkomposition enthält. Wie die ganze Seite auch nicht nur im Stil von "Grabenkrieg" gehalten ist, sondern zudem die Ähnlichkeiten der jeweiligen Situationen hervorhebt: Gewaltexzesse, Zerstörung der Umgebung durchs Kampfgeschehen, albtraumartige Angriffswellen des Gegners. Grange und Tardi reihen das Scheitern der proletarischen Achtundsechziger-Bewegung in die großen Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts ein - erzählerisch und grafisch.
Was ist Wahrheit? Das ist hier dreimal die Frage. "Elise" ist ein Zeitzeugenbericht, also subjektiv-authentisch, doch wie man Zeitgeschichte auch darstellen kann, führt Émile Bravo mit dem dritten Teil seines auf insgesamt mehr als dreihundert Seiten angelegten Zyklus "Spirou oder: die Hoffnung" vor. Die 1938 begründeten Abenteuer des Brüsseler Hotelpagen Spirou sind ein Klassiker des belgischen Comics, und an ihrer Fortschreibung haben viele Autoren mitgewirkt, aber Bravo zeichnet sich ihnen allen gegenüber durch einen Realitätsbezug aus, den es vor ihm bei "Spirou" nicht gegeben hat. Bereits 2008 hatte er im Album "Porträt des Helden als junger Tor" dem Pagen eine Kriegsjugend angedichtet - naheliegend bei einem fiktiven Leben, über das erstmals 1938 berichtet worden war. Die deutsche Besatzung von 1940 bis 1944 war für Belgien ein nationales Drama in der Auseinandersetzung um Widerstand oder Kollaboration, und genau diese Dichotomie hat Bravo nun zum Gegenstand seines 2018 begonnenen Zyklus gemacht, der im kommenden Mai mit dem vierten Band abgeschlossen werden soll.
Als ganz besondere Komponente in den Erzählkosmos von "Spirou" hat der 1964 als Sohn spanischer Exilanten in Paris geborene Bravo ein reales individuelles Schicksal eingeführt: das des deutschen jüdischen Malers Felix Nussbaum und seiner Frau Felka, denen die Flucht nach Belgien gelungen war, wo sie dann aber in der Besatzungszeit aufgespürt, deportiert und in Auschwitz ermordet wurden. Vor dem Hintergrund dieses entsetzlichen Geschehens entfaltet sich ein Comic, den Bravo geradezu in Trauer taucht: abgestumpfte dunkle Farben, winzige Panels, die auf den Seiten so eng arrangiert sind, wie es die Situation in den Verstecken der Nussbaums war. Dort werden sie von Spirou, der sich anfangs unfreiwillig einer Widerstandsbewegung anschließt, mit Lebensmitteln und Malutensilien versorgt. In die Szenen der Besuche des Pagen sind Bilder von Felix Nussbaum einmontiert - ein Authentizitätssignal als Menetekel in der traditionell aufs Amüsement von Kindern und Jugendlichen ausgerichteten "Spirou"-Serie.
Der Schatten der Shoah liegt aber nicht nur über den Nussbaums, sondern auch über Spirou selbst, denn seine Geliebte, ein jüdisches Mädchen namens Kassandra, ist schon aus Brüssel in den Osten abtransportiert worden. Die Frage, ob der Lagertod explizit in die sonst so heile Welt von "Spirou" Einzug halten wird, lässt Bravo offen: Schon seit dem Ende von Teil 1 ist Kassandra verschleppt, und jeder der bislang erschienenen drei Bände begann und endete mit einer jeweils halbseitigen Eisenbahnszene - der in Film, Kunst und Literatur gängigen Erzählmetapher für die Deportationen der Nazis. Ein einziges weiteres Mal nur bricht Bravo im aktuellen Band seine ansonsten kleinteilig gefügte Seitenarchitektur auf, wenn Spirou im Winter 1943 zum ersten Mal große alliierte Bombergeschwader gen Deutschland fliegen sieht: auf einem ebenfalls halbseitigen Bild, aber ohne jeden Text und mit hellblauem Himmel als Ausdruck der im Titel des Zyklus beschworenen Hoffnung, die im bisherigen Verlauf der Handlung noch immer enttäuscht worden ist. Als wär's ein Tardi-Kriegscomic, findet der dritte Teil von Bravos "Spirou" seinen dramaturgischen Höhepunkt im gemeinsamen Leid - der Belgier, Exilanten und deutschen Besatzer - unter einem alliierten Bombenangriff auf Brüssel.
Zeitzeugenbericht, Fiktion mit realen Einsprengseln - und nun noch ein drittes Beispiel für Auseinandersetzungen des Comics mit der Zeitgeschichte ist ein dokumentarischer Band über David Bowie. Geschrieben und gezeichnet hat ihn der einundfünfzigjährige Berliner Reinhard Kleist, der schon mit Musikerbiographie-Comics über Johnny Cash und Nick Cave internationale Erfolge feierte. Man könnte eine Masche vermuten, fielen die jeweiligen Resultate nicht so unterschiedlich aus - weniger erzählerisch als grafisch, denn für "Starman", den ersten Band seines auf zwei Teile angelegten Bowie-Projekts, hat Kleist seine charakteristische Schwarz-weiß-Ästhetik à la Will Eisner zugunsten eines Farbspektakels aufgegeben, das der von ihm hier behandelten Karrierephase Bowies gerecht wird. Anfang der Siebziger hatte der britische Sänger die Kunstfigur Ziggy Stardust als einen außerirdischen Erlöser geschaffen und diese Illusion auf der Bühne konsequent gelebt. Der resultierende Zwiespalt im Privatleben ist das Thema von "Starman" - und war es auch schon im erst vor zwei Jahren erschienenen Comic "Bowie: Sternenstaub, Strahlenkanone und Tagträume" des Amerikaners Michael Allred, der exakt dieselbe Zeit im Leben des Popstars zum Gegenstand hatte.
Kleist ließ sich dadurch nicht beirren und nutzte weniger als Allred die halluzinierenden Texte und Bühnenshows von Bowie als Bildinspirationen, sondern bediente sich Fotos und vor allem D. A. Pennebakers Dokumentarfilm "Ziggy Stardust and the Spiders from Mars" (1982) als Vorlagen. Zugunsten der Farben, die er mit Hilfe des Koloristen Thomas Gilke applizierte, nahm Kleist das intensive Schwarz früherer Arbeiten zurück und glättete seine Linien. Doch das, was er erzählt, bleibt durch die psychischen Abgründe des Geschehens widerspenstig und rau. In den Folgejahren, die Bowie nach Berlin führen sollten und Thema von Kleists zweitem Teil werden, dürfte sich das Ganze mauerstadtgerecht wieder entfärben.
Geschichte, wie sie diese drei Comics erzählen, ist nicht gefällig. Sie ist schockierend und doch auch schillernd: in der bei allem proletarischen Pathos romantischen Existenz von Elise bei Grange und Tardi, in Bravos Verquickung von Fakten und Fiktion und in Kleists gezeichneter Feier eines Künstlers, der keine Rücksichten nahm auf andere oder sich selbst. Näher kommt man den jeweiligen Wahrheiten schwerlich. ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Einer erzählt fiktional, einer dokumentarisch, einer auf der Grundlage eines Zeitzeugenberichts: Die neuen Bände von Émile Bravo, Reinhard Kleist und Jacques Tardi führen vor, was Comics historiographisch zu bieten haben.
Comics tun sich längst in allen Erzählsparten um: Sie können klassisch fiktional, autobiographisch, satirisch, adaptierend, dokumentierend, kommentierend, beobachtend sein. Doch je selbstverständlicher dieses breite Spektrum von Buchhandel und Publikum wahrgenommen wird, desto interessanter ist es, wenn Comicautoren durch Persönlichkeit und Werk noch für etwas stehen: für ein ästhetisches Prinzip, eine Erzählweise, ein Thema. Das zeigen die jüngsten Alben von drei Großmeistern des europäischen Comics: Jacques Tardi, Reinhard Kleist und Émile Bravo.
Wobei man noch eine Autorin ergänzen muss, keine einschlägig bekannte, aber eine hochinteressante, denn Tardis neuer Comic verdankt sein Szenario der Ehefrau des Zeichners, Dominique Grange. Es ist deren eigene Geschichte, obwohl die Hauptfigur in "Elise et les nouveaux partisans" (Elise und die neuen Partisanen) einen anderen Namen trägt. Aber diese Hauptfigur, eine in der maoistischen französischen Linken engagierte Sängerin, teilt mit Grange nicht nur die Biographie, sondern auch die Diskographie: "Les nouveaux partisans" war der 1968 geschriebene Protestsong, der Grange in den folgenden Jahren berühmt machte. Und Tardi war es, der für sie als überzeugter Linker schon vor der Heirat, nämlich ab 1981, Plattencover entwarf. Nun erzählen beide gemeinsam französische Zeitgeschichte.
Das ist für Tardi nichts Neues. Der 1946 geborene Zeichner machte sich seinen Namen zwar mit der abgedrehten Detektivinnenserie "Adèle", aber die war vor dem Hintergrund des Frankreichs vor und nach dem Ersten Weltkrieg angesiedelt und bei aller Fantastik der Handlung auch ein bitterböses Porträt der damaligen Gesellschaft. Berühmt aber wurde Tardi mit seinen Comics über den Ersten Weltkrieg: "Grabenkrieg", "Die wahre Geschichte vom unbekannten Soldaten", "Soldat Varlot", "Elender Krieg". Letzterer war eine gezeichnete Dokumentation in vier Teilen (für jedes Kriegsjahr einer) nach dem Szenario eines Historikers, und mittlerweile hat Tardi mit der dreibändigen Biographie seines Vaters als Soldat ("Ich, René Tardi") auch einen Comic über den Zweiten Weltkrieg vorgelegt, der ihm größtes Lob von Historikern sowie den renommierten deutschen Einhard-Preis, eine Auszeichnung für historische Biographik, eingebracht hat. Mit etwas Glück wird der Preis ihm Mitte März in Seligenstadt übergeben.
Dann ist mit "Elise ou les nouveaux partisans" gleich die nächste gezeichnete Biographie aus seiner Feder da, und es ist hochinteressant, zu sehen, wie Tardi darin für die Geschichte des Arbeiteraufstands, den die Ereignisse von "Achtundsechzig" in Frankreich darstellten, Bilder findet, die nicht nur in der unverkennbaren Strichführung, dem unigrau getönten Schwarz-weiß und den markant vereinfachten Gesichtern der Figuren, die Linie seiner Historien-Comics wiederaufnehmen, sondern bisweilen auch dezidiert Motive daraus zitieren, so etwa beim oben rechts abgebildeten Polizeieinsatz vom 3. Mai 1968 im Quartier Latin von Paris, der zum Schluss der Seite eine für Tardis Erster-Weltkrieg-Comics typische Bildkomposition enthält. Wie die ganze Seite auch nicht nur im Stil von "Grabenkrieg" gehalten ist, sondern zudem die Ähnlichkeiten der jeweiligen Situationen hervorhebt: Gewaltexzesse, Zerstörung der Umgebung durchs Kampfgeschehen, albtraumartige Angriffswellen des Gegners. Grange und Tardi reihen das Scheitern der proletarischen Achtundsechziger-Bewegung in die großen Katastrophen des zwanzigsten Jahrhunderts ein - erzählerisch und grafisch.
Was ist Wahrheit? Das ist hier dreimal die Frage. "Elise" ist ein Zeitzeugenbericht, also subjektiv-authentisch, doch wie man Zeitgeschichte auch darstellen kann, führt Émile Bravo mit dem dritten Teil seines auf insgesamt mehr als dreihundert Seiten angelegten Zyklus "Spirou oder: die Hoffnung" vor. Die 1938 begründeten Abenteuer des Brüsseler Hotelpagen Spirou sind ein Klassiker des belgischen Comics, und an ihrer Fortschreibung haben viele Autoren mitgewirkt, aber Bravo zeichnet sich ihnen allen gegenüber durch einen Realitätsbezug aus, den es vor ihm bei "Spirou" nicht gegeben hat. Bereits 2008 hatte er im Album "Porträt des Helden als junger Tor" dem Pagen eine Kriegsjugend angedichtet - naheliegend bei einem fiktiven Leben, über das erstmals 1938 berichtet worden war. Die deutsche Besatzung von 1940 bis 1944 war für Belgien ein nationales Drama in der Auseinandersetzung um Widerstand oder Kollaboration, und genau diese Dichotomie hat Bravo nun zum Gegenstand seines 2018 begonnenen Zyklus gemacht, der im kommenden Mai mit dem vierten Band abgeschlossen werden soll.
Als ganz besondere Komponente in den Erzählkosmos von "Spirou" hat der 1964 als Sohn spanischer Exilanten in Paris geborene Bravo ein reales individuelles Schicksal eingeführt: das des deutschen jüdischen Malers Felix Nussbaum und seiner Frau Felka, denen die Flucht nach Belgien gelungen war, wo sie dann aber in der Besatzungszeit aufgespürt, deportiert und in Auschwitz ermordet wurden. Vor dem Hintergrund dieses entsetzlichen Geschehens entfaltet sich ein Comic, den Bravo geradezu in Trauer taucht: abgestumpfte dunkle Farben, winzige Panels, die auf den Seiten so eng arrangiert sind, wie es die Situation in den Verstecken der Nussbaums war. Dort werden sie von Spirou, der sich anfangs unfreiwillig einer Widerstandsbewegung anschließt, mit Lebensmitteln und Malutensilien versorgt. In die Szenen der Besuche des Pagen sind Bilder von Felix Nussbaum einmontiert - ein Authentizitätssignal als Menetekel in der traditionell aufs Amüsement von Kindern und Jugendlichen ausgerichteten "Spirou"-Serie.
Der Schatten der Shoah liegt aber nicht nur über den Nussbaums, sondern auch über Spirou selbst, denn seine Geliebte, ein jüdisches Mädchen namens Kassandra, ist schon aus Brüssel in den Osten abtransportiert worden. Die Frage, ob der Lagertod explizit in die sonst so heile Welt von "Spirou" Einzug halten wird, lässt Bravo offen: Schon seit dem Ende von Teil 1 ist Kassandra verschleppt, und jeder der bislang erschienenen drei Bände begann und endete mit einer jeweils halbseitigen Eisenbahnszene - der in Film, Kunst und Literatur gängigen Erzählmetapher für die Deportationen der Nazis. Ein einziges weiteres Mal nur bricht Bravo im aktuellen Band seine ansonsten kleinteilig gefügte Seitenarchitektur auf, wenn Spirou im Winter 1943 zum ersten Mal große alliierte Bombergeschwader gen Deutschland fliegen sieht: auf einem ebenfalls halbseitigen Bild, aber ohne jeden Text und mit hellblauem Himmel als Ausdruck der im Titel des Zyklus beschworenen Hoffnung, die im bisherigen Verlauf der Handlung noch immer enttäuscht worden ist. Als wär's ein Tardi-Kriegscomic, findet der dritte Teil von Bravos "Spirou" seinen dramaturgischen Höhepunkt im gemeinsamen Leid - der Belgier, Exilanten und deutschen Besatzer - unter einem alliierten Bombenangriff auf Brüssel.
Zeitzeugenbericht, Fiktion mit realen Einsprengseln - und nun noch ein drittes Beispiel für Auseinandersetzungen des Comics mit der Zeitgeschichte ist ein dokumentarischer Band über David Bowie. Geschrieben und gezeichnet hat ihn der einundfünfzigjährige Berliner Reinhard Kleist, der schon mit Musikerbiographie-Comics über Johnny Cash und Nick Cave internationale Erfolge feierte. Man könnte eine Masche vermuten, fielen die jeweiligen Resultate nicht so unterschiedlich aus - weniger erzählerisch als grafisch, denn für "Starman", den ersten Band seines auf zwei Teile angelegten Bowie-Projekts, hat Kleist seine charakteristische Schwarz-weiß-Ästhetik à la Will Eisner zugunsten eines Farbspektakels aufgegeben, das der von ihm hier behandelten Karrierephase Bowies gerecht wird. Anfang der Siebziger hatte der britische Sänger die Kunstfigur Ziggy Stardust als einen außerirdischen Erlöser geschaffen und diese Illusion auf der Bühne konsequent gelebt. Der resultierende Zwiespalt im Privatleben ist das Thema von "Starman" - und war es auch schon im erst vor zwei Jahren erschienenen Comic "Bowie: Sternenstaub, Strahlenkanone und Tagträume" des Amerikaners Michael Allred, der exakt dieselbe Zeit im Leben des Popstars zum Gegenstand hatte.
Kleist ließ sich dadurch nicht beirren und nutzte weniger als Allred die halluzinierenden Texte und Bühnenshows von Bowie als Bildinspirationen, sondern bediente sich Fotos und vor allem D. A. Pennebakers Dokumentarfilm "Ziggy Stardust and the Spiders from Mars" (1982) als Vorlagen. Zugunsten der Farben, die er mit Hilfe des Koloristen Thomas Gilke applizierte, nahm Kleist das intensive Schwarz früherer Arbeiten zurück und glättete seine Linien. Doch das, was er erzählt, bleibt durch die psychischen Abgründe des Geschehens widerspenstig und rau. In den Folgejahren, die Bowie nach Berlin führen sollten und Thema von Kleists zweitem Teil werden, dürfte sich das Ganze mauerstadtgerecht wieder entfärben.
Geschichte, wie sie diese drei Comics erzählen, ist nicht gefällig. Sie ist schockierend und doch auch schillernd: in der bei allem proletarischen Pathos romantischen Existenz von Elise bei Grange und Tardi, in Bravos Verquickung von Fakten und Fiktion und in Kleists gezeichneter Feier eines Künstlers, der keine Rücksichten nahm auf andere oder sich selbst. Näher kommt man den jeweiligen Wahrheiten schwerlich. ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.12.2023Die Magie der Sprechblase
Neue Sachbücher kommen immer öfter als Graphic Novel daher, um Jugendliche für ihre Themen zu interessieren. Klappt das?
Wie bringt man das Wissen zum Kind? Das wissenschaftlich fundierte, auch mal komplexe Wissen zumal – in Zeiten von schwindender Lesekompetenz bei jungen Menschen, denen immer kürzere Aufmerksamkeitsspannen attestiert werden. Und in denen die Sehnsucht nach einfachen Antworten immer größer wird. Kinderbuchverlage landen bei der Beantwortung dieser Frage seit einiger Zeit zuverlässig beim Comic, bei der Graphic Novel als Form für Sachbücher. Sie sind leicht zugänglich, bieten aber trotzdem Raum für Komplexität, ohne dass man sich Seite für Seite durch ein wortlastiges populärwissenschaftliches Sachbuch hangeln müsste.
Vor allem, wenn Erzählfiguren Leser und Leserinnen an der Hand nehmen. In jüngster Zeit ist das einigen Illustratoren und Autorinnen erstaunlich gut gelungen. Der französische Comicautor und Illustrator Émile Bravo versetzte 2022 im Vierbänder „Spirou oder: die Hoffnung“ die beliebten frankobelgischen Comicfiguren Spirou und Fantasio in das von den Nazis besetzte Belgien und erzählt en passant die Geschichte der Menschen zwischen Anpassung und Widerstand.
Bei den meisten populärwissenschaftlichen Sachbuch-Comics tritt der fiktionale Teil der Erzählung zugunsten einer realistischen Darstellung des Themas in den Hintergrund. Trotzdem verwandelt die aufgelockerte Erzählform in Bildern und Panels auch ein diskurslastiges Thema wie die Geschichte von Patriarchat und Feminismus in ein flottes Buch. Zumindest, wenn sich so gewitzte Autorinnen und Zeichnerinnen der Sache annehmen wie die Norwegerinnen Marta Breen und Jenny Jordahl. In „Smash the Patriarchy“ legen sie den Fokus nicht nur auf Agitation junger Nachwuchs-Feministinnen. Sondern lösen die vielen Positionen, die es in der Geschichte zur Frauenfrage gab, in Sprechblasen-Dialoge auf, zwischen Philosophen wie Platon und Aristoteles oder Künstlern, die darüber reden, ob Frauen nun zur kreativen Schöpfung gemacht sind oder doch nur zum Kinderkriegen. So schnell und trotz aller Wut, die aufkommen mag, heiter wie in diesem Buch rauscht man sonst nicht durch die Jahrtausende.
Auch der prominente israelische Historiker Yuval Noah Harari hat seinen Weltbestseller „Eine kurze Geschichte der Zeit“ als mehrteilige Graphic Novel in Szene gesetzt. Zusammen mit dem belgischen Autor David Vandermeulen und dem französischen Illustrator Daniel Casanave schuf er ein auf drei Bände angelegtes Werk, „Sapiens“, von dem bisher zwei Bände erschienen sind, der dritte kommt Anfang 2024. Die Reihe arbeitet mit Zeitreisen und einem gut bestückten Fundus an Erzähltricks zur Aufmerksamkeitsstabilisierung: dokumentarfilmartige Szenen, Vorausblicke, Gameshow-Sequenzen, Comics im Comic. Und mit den verschiedenen Comicfiguren als Erzählern, darunter Harari selbst, hat man als entdeckungsfreudiger Zeitreisender nie das Gefühl allein gelassen zu werden.
Das kann einem bei der eben erschienenen Graphic Novel des bewährten polnischen Illustratorenteams Aleksandra Mizielińska und Daniel Mizieliński nicht passieren. Zusammen mit Michał Figura, einem der erfahrensten Wolfsforscher Europas, dokumentieren sie im klassischen Comicstripformat und im vereinfachten, mattfarbenen Ligne-Claire-Stil wahre Geschichten über Wolfsrudel, die in verschiedenen Naturreservaten Polens leben. Basis der Geschichten sind Langzeitstudien über die Tiere, mittels moderner Techniken, Wildkameras, GPS-Halsbänder, der Auswertung der Senderdaten und Untersuchungen vor Ort.
Im Zentrum der acht Kapitel steht jeweils das Leben eines Wolfs, einer Wölfin, das die Autoren über einen Zeitraum von mehreren Monaten bis mehreren Jahren hinweg begleiten. Zum Beispiel lassen sich die Wanderbewegungen von Kampinos, den Forscher nach einer Autokarambolage gerettet haben, vom Bromberger Urwald im nördlichen Polen bis in die oberschlesischen Waldregionen anschaulich verfolgen.
„Wölfe“ ist eine fesselnde und gut verständliche Sammlung von Sachgeschichten, die ungewöhnliche Einblicke in die Arbeit der Wolfsforscher geben. Dokumentiert werden Erfolge und Misserfolge der Arbeit, aber auch die Skepsis der ländlichen Bevölkerung in den betroffenen Regionen. Am Ende ist diese Graphic Novel ein leidenschaftliches, gleichwohl sachliches Plädoyer für die Sicherung von Schutzräumen für diese faszinierenden Tiere und ein Beitrag zur Entmystifizierung des immer wieder anschwellenden Geraunes über den bösen Wolf.
Gegen Geraune einer etwas anderen Art richtet sich auch die Graphic Novel „Völlig meschugge“ von Andreas Steinhöfel, experimentell und mit viel Witz gezeichnet von Melanie Garanin. Hier ist das Sachthema – Antisemitismus und Islamfeindlichkeit – so gut in der Geschichte über den Fünftklässler Benny und seine beiden Freunde Charlie und Hamid verpackt, dass unklar ist, ob die Kategorisierung „Sachbuch“ hier überhaupt greift. Als Benny nach dem Tod seines Großvaters erfährt, dass er Jude ist, und anfängt, einen Davidstern zu tragen, weiß das Flüchtlingskind Hamid nicht mehr, was er denken soll – er ist mit antisemitischen Ressentiments groß geworden. Steinhöfel erzählt diesen Konflikt einfühlsam und mit vielen Ebenen – es geht auch um das große Coming-of-Age-Thema: Wer will ich sein und was nehme ich mit von meinen Eltern, meiner Herkunft, was lasse ich zurück? Am Rande kommentieren das Geschehen manchmal kleine Figuren: eine Kartoffel, eine Kichererbse und ein Davidstern.
Unwahrscheinlich ist es nicht, dass so gut gemachte Sachbuch-Graphic-Novels irgendwann wie selbstverständlich auch zum Schulunterricht gehören. Ganz wie einst die gelben Reclamheftchen.
SIGGI SEUSS
Émile Bravo: Spirou oder: die Hoffnung, Teil 1 – 4. Aus dem Französischen von Ulrich Pröfrock. Carlsen Comics, Hamburg 2018-2022, 12-16 Euro. Ab 12 Jahren.
Yuval Noah Harari, David Vandermeulen, Daniel Casanave: Sapiens. Der Aufstieg. /Die Falle. Übersetzung: Andreas Wirthensohn. C.H.Beck, München 2020/2021, je circa 250 Seiten, je 25 Euro. Ab 14 Jahren.
Marta Breen und Jenny Jordahl: Smash the Patriarchy!
Helvetig Verlag,
Basel/Lausanne 2023. 96 Seiten,
24,90 Euro.
Ab 12 Jahren.
Die Comic-Adaption von Yuval Noah Hararis „Homo sapiens“ zündet ein Feuerwerk an Erzähltricks, auch der Autor selbst tritt auf.
Foto: Carlsen
Andreas Steinhöfel und Melanie Garanin:
Völlig meschugge?!
Carlsen,
Hamburg 2022.
288 Seiten, 20 Euro.
Ab 12 Jahren.
M. Figura, A. u. D. Mizielińska: Wölfe. Wahre Geschichten. Aus dem Polnischen von Marlena Breuer und Thomas Weiler. Moritz Verlag,
Frankfurt am Main 2023, 264 Seiten,
32 Euro. Ab 10 Jahren.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Neue Sachbücher kommen immer öfter als Graphic Novel daher, um Jugendliche für ihre Themen zu interessieren. Klappt das?
Wie bringt man das Wissen zum Kind? Das wissenschaftlich fundierte, auch mal komplexe Wissen zumal – in Zeiten von schwindender Lesekompetenz bei jungen Menschen, denen immer kürzere Aufmerksamkeitsspannen attestiert werden. Und in denen die Sehnsucht nach einfachen Antworten immer größer wird. Kinderbuchverlage landen bei der Beantwortung dieser Frage seit einiger Zeit zuverlässig beim Comic, bei der Graphic Novel als Form für Sachbücher. Sie sind leicht zugänglich, bieten aber trotzdem Raum für Komplexität, ohne dass man sich Seite für Seite durch ein wortlastiges populärwissenschaftliches Sachbuch hangeln müsste.
Vor allem, wenn Erzählfiguren Leser und Leserinnen an der Hand nehmen. In jüngster Zeit ist das einigen Illustratoren und Autorinnen erstaunlich gut gelungen. Der französische Comicautor und Illustrator Émile Bravo versetzte 2022 im Vierbänder „Spirou oder: die Hoffnung“ die beliebten frankobelgischen Comicfiguren Spirou und Fantasio in das von den Nazis besetzte Belgien und erzählt en passant die Geschichte der Menschen zwischen Anpassung und Widerstand.
Bei den meisten populärwissenschaftlichen Sachbuch-Comics tritt der fiktionale Teil der Erzählung zugunsten einer realistischen Darstellung des Themas in den Hintergrund. Trotzdem verwandelt die aufgelockerte Erzählform in Bildern und Panels auch ein diskurslastiges Thema wie die Geschichte von Patriarchat und Feminismus in ein flottes Buch. Zumindest, wenn sich so gewitzte Autorinnen und Zeichnerinnen der Sache annehmen wie die Norwegerinnen Marta Breen und Jenny Jordahl. In „Smash the Patriarchy“ legen sie den Fokus nicht nur auf Agitation junger Nachwuchs-Feministinnen. Sondern lösen die vielen Positionen, die es in der Geschichte zur Frauenfrage gab, in Sprechblasen-Dialoge auf, zwischen Philosophen wie Platon und Aristoteles oder Künstlern, die darüber reden, ob Frauen nun zur kreativen Schöpfung gemacht sind oder doch nur zum Kinderkriegen. So schnell und trotz aller Wut, die aufkommen mag, heiter wie in diesem Buch rauscht man sonst nicht durch die Jahrtausende.
Auch der prominente israelische Historiker Yuval Noah Harari hat seinen Weltbestseller „Eine kurze Geschichte der Zeit“ als mehrteilige Graphic Novel in Szene gesetzt. Zusammen mit dem belgischen Autor David Vandermeulen und dem französischen Illustrator Daniel Casanave schuf er ein auf drei Bände angelegtes Werk, „Sapiens“, von dem bisher zwei Bände erschienen sind, der dritte kommt Anfang 2024. Die Reihe arbeitet mit Zeitreisen und einem gut bestückten Fundus an Erzähltricks zur Aufmerksamkeitsstabilisierung: dokumentarfilmartige Szenen, Vorausblicke, Gameshow-Sequenzen, Comics im Comic. Und mit den verschiedenen Comicfiguren als Erzählern, darunter Harari selbst, hat man als entdeckungsfreudiger Zeitreisender nie das Gefühl allein gelassen zu werden.
Das kann einem bei der eben erschienenen Graphic Novel des bewährten polnischen Illustratorenteams Aleksandra Mizielińska und Daniel Mizieliński nicht passieren. Zusammen mit Michał Figura, einem der erfahrensten Wolfsforscher Europas, dokumentieren sie im klassischen Comicstripformat und im vereinfachten, mattfarbenen Ligne-Claire-Stil wahre Geschichten über Wolfsrudel, die in verschiedenen Naturreservaten Polens leben. Basis der Geschichten sind Langzeitstudien über die Tiere, mittels moderner Techniken, Wildkameras, GPS-Halsbänder, der Auswertung der Senderdaten und Untersuchungen vor Ort.
Im Zentrum der acht Kapitel steht jeweils das Leben eines Wolfs, einer Wölfin, das die Autoren über einen Zeitraum von mehreren Monaten bis mehreren Jahren hinweg begleiten. Zum Beispiel lassen sich die Wanderbewegungen von Kampinos, den Forscher nach einer Autokarambolage gerettet haben, vom Bromberger Urwald im nördlichen Polen bis in die oberschlesischen Waldregionen anschaulich verfolgen.
„Wölfe“ ist eine fesselnde und gut verständliche Sammlung von Sachgeschichten, die ungewöhnliche Einblicke in die Arbeit der Wolfsforscher geben. Dokumentiert werden Erfolge und Misserfolge der Arbeit, aber auch die Skepsis der ländlichen Bevölkerung in den betroffenen Regionen. Am Ende ist diese Graphic Novel ein leidenschaftliches, gleichwohl sachliches Plädoyer für die Sicherung von Schutzräumen für diese faszinierenden Tiere und ein Beitrag zur Entmystifizierung des immer wieder anschwellenden Geraunes über den bösen Wolf.
Gegen Geraune einer etwas anderen Art richtet sich auch die Graphic Novel „Völlig meschugge“ von Andreas Steinhöfel, experimentell und mit viel Witz gezeichnet von Melanie Garanin. Hier ist das Sachthema – Antisemitismus und Islamfeindlichkeit – so gut in der Geschichte über den Fünftklässler Benny und seine beiden Freunde Charlie und Hamid verpackt, dass unklar ist, ob die Kategorisierung „Sachbuch“ hier überhaupt greift. Als Benny nach dem Tod seines Großvaters erfährt, dass er Jude ist, und anfängt, einen Davidstern zu tragen, weiß das Flüchtlingskind Hamid nicht mehr, was er denken soll – er ist mit antisemitischen Ressentiments groß geworden. Steinhöfel erzählt diesen Konflikt einfühlsam und mit vielen Ebenen – es geht auch um das große Coming-of-Age-Thema: Wer will ich sein und was nehme ich mit von meinen Eltern, meiner Herkunft, was lasse ich zurück? Am Rande kommentieren das Geschehen manchmal kleine Figuren: eine Kartoffel, eine Kichererbse und ein Davidstern.
Unwahrscheinlich ist es nicht, dass so gut gemachte Sachbuch-Graphic-Novels irgendwann wie selbstverständlich auch zum Schulunterricht gehören. Ganz wie einst die gelben Reclamheftchen.
SIGGI SEUSS
Émile Bravo: Spirou oder: die Hoffnung, Teil 1 – 4. Aus dem Französischen von Ulrich Pröfrock. Carlsen Comics, Hamburg 2018-2022, 12-16 Euro. Ab 12 Jahren.
Yuval Noah Harari, David Vandermeulen, Daniel Casanave: Sapiens. Der Aufstieg. /Die Falle. Übersetzung: Andreas Wirthensohn. C.H.Beck, München 2020/2021, je circa 250 Seiten, je 25 Euro. Ab 14 Jahren.
Marta Breen und Jenny Jordahl: Smash the Patriarchy!
Helvetig Verlag,
Basel/Lausanne 2023. 96 Seiten,
24,90 Euro.
Ab 12 Jahren.
Die Comic-Adaption von Yuval Noah Hararis „Homo sapiens“ zündet ein Feuerwerk an Erzähltricks, auch der Autor selbst tritt auf.
Foto: Carlsen
Andreas Steinhöfel und Melanie Garanin:
Völlig meschugge?!
Carlsen,
Hamburg 2022.
288 Seiten, 20 Euro.
Ab 12 Jahren.
M. Figura, A. u. D. Mizielińska: Wölfe. Wahre Geschichten. Aus dem Polnischen von Marlena Breuer und Thomas Weiler. Moritz Verlag,
Frankfurt am Main 2023, 264 Seiten,
32 Euro. Ab 10 Jahren.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
"Bravo gelingt mit seinem [...] Comicepos [...] das Kunststück, Spirou und Fantasio glaubwürdig in einem historischem Zusammenhang agieren zu lassen und dabei den Charakteren mehr Tiefe zu verleihen." Ralph Trommer Tagesspiegel 20220728