Sprache ist Waffe und Schild zugleich. Sie kann die eigene Identität stärken, aber auch verletzen und auf diese Weise Menschen ausgrenzen. Unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen verfügen über eigene Arten zu sprechen. Bestimmte Worte und Ausdrücke werden gar zu Markenzeichen spezifischer Gruppen. Diesen Phänomenen geht die US-amerikanische Rhetorik-Forscherin und Philosophin Judith Butler in ihren Werken nach. Anna-Lisa Müller rekonstruiert Butlers Kulturtheorie. Ihr Fokus liegt auf der Rolle, die Sprache bei der Subjektbildung und bei der Ausbildung, Sicherung und Infragestellung gesellschaftlicher Machtverhältnisse spielt. Damit wird Butlers Arbeit aus der reinen "Gender-Ecke" herausgeholt, in die sie die Rezeption vor allem in Deutschland gerne stellte. Dazu zeigt der Band die verschiedenen Einflüsse auf Butlers Konzepte auf - von John L. Austins Sprechakttheorie über Michel Foucault und Louis Althusser bis zur Psychoanalyse. Zudem werden Bezüge zu aktuellen Diskussionen um Rekontextualisierungen und Umdeutungen hergestellt, die sich vor allem in Zusammenhang mit Homosexualität und der Beschäftigung der Deutschen mit dem 3. Reich abspielen. In einem Ausblick bringt die Autorin Butlers dynamisches Konzept der sozialen Praktiken mit dem eher statischen Konzept Pierre Bourdieus in Kontakt, um eine Synthese beider Ansätze zu bilden.