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Grabschriften - gelesen als aufschlußreiche Quelle der Kulturgeschichtsschreibung.Das Interesse an Grabschriften, und nicht nur das volkstümliche, hat in letzter Zeit einen großen Aufschwung genommen. Der Friedhof erweist sich als aufschlußreiche Quelle der Kulturgeschichtsschreibung. Denn Grabinschriften ziehen die Summe der Lebenserfahrung; Vorstellungen, die sie den Toten zuschreiben, deuten auf sonst vielleicht nicht Ausgesprochenes und bestätigen so die Werte ihres historisch-sozialen Umkreises.Der amerikanische Literaturwissenschaftler Karl S. Guthke legt mit diesem Band eine…mehr

Produktbeschreibung
Grabschriften - gelesen als aufschlußreiche Quelle der Kulturgeschichtsschreibung.Das Interesse an Grabschriften, und nicht nur das volkstümliche, hat in letzter Zeit einen großen Aufschwung genommen. Der Friedhof erweist sich als aufschlußreiche Quelle der Kulturgeschichtsschreibung. Denn Grabinschriften ziehen die Summe der Lebenserfahrung; Vorstellungen, die sie den Toten zuschreiben, deuten auf sonst vielleicht nicht Ausgesprochenes und bestätigen so die Werte ihres historisch-sozialen Umkreises.Der amerikanische Literaturwissenschaftler Karl S. Guthke legt mit diesem Band eine Kulturgeschichte der Grabschrift des Westens von der Antike bis zur Neuzeit vor. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Neuzeit, und es werden Fragen gestellt wie: Warum werden Grabschriften seit zwei Jahrtausenden gesammelt und veröffentlicht? Warum sind sie nicht selten (absichtlich) komisch und was verraten sie über die Einstellung der Nachwelt gegenüber den Toten? Als besonders aufschlußreich erweisensich die Epitaphe auf Selbstmörder: Was verraten sie über die religiöse und sozialpsychologische Haltung der Hinterbliebenen? Verschiedene »Subkulturen« der epitaphischen Erinnerungspflege rücken weitere psychologische, theologische und soziale Fragestellungen in den Blick - etwa den Kult der selbst verfaßten Grabschrift oder auch die Grabschrift für Tiere.
Autorenporträt
Karl S. Guthke, geb. 1933, lehrt seit 1956 in Nordamerika, seit 1968 ist er Professor für Deutsche Literatur an der Harvard Universität.Veröffentlichungen u. a.: Sprechende Steine. Eine Kulturgeschichte der Grabschrift (2006); Goethes Weimar und »Die große Öffnung in die weite Welt« (2001); Der Blick in die Fremde: Das Ich und das andere in der Literatur (2000).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.09.2006

Totenruhe gewahrt
Karl S. Guthke spricht über sprechende Grabsteine
Todesangst, meinte einmal Paul Tillich, sei „immer Angst vor dem Vergessen-Werden”. Ein universales Gegenmittel stellt die vielleicht am meisten verbreitete literarische Form bereit: Grabschriften – solche erhalten selbst jene, die im Leben nie hervorgetreten sind. Da der Tod Sottisen aber die Spitze bricht, gilt das Epitaph als Hort von Beschönigungen. Spöttische Wahrheiten wie die Inschrift „Endlich schläft sie allein” für eine freizügige Hollywood-Hostess bilden – je nach Respekt eines Zeitalters – die Ausnahme. „Lying like an epitaph” bewährt sich viel eher als sprichwörtliche Friedhofsregel. Nach einem einzigen Spaziergang über jeden beliebigen Kirchhof drängt sich so die Frage auf, wo eigentlich die durchschnittlichen und schlechten Menschen begraben liegen.
Wenn man wie Karl S. Guthke im amerikanischen Cambridge einen der schönsten und aufregendsten Friedhöfe vor der Haustür hat und zudem Literaturprofessor ist, liegt der Gedanke nahe, sich genauer mit dieser etwas bizarren Spielart von Alltagsliteratur zu befassen. In guter Tradition befindet man sich damit allenthalben, denn schon im Mittelalter, besonders aber seit der Renaissance wurden antike Inschriften im großen Stil gesammelt, übersetzt und verzeichnet. Inzwischen hat sich dafür gar eine eigene Wissenschaft, die Grabsteinkunde, etabliert. Doch all das bleibt recht archivalisch. Guthke legt jetzt ein dickes und grundgelehrtes Buch zu dem Thema vor. Es will eine kulturgeschichtliche Brücke zu der öffentlichen Beliebtheit von Grabschriften in zahllosen, gut verkäuflichen Anthologien schlagen. Guthke deutet zwar Verbindungen zu Fragen der Gedächtniskultur, der Rhetorik und Fiktionalisierung, der theologischen und moralischen Einschränkungen oder des sozialgeschichtlichen Umgangs mit Tod und Trauer in unterschiedlichen Gesellschaften an; rechte Spannung will dennoch nicht aufkommen.
Das Buch ist zu sprunghaft und überfrachtet mit Beispielen, fast jeder zweite Satz zitiert ein neues Epitaph. Die einzelnen Kapitel beschreiben und katalogisieren eine ungeheure Fülle von Material, statt konzeptionelle Linien und Ideen zu entwickeln. Ist dieses Genre literarisch vielleicht doch zu anspruchslos, um es deutend interessant zu machen? Schwer zu sagen, wie das Zündkraut so feucht hat werden können. Schade ist das allemal, doch für die Wendung „meant well, tried a little, failed much” auf dem Grabstein muss sich laut Robert Louis Stevenson niemand schämen – nicht einmal ein Buch.
ALEXANDER KOŠENINA
KARL S. GUTHKE: Sprechende Steine. Eine Kulturgeschichte der Grabschrift. Wallstein Verlag, Göttingen 2006. 414 Seiten, 39 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kaum Gutes weiß Alexander Kosenina über Karl S. Guthkes "Kulturgeschichte der Grabschrift" zu berichten. Zwar attestiert er dem Autor, ein "grundgelehrtes" Buch verfasst zu haben. Zugleich kritisiert er es aber als völlig unausgegoren. Die enorme Fülle des angehäuften Materials wirkt auf ihn ungebändigt. Vor allem vermisst er die Entwicklung von konzeptionellen Linien und Ideen, die bei den zahllosen Beispielen von Grabinschriften für Ordnung sorgen. Auch die angedeuteten Bezüge zu Fragen der Gedächtniskultur, der Rhetorik und Fiktionalisierung, des sozialgeschichtlichen Umgangs mit Tod und Trauer und so fort fallen zu Koseninas Bedauern ziemlich spannungsarm aus.

© Perlentaucher Medien GmbH