Produktdetails
- Verlag: Büchergilde Gutenberg
- ISBN-13: 9783763271948
- Artikelnr.: 59912817
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.2018Lust auf Beethoven
Noch kein Komponist vor Ludwig van Beethoven ist jemals so "in Haft genommen worden für die Formen, Normen und Standards der Musik, die nach ihm entstanden ist: Alle ethischen und ästhetischen Werte der klassisch-romantischen Musik leiten sich von Beethoven her", schreibt Eleonore Büning, von 1997 bis 2017 Redakteurin im Feuilleton dieser Zeitung, in ihrem neuen Buch über Ludwig van Beethoven. Es ist nicht ihr erstes. Schon mit der Studie "Wie Beethoven auf den Sockel kam" über die Wirkungsgeschichte der Figur "Beethoven" hatte sie 1992 der Forschung wichtige Impulse verliehen. Ihr neues Buch versteht sich aber weniger als Forschungsbeitrag denn als "Musikverführer" und wendet sich an alle, die sich von Beethovens Werk berühren und erschüttern lassen oder zum Nach- und Weiterdenken angeregt werden wollen. In 26 Kapiteln gehen anekdotische Unterhaltung und dichte musikalische Betrachtung Hand in Hand. Man erfährt, wer Beethovens Lehrer Johann Gottlieb Neefe und wer seine "Unsterbliche Geliebte" Josephine von Brunsvik war, aber auch, dass es einen "Kriechstrom" gibt zwischen der Klaviersonate op. 28 und der Symphonie op. 68. Kenntnis der Forschungsliteratur und eigene musikalische Anschauung profitieren wechselseitig voneinander - mit nur einem Ziel: Lust auf das Hören von Beethoven zu wecken.
jbm.
Eleonore Büning: "Sprechen wir über Beethoven". Ein Musikverführer. Benevento Verlag, Salzburg / München 2018. 351 S., geb., 24.- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Noch kein Komponist vor Ludwig van Beethoven ist jemals so "in Haft genommen worden für die Formen, Normen und Standards der Musik, die nach ihm entstanden ist: Alle ethischen und ästhetischen Werte der klassisch-romantischen Musik leiten sich von Beethoven her", schreibt Eleonore Büning, von 1997 bis 2017 Redakteurin im Feuilleton dieser Zeitung, in ihrem neuen Buch über Ludwig van Beethoven. Es ist nicht ihr erstes. Schon mit der Studie "Wie Beethoven auf den Sockel kam" über die Wirkungsgeschichte der Figur "Beethoven" hatte sie 1992 der Forschung wichtige Impulse verliehen. Ihr neues Buch versteht sich aber weniger als Forschungsbeitrag denn als "Musikverführer" und wendet sich an alle, die sich von Beethovens Werk berühren und erschüttern lassen oder zum Nach- und Weiterdenken angeregt werden wollen. In 26 Kapiteln gehen anekdotische Unterhaltung und dichte musikalische Betrachtung Hand in Hand. Man erfährt, wer Beethovens Lehrer Johann Gottlieb Neefe und wer seine "Unsterbliche Geliebte" Josephine von Brunsvik war, aber auch, dass es einen "Kriechstrom" gibt zwischen der Klaviersonate op. 28 und der Symphonie op. 68. Kenntnis der Forschungsliteratur und eigene musikalische Anschauung profitieren wechselseitig voneinander - mit nur einem Ziel: Lust auf das Hören von Beethoven zu wecken.
jbm.
Eleonore Büning: "Sprechen wir über Beethoven". Ein Musikverführer. Benevento Verlag, Salzburg / München 2018. 351 S., geb., 24.- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Alain Claude Sulzer schwärmt von den Beethoven-Kenntnissen seiner Kollegin Eleonore Büning. Wie die ehemalige Musikredakteurin der FAZ sich Beethovens Werk und Talent nähert, es deutet und vermittelt, findet Sulzer phänomenal. Ein Buch für Laien und Liebhaber, versichert er, auch wenn nicht alles darin immer unmittelbar verständlich sei. Die Einblicke, mit denen die Autorin aufwartet, etwa über Karajans Fähigkeit, Beethovens detaillierte Vorgaben zu erfüllen, ihr gekonntes Springen zwischen Werkgattungen, Epochen und Interpretationsstilen sowie die implizite Aufforderung, die Lektüre immer wieder mit Hörbeispielen zu erweitern, machen das Buch für Sulzer zum Genuss. Die Erfahrung der Autorin, ihre intime Quellenkenntnis und ihr Wissen um die Interpretationsgeschichte und die Biografie des Künstlers, vor allem aber die Leichtigkeit, mit der hier Wissen präsentiert wird, machen den Rezensenten rundum glücklich.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.02.2019Das Original-Genie als
Kontrollfreak
Eleonore Büning über Beethoven damals und heute
Als „eine ganz ungebändigte Persönlichkeit“ hat ihn Goethe 1812 im böhmischen Teplitz kennengelernt. Nun steht Beethoven vor unserer Tür, medial gebändigt: Nächstes Jahr wird er 250, die Musikwelt rüstet zum Appell. Was hat der kultisch Verehrte aus Bonn noch Dringliches zu sagen? Kann seine Musik, seine Person, uns noch Staunen, Überwältigtsein abzwingen? Lässt sich das „Original-Genie“ beschreiben? Mehr als das Gemälde aus einem Guss macht ein Porträt aus Mosaiksteinen das Beethoven-Bild anscheinend flexibler, farbiger. Und was als Rundfunkreihe zu hören war, eignet sich zum Lesen, fehlt nur das „Schmiermittel“ für Texte: Musik.
Der Farbreichtum von Eleonore Bünings „Musikverführer“ beginnt mit den Kapitelüberschriften, lauter Zitatfunden. Etwa: „Da ist das Werk, sorgt um das Geld“ – Beethovens Umgang mit den Verlegern und sein Finanzgebaren erscheinen als „ein schönes Durcheinander“. Oder „Nichts als Trommeln, Kanonen, Menschenelend“, das zielt auf des Komponisten einzige Oper „Fidelio“ und sein politisches Denken. „Veränderungen über einen Deutschen“ überprüft, wie sich Beethoven im Spiegel der Dichter fokussiert, verbreitert, verformt, verflüchtigt hat. „Mein Engel, mein Alles, mein Ich“ zeigt Beethovens tragischen Kampf um die Frauen, besonders die „Unsterbliche Geliebte“, die bis heute auf dem Feld endloser Vermutungen ein Phantom geblieben ist.
Die Autorin und Musikwissenschaftlerin mit Dissertation über Beethoven, lange Jahre Musikredakteurin der FAZ, fragt im Vorwort, „warum wir von Beethoven so erschüttert werden“ – und verweigert eine klare Antwort. Weder gehe es ihr um letzte Wahrheiten noch um „Aufklärung über die Wirkungsmacht des ‚Mythos’ Beethoven“. Eleonore Büning will lieber über seine großen oder kleineren Werke geredet haben, über die „Voraussetzungen ihrer Entstehung“, über ihren Erfolg oder Misserfolg sowie das Phänomen der „Spätwirkung“.
Büning versteht es, mit Wissen und journalistischer, stilistischer Geistesgegenwart geradezu lustvoll zu prunken. Und die Lust entsteht durchaus beim Leser, der sich ja einem „Musikverführer“, wie sich das Buch nennt, anvertraut hat.
Da mag es manchen überraschen, dass Beethoven ein Musiker gewesen sein soll, der sich als „Kopf-Komponist“ identifizieren lässt. So heißt heutzutage das kultivierte Schimpfwort für musikalische Dünnblütigkeit. In der Tat, Beethoven „komponierte in Gedanken, unhörbar, unsichtbar und ununterbrochen, wo er ging und stand, ob tags oder nachts. Auch in den Ferien. Er dachte in Musik“. Dazu benötigte er seine „Skizzenbücher“, die er immer mit sich trug, die er aus Sorge, einen Einfall oder eine Idee zu verlieren, hortete – ein „Kontrollfreak … mit seinem Sammelwahn“.
Büning räumt aber auch viel Raum und Zeit ein für historische, musikalische, ästhetische Beobachtungen und Assoziationen quer durch die Musikgeschichte. Mit Blick in die Sinfonien, Konzerte und Ouvertüren, Sonaten und Variationen, die Trios und Quartette fügt sie den Komponisten in die Musikgeschichte ein: Beethoven und die Ursachen, Bach, Haydn, Mozart, sowie Beethoven und die Folgen, Schubert oder Schumann. Dabei hat sie die Pianisten und Dirigenten gestern und heute im Visier, mit all ihren denkbar ungleichen Auffassungen und Interpretationen.
Im vorletzten Kapitel ist dann „höchste Zeit für einen Kassensturz“, mit der finalen Frage: „Wie stehen unserer Beethovenaktien heute? Steigen oder fallen sie? Sind sie nach wie vor stabil?“ Über dem Kapitel steht geschrieben: „Roll over Beethoven“ – es geht mit dem Komponisten der Neunten von Kubrick über Stockhausen bis zu den Beatles. Und doch hat kaum jemand Beethoven intuitiv so stark erfasst wie der um eine Generation ältere Zeitgenosse Goethe in Weimar: „Zusammengeraffter, energischer, inniger habe ich noch keinen Künstler gesehen. Ich begreife recht gut, wie der gegen die Welt wunderlich stehen muss“.
WOLFGANG SCHREIBER
Beethoven „komponierte in
Gedanken, unhörbar, unsichtbar
und ununterbrochen“
Eleonore Büning:
Sprechen wir über
Beethoven. Ein Musikverführer. Benevento Verlag, Salzburg 2018.
351 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Kontrollfreak
Eleonore Büning über Beethoven damals und heute
Als „eine ganz ungebändigte Persönlichkeit“ hat ihn Goethe 1812 im böhmischen Teplitz kennengelernt. Nun steht Beethoven vor unserer Tür, medial gebändigt: Nächstes Jahr wird er 250, die Musikwelt rüstet zum Appell. Was hat der kultisch Verehrte aus Bonn noch Dringliches zu sagen? Kann seine Musik, seine Person, uns noch Staunen, Überwältigtsein abzwingen? Lässt sich das „Original-Genie“ beschreiben? Mehr als das Gemälde aus einem Guss macht ein Porträt aus Mosaiksteinen das Beethoven-Bild anscheinend flexibler, farbiger. Und was als Rundfunkreihe zu hören war, eignet sich zum Lesen, fehlt nur das „Schmiermittel“ für Texte: Musik.
Der Farbreichtum von Eleonore Bünings „Musikverführer“ beginnt mit den Kapitelüberschriften, lauter Zitatfunden. Etwa: „Da ist das Werk, sorgt um das Geld“ – Beethovens Umgang mit den Verlegern und sein Finanzgebaren erscheinen als „ein schönes Durcheinander“. Oder „Nichts als Trommeln, Kanonen, Menschenelend“, das zielt auf des Komponisten einzige Oper „Fidelio“ und sein politisches Denken. „Veränderungen über einen Deutschen“ überprüft, wie sich Beethoven im Spiegel der Dichter fokussiert, verbreitert, verformt, verflüchtigt hat. „Mein Engel, mein Alles, mein Ich“ zeigt Beethovens tragischen Kampf um die Frauen, besonders die „Unsterbliche Geliebte“, die bis heute auf dem Feld endloser Vermutungen ein Phantom geblieben ist.
Die Autorin und Musikwissenschaftlerin mit Dissertation über Beethoven, lange Jahre Musikredakteurin der FAZ, fragt im Vorwort, „warum wir von Beethoven so erschüttert werden“ – und verweigert eine klare Antwort. Weder gehe es ihr um letzte Wahrheiten noch um „Aufklärung über die Wirkungsmacht des ‚Mythos’ Beethoven“. Eleonore Büning will lieber über seine großen oder kleineren Werke geredet haben, über die „Voraussetzungen ihrer Entstehung“, über ihren Erfolg oder Misserfolg sowie das Phänomen der „Spätwirkung“.
Büning versteht es, mit Wissen und journalistischer, stilistischer Geistesgegenwart geradezu lustvoll zu prunken. Und die Lust entsteht durchaus beim Leser, der sich ja einem „Musikverführer“, wie sich das Buch nennt, anvertraut hat.
Da mag es manchen überraschen, dass Beethoven ein Musiker gewesen sein soll, der sich als „Kopf-Komponist“ identifizieren lässt. So heißt heutzutage das kultivierte Schimpfwort für musikalische Dünnblütigkeit. In der Tat, Beethoven „komponierte in Gedanken, unhörbar, unsichtbar und ununterbrochen, wo er ging und stand, ob tags oder nachts. Auch in den Ferien. Er dachte in Musik“. Dazu benötigte er seine „Skizzenbücher“, die er immer mit sich trug, die er aus Sorge, einen Einfall oder eine Idee zu verlieren, hortete – ein „Kontrollfreak … mit seinem Sammelwahn“.
Büning räumt aber auch viel Raum und Zeit ein für historische, musikalische, ästhetische Beobachtungen und Assoziationen quer durch die Musikgeschichte. Mit Blick in die Sinfonien, Konzerte und Ouvertüren, Sonaten und Variationen, die Trios und Quartette fügt sie den Komponisten in die Musikgeschichte ein: Beethoven und die Ursachen, Bach, Haydn, Mozart, sowie Beethoven und die Folgen, Schubert oder Schumann. Dabei hat sie die Pianisten und Dirigenten gestern und heute im Visier, mit all ihren denkbar ungleichen Auffassungen und Interpretationen.
Im vorletzten Kapitel ist dann „höchste Zeit für einen Kassensturz“, mit der finalen Frage: „Wie stehen unserer Beethovenaktien heute? Steigen oder fallen sie? Sind sie nach wie vor stabil?“ Über dem Kapitel steht geschrieben: „Roll over Beethoven“ – es geht mit dem Komponisten der Neunten von Kubrick über Stockhausen bis zu den Beatles. Und doch hat kaum jemand Beethoven intuitiv so stark erfasst wie der um eine Generation ältere Zeitgenosse Goethe in Weimar: „Zusammengeraffter, energischer, inniger habe ich noch keinen Künstler gesehen. Ich begreife recht gut, wie der gegen die Welt wunderlich stehen muss“.
WOLFGANG SCHREIBER
Beethoven „komponierte in
Gedanken, unhörbar, unsichtbar
und ununterbrochen“
Eleonore Büning:
Sprechen wir über
Beethoven. Ein Musikverführer. Benevento Verlag, Salzburg 2018.
351 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de