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Ist der Dativ wirklich dem Genitiv sein Tod? Geht es bergab mit der deutschen Sprache? Hans Jürgen Heringer und Rainer Wimmer führen ein in eine wissenschaftlich begründete Sprachkritik.In zwölf Kapiteln werden Kriterien für Sprachkritik entwickelt. Im Fokus stehen Äußerungen, Texte, Sprecher und ihre Handlungen. Ideal ist das sprachkritische Individuum.Das Buch will den Blick schärfen für auffällige Phänomene des öffentlichen Sprachgebrauchs:- Schlagwörter der Politik- Hotwords in der öffentlichen Meinung- Pauschalisierungen- interessegeleitete Wertungen- mediale Wiedergabetechniken und…mehr

Produktbeschreibung
Ist der Dativ wirklich dem Genitiv sein Tod? Geht es bergab mit der deutschen Sprache? Hans Jürgen Heringer und Rainer Wimmer führen ein in eine wissenschaftlich begründete Sprachkritik.In zwölf Kapiteln werden Kriterien für Sprachkritik entwickelt. Im Fokus stehen Äußerungen, Texte, Sprecher und ihre Handlungen. Ideal ist das sprachkritische Individuum.Das Buch will den Blick schärfen für auffällige Phänomene des öffentlichen Sprachgebrauchs:- Schlagwörter der Politik- Hotwords in der öffentlichen Meinung- Pauschalisierungen- interessegeleitete Wertungen- mediale Wiedergabetechniken und Inszenierungen- Täuschungen und Manipulationen- öffentliche Stilisierungen und stereotype Textmuster
Autorenporträt
Dr. Hans Jürgen Heringer war Professor für Deutsche Philologie / Deutsch als Zweitsprache an der Universität Augsburg.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ganz und gar nicht einverstanden ist Helmut Glück mit der "Sprachkritik" von Hans Jürgen Heringer und Rainer Wimmer. Dass sich die beiden Autoren auf die Linguistik konzentrieren und literarische Ästhetik oder Textverständlichkeit als Kriterien ablehnen, mag dem Rezensenten nicht einleuchten. Auch die Skepsis gegenüber den Normen der Standardsprache kann er nicht nachvollziehen: Woran sonst sollen sich Lehrer orientieren? Der allgemeine Sprachgebrauch, den die Autoren als Instanz ins Feld führen, hilft da kaum weiter. So gibt es von Glück eine "dringende Kaufwarnung" vor diesem Buch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2015

Dringende Kaufwarnung
Eine missglückte Einführung in die Sprachkritik

"Linguistik für Bachelor" heißt die Buchreihe, in der diese Einführung erschienen ist. Bereits hier beginnt das Problem. Müsste es nicht heißen "Linguistik für den Bachelor" oder "Linguistik für Bachelors"? Und richtet sich das Werk tatsächlich an fertige Bachelors? Nicht eher an Studierende, die einen solchen Abschluss anstreben? Doch, die sind gemeint, denn das Buch ist schnittig durchdidaktisiert. Jedes Kapitel beginnt mit einem Fallbeispiel, das "WarmUp und Reflexion" heißt. Dann wird das jeweilige Thema vorgetragen, danach kommen Aufgaben zum Üben, jedoch ohne Lösungsschlüssel. Was Sprachkritik sein soll und kann, erläutern die Autoren im ersten Kapitel am Beispiel von Gustav Wustmanns "Sprachdummheiten" (1891), Fritz Mauthners "Beiträgen zu einer Kritik der Sprache" (1901/1902) und der Werke unseres Zeitgenossen Bastian Sick. Karl Kraus wird immer wieder nachweislos zitiert.

Ein Kapitel ist sprachkritischen Schlagwörtern gewidmet. Dort geht es gegen die Puristen, gegen die Warner und Mahner vor dem Sprachverfall und gegen die Kritiker der Modewörter, der Klischees und der Phrasendrescherei, also um die herkömmlichen Themen der Sprachkritik. Hier bekommt Uwe Pörksen, der Autor von "Plastikwörter" (1988), sein Fett ab: er sei bloß ein "Halblinguist". Dann geht es gegen Autoren, die Textverständlichkeit für ein hohes Gut halten und deshalb das Deutsch der Verwaltung oder der Juristen kritisieren. Die Rechtschreibreform wird als Bagatelle abgetan, da sie nur Äußerlichkeiten betreffe; das ist mitnichten der Fall. Die feministische Sprachlenkung und das politisch korrekte Sprachpolizeiwesen werden vorgestellt und mit Stirnrunzeln bedacht. Schließlich modellieren die Autoren, beides notorische Volllinguisten, den "sprachkritisch gebildeten Sprecher", den sie durch ihr Buch erschaffen wollen. Am Ende geben sie Empfehlungen für einen sprachkritischen Deutschunterricht. Lehrern empfehlen sie, "nicht streng ihre Vorstellungen von Standard durchzusetzen" - was sollen sie denn sonst tun? Fehler in der Grammatik, der Wortwahl, der Zeichensetzung als Manifestation juveniler Kreativität stehenlassen?

Die Autoren stehen den Normen der Standardsprache skeptisch gegenüber. Für sie ist der allgemeine Sprachgebrauch die Instanz, an der Sprecher und Schreiber sich orientieren sollen. Sprachliche Korrektheit halten sie für einen Mythos, Geschmacksurteile für unzulässig, Freude an sprachlicher Schönheit für elitär. Das verkaufen sie als ein "modernes und haltbares Konzept von Sprache". Die Vorstellung, dass es gutes, weniger gutes und womöglich sogar miserables Deutsch gibt, ist ihnen suspekt. Der Duden-Band über die sprachlichen Zweifelsfälle, in dem die Normunsicherheiten und Probleme nachzulesen sind, an denen sich Sprachkritiker mit Recht abarbeiten, erscheint nicht einmal im Literaturverzeichnis. Literaturkritik lehnen die Autoren grundsätzlich ab, weil sie subjektiv sei. Handke, Fontane und Goethe lassen sie als Vorbilder gelten, ohne dass sie begründen, weshalb sie gerade diese drei gelten lassen. Der Textgattung der Rezension stehen sie kritisch gegenüber.

Wie wünschen sie sich Sprachkritik? Linguistisch fundiert muss sie sein, nicht ästhetisch oder stilistisch begründet, und keinesfalls von literarischem Geschmack kontaminiert. Die Maßstäbe sollen Linguisten ihres Zuschnitts setzen, nicht unkundige Laien. Die Sprachkritik hätte eine kompetentere Behandlung verdient, auch wenn das Buch nur "für Bachelor" ist.

HELMUT GLÜCK.

Hans Jürgen Heringer und Rainer Wimmer: "Sprachkritik". Eine Einführung.

Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2015. 226 S., br., 22,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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