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In Kerschbaumers Aussage, sie habe mit ihrem ersten Prosawerk einen „‚linguistischen’ Roman“ (Vansant 1989, 112) geschrieben, sind schon die wesentlichen Charakteristika des Schwimmers angedeutet, die nun für einen abschließenden, resümierenden Blick auf diese Arbeit als Ausgangspunkt dienen können: Die Verbindung von Linguistik und Poesie, das Interesse der Dichterin Kerschbaumer an linguistischen Theorien und deren Umsetzung im literarischen Werk. Dieses Prinzip verweist zugleich auf Roman Jakobson, dessen Schriften zur bedeutenden Grundlage für ihr literarisches Schaffen werden. Die Sprache…mehr

Produktbeschreibung
In Kerschbaumers Aussage, sie habe mit ihrem ersten Prosawerk einen „‚linguistischen’ Roman“ (Vansant 1989, 112) geschrieben, sind schon die wesentlichen Charakteristika des Schwimmers angedeutet, die nun für einen abschließenden, resümierenden Blick auf diese Arbeit als Ausgangspunkt dienen können: Die Verbindung von Linguistik und Poesie, das Interesse der Dichterin Kerschbaumer an linguistischen Theorien und deren Umsetzung im literarischen Werk. Dieses Prinzip verweist zugleich auf Roman Jakobson, dessen Schriften zur bedeutenden Grundlage für ihr literarisches Schaffen werden. Die Sprache und ihr Funktionieren als System von Zusammenhängen stehen im Schwimmer im Mittelpunkt; sowohl in Form einer Thematisierung auf der Metaebene als auch durch die direkte Sprachbehandlung auf der Objektebene. Über die Beschäftigung mit Jakobsons Begriff der Poetizität findet Kerschbaumer zu einer dichterischen Sprache, die ihren Ansprüchen gerecht wird. Sie will die Sprache vor Abnützungserscheinungen bewahren und eine Automatisierung der Beziehung zwischen sprachlichem Zeichen und außersprachlichem Objekt verhindern, weil dadurch die Vielgestaltigkeit der Wirklichkeit nicht erfasst werden kann. Kerschbaumer versucht die Sprache aus dem gewohnten Gebrauch zu befreien, die Wörter und Sätze aus ihrer Einschränkung auf die Funktion, eine bestimmte Referenz zu bezeichnen, herauszuholen und so der Sprache wieder die Möglichkeit zu geben, sich in ihrer Bedeutungsvielfalt zu präsentieren. Die Aktivierung der poetischen Funktion nach Jakobson wird zum Instrument für die Umsetzung dieses Anliegens. In der Einstellung auf die Mittelung selbst erhält das Wort selbstständigen Wert, die Betonung der Dichotomie von signifiant und signifié bewirkt Polysemie. Diese Mehrdeutigkeit unterstützt Kerschbaumers Konzept einer Sinnerweiterung des Wortes und Irritation eines eindeutigen Bezugs zwischen Zeichen und Referenz. Die poetische Funktion als Projektion des Äquivalenzprinzips von der paradigmatischen Achse der Selektion auf die syntagmatische Achse der Kombination konnte im Schwimmer in den verschiedensten Bereichen beobachtet werden. Auf der syntaktischen Ebene trägt sie zu einer Befreiung der Sprache aus den strengen, gewohnten Strukturen bei. Innerhalb des Einzelsatzes zeigt die konsequente Konstruktion von Äquivalenzbeziehungen auf unterschiedlichen Ebenen eine Konzentration auf das sprachliche Material, die zur intendierten Öffnung des Verhältnisses von Zeichen und Objekt führt. Das einzelne Wort wird wie schon in früheren Experimentalstilen zum Mittelpunkt des Spiels mit Sprache und ihren verschiedenen Bedeutungsmöglichkeiten. Über die technischen Verfahren von Segmentation und Kombination des sprachlichen Materials gelingt es Kerschbaumer immer neue Assoziationsketten zu bilden, wobei es aber nicht um eine einheitliche semantische Linie geht, sondern um die Eröffnung von mehreren Sinnebenen. Dieses Prinzip überträgt sich auch auf die Textebene, die eine enge Verflechtung von ineinander in Beziehung gesetzten sprachlichen Zeichen aufweist, welche jedoch nicht für eine Themenentfaltung eingesetzt wird, sondern wiederum zu einer Zurückdrängung der referentiellen Funktion beiträgt. So wird konsequent gegen den von einem als Roman bezeichneten Werk zu erwartenden Aspekt der Handlung gearbeitet. Auch die Erzählstruktur und ihre die Erzählsituation betreffenden Kategorien sowie der Aspekt der Zeit erfahren eine Überlagerung durch die poetische Funktion. Auf allen Ebenen wird dieses Prinzip verfolgt, um aus dem Sprachmaterial mehrere Bedeutungsebenen zu ziehen, Wörtern und Sätzen als sprachlichen Zeichen wieder ihre Sinnweite zurückzugeben und sie in ihrer Vielfalt sprechen zu lassen.