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Am 17. Oktober 1989 wurde Erich Honecker während einer dramatischen Sitzung des SED-Politbüros gestürzt. Drei Wochen später fiel die Mauer und mit ihr wenig später die DDR. Der ehemals mächtigste Mann des "ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden" erlebte einen tiefen Fall. Die meisten seiner Freunde und Genossen wandten sich von ihm ab, die Staatssicherheit ermittelte gegen ihn. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Krankenhäusern, Gefängnissen und in einem Pfarrhaus. Honecker war auf der Flucht, suchte Asyl in Moskau und in Santiago de Chile, aber Deutschland ließ ihn nicht…mehr

Produktbeschreibung
Am 17. Oktober 1989 wurde Erich Honecker während einer dramatischen Sitzung des SED-Politbüros gestürzt. Drei Wochen später fiel die Mauer und mit ihr wenig später die DDR. Der ehemals mächtigste Mann des "ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden" erlebte einen tiefen Fall. Die meisten seiner Freunde und Genossen wandten sich von ihm ab, die Staatssicherheit ermittelte gegen ihn. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Krankenhäusern, Gefängnissen und in einem Pfarrhaus. Honecker war auf der Flucht, suchte Asyl in Moskau und in Santiago de Chile, aber Deutschland ließ ihn nicht los. Immer wieder meldete er sich zu Wort, obwohl ihn kaum noch jemand hören wollte. Als er 1994 in Chile starb, ließ ihn seine Frau Margot nicht beisetzen. Die Urne steht bis heute in ihrer Wohnung, um irgendwann in Deutschland zur letzten Ruhe gebettet zu werden.

Thomas Kunze schildert Erich Honeckers Lebensweg zwischen Sturz und Tod. Der Autor hat diese Jahre eingehend recherchiert und dabei überraschendes Material aus den Archiven von SED, MfS und Justizbehörden sowie zahlreichen Privatarchiven zu Tage gefördert. Er sprach noch einmal mit den Akteuren von damals: Hans Modrow, Lothar de Maizière, Egon Krenz, Günter Schabowski, Gorbatschow-Berater Georgi Schachnasarow und Helmut Kohl. Sie geben Einblick in die damaligen Ereignisse und lassen höchst unterschiedliche Bewertungen erkennen.
Autorenporträt
Thomas Kunze, Jahrgang 1963, Studium der Geschichte, Germanistik und Pädagogik an den Universitäten Jena und Leipzig, 1991 Promotion im Fachgebiet Neueste Geschichte; 1990-95 Chef des Ausländeramtes sowie des Amtes für Kommunalaufsicht im Landratsamt der Stadt Leipzig, 1995-2000 Programmlehrkraft der Bundesrepublik Deutschland in Constanta/Rumänien; seit 1992 nebenberufliche Tätigkeit als freier Autor und Dozent. Zahlreiche journalistische Arbeiten und Publikationen, u.a. "Vergessen in Europa" (Rundfunkfeature), 1998; Reiseführer "Rumänien", Pforzheim 1999, und "Istanbul", Pforzheim, 2001.
Im Ch. Links Verlag erschien von ihm:
"Nicolae Ceauscescu. Eine Biographie", 2000, die von der Presse als ein "fesselndes Stück europäischer Zeitgeschichte" (Mitteldeutsche Zeitung) und als eine "detailreiche Vita" (Focus) gewürdigt wurde. In Rumänien erschien eine mehrteilige Zeitschriftenserie zum Buch, wobei die "hervorragende Dokumentation" des politischen Lebensweges von Diktator Ceauscescu großen Respekt fand.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2001

Moskaus Filialleiter
Annäherungen an Erich Honecker

Jan N. Lorenzen: Erich Honecker. Eine Biographie. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2001. 239 Seiten, 8,90 Euro.

Thomas Kunze: Staatschef a. D. Die letzten Jahre des Erich Honecker. Ch. Links Verlag, Berlin 2001. 224 Seiten, 38,- Mark.

Von 1971 bis 1989 war Erich Honecker als Nachfolger Walter Ulbrichts der unumstritten erste Mann in der DDR. Dennoch konnte er nicht unumschränkt herrschen, auch wenn er es, je älter er in seiner Funktion wurde, immer wieder versuchte. Er war - und so verstand er sich anfangs auch - ein "Abteilungsleiter" in der um die Sowjetunion gruppierten sozialistischen, dem Marxismus-Leninismus verpflichteten Staatengemeinschaft. Seine maßgebenden Chefs saßen in Moskau: der jeweilige Generalsekretär und das Politbüro der KPdSU. Bis Gorbatschow in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre eigene Wege ging, bestimmten sie die Richtlinien der Politik der DDR. Als die gewohnten Signale aus Moskau ausblieben und neue Töne aus dem Kreml kamen, verstand der Altkommunist in Ost-Berlin die Welt nicht mehr. Der Zusammenbruch des Kommunismus, an den Honecker geglaubt und für den er zeit seines Lebens gekämpft und gearbeitet hatte, war total. In starrer Uneinsichtigkeit überlebte ihn der Greis nur um wenige Jahre.

Honeckers Leben, die Motive seines Handelns, seine Ideale und sein politisches Wirken im Deutschland der Weimarer Republik, in der Zeit des Nationalsozialismus und im Machtbereich der Sowjetunion nach 1945 sind Stoff für die zeitgeschichtliche Forschung. Sie kann und muß ans Licht bringen, wie es denn gewesen ist, was für ein Mensch dieser in der öffentlichen Wahrnehmung bisher sicher unterschätzte Mann war und was er gewollt und getan hat. Auch dies ist notwendige Vergangenheitsbewältigung im vereinten Deutschland.

"Die erste umfassende Biographie" Honeckers hat nach Ansicht seines Verlages jetzt der 1969 in Hamburg geborene freie Fernseh-Journalist Jan N. Lorenzen vorgelegt. Sie ist das Ergebnis einer fleißigen journalistischen Recherche. Eine wissenschaftlich fundierte Biographie, die neue Erkenntnisse bringen könnte, ist diese Arbeit jedoch nicht. Sie ist eine nicht ungeschickte Zusammenstellung dessen, was man in jüngster Zeit in einschlägigen Veröffentlichungen über Honecker und die Geschichte der DDR lesen konnte. Da werden aus der Memoiren-Literatur Darstellungen und Einschätzungen Honeckers durch jene wiedergegeben, die mit ihm so oder so zu tun hatten. Der Autor referiert aus Honeckers 1980 erschienener Autobiographie "Aus meinem Leben" sowie aus seinen Interviews und Erklärungen nach dem Sturz, nicht aber aus den in Ost-Berlin seit 1975 publizierten zwölf Bänden "Reden und Aufsätze" Honeckers. Er stützt sich auf das "Porträt eines Nachfolgers", das Heinz Lippmann, sein einstiger enger Mitarbeiter im FDJ-Zentralrat, 1971 im Westen vorlegte, ignoriert aber die von Erich Borkowski 1987 ebenfalls im Westen vorgelegte Biographie Honeckers "Statthalter Moskaus oder deutscher Patriot?"

Als Mitautor der vom Mitteldeutschen Rundfunk am 7. Oktober 1999 ausgestrahlten Fernsehdokumentation "Die Sekretäre" zitiert Lorenzen zwar das, was Wolfgang Seifert, Fritz Schenk, Werner Eberlein, Gisela Schirdewan, Alexander Bogomolow, Markus Wolf, Manfred Gerlach, Pjotr Abrassimow, Gerhard Schürer und Egon Krenz dort gesagt haben. Er verzichtet aber darauf, diese und weitere Zeitzeugen ausführlich über Honecker zu befragen. Vor allem aber hat der Autor darauf verzichtet, die nicht zuletzt in den Archiven - vor allem bei der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv - vorhandenen Akten und Dokumente, die unmittelbar Auskunft über Honecker geben, einzusehen und auszuwerten. Er begnügt sich mit dem, was andere Autoren in ihren Arbeiten publiziert haben. "Zit. n." ist ein ständig wiederkehrender Hinweis in den Fußnoten, die in diesem Buch am Seitenrand stehen. So profitiert der Autor von den Früchten der Arbeit anderer - wie von der 1997 erschienenen bemerkenswerten Untersuchung der Historikerin Monika Kaiser "Machtwechsel von Ulbricht zu Honecker. Funktionsmechanismen der SED-Diktatur in Konfliktsituationen 1962-1972". Jedoch bleibt seine Honecker-Biographie mangels eigener wissenschaftlicher Studien an der Oberfläche und daher unbefriedigend.

Größeren Gewinn bietet da das Buch "Staatschef a. D." von Thomas Kunze, der "die letzten Jahre des Erich Honecker" zwischen seinem Sturz am 17. Oktober 1989 und seinem Tod am 29. Mai 1994 in Chile schildert. Der aus Ostdeutschland stammende Autor hat mit Zeitzeugen ausführlich gesprochen und eine Reihe von Dokumenten zusammengetragen, so daß ihm eine detailreiche, mit zum Teil unbekannten Fakten untersetzte Darstellung gelungen ist. Zum Beispiel erfährt der Leser, daß sich Honecker seit seinem Aufenthalt in der Charité im Januar 1990 "der finanziellen Unterstützung durch die Palästinensische Befreiungsorganisation erfreuen" konnte, die in der DDR eine Botschaft hatte. Arafat habe seinen alten Kampfgefährten, der ihn früher oft genug unterstützt habe, nicht im Stich gelassen, schreibt Kunze. Ähnlich verhielt sich ja auch Clodomiro Almeyda, der seit Ende 1970 chilenischer Außenminister unter Allende war, nach dessen Sturz als politischer Flüchtling von Honecker großzügig von 1976 bis 1987 Asyl in der DDR erhielt und 1991 als Botschafter in Moskau dem Ehepaar Honecker monatelang Gastrecht in der chilenischen Botschaft bot, schließlich Erich Honeckers Auslieferung nach Deutschland aber nicht verhindern konnte.

Margot Honecker freilich, die sicher eine der interessantesten Quellen für einen Honecker-Biographen wäre, wenn sie sich sachlich und wahrheitsgemäß äußern würde, hat auch Kunze ein Gespräch verweigert. Ihr im vergangenen Jahr erschienener Interviewband "Gespräche mit Margot Honecker über das andere Deutschland" von Luis Corvalan deutet jedoch darauf hin, daß man von ihr keine "objektiven Schilderungen oder gar Wertungen" über Erich Honecker erwarten kann.

Er habe die Lebensgeschichte Honeckers nach 1989 als zusammenfassende Chronik der Ereignisse schreiben und damit einen Beitrag für eine Honecker-Biographie leisten wollen, schreibt Kunze. Das ist ihm gelungen. Auf eine umfassende und gründliche Honecker-Biographie müssen wir weiter warten.

PETER JOCHEN WINTERS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zwei neue Bücher zu Honecker, von denen sich das eine für eine richtige Biografie hält, stellt Peter Jochen Winters vor. Dasjenige, das sich auf die Jahre nach 1989 beschränkt, gefällt ihm besser, aber beide sind nicht das, worauf man gewartet hat: eine umfassende, verlässliche, gut recherchierte Biografie.
1) Jan N. Lorenzen "Erich Honecker"
Es ist nicht so, lässt sich die Ansicht die Rezensenten resümieren, dass Lorenzen unsolide gearbeitet hat, jedoch hat er kaum eigene Recherchen betrieben oder Zeitzeugen befragt. Das Buch ist so mehr eine Kompilation, oder, mit Winters' Worten: "eine nicht ungeschickte Zusammenstellung" aus vorliegenden Quellen, mit denen der Autor noch dazu recht selektiv umgegangen ist. Auf die Auswertung von Archivmaterial hat Lorenzen, wie Winters bedauert, gleich ganz verzichtet, "profitiert" stattdessen "von den Früchten der Arbeit anderer". Insgesamt fällt das Urteil daher negativ aus: das Buch bleibt nach Ansicht des Rezensenten "an der Oberfläche".
2) Thomas Kunze "Staatschef a.D."
Thomas Kunze hat, ganz im Unterschied zu Lorenzen, "mit Zeitzeugen ausführlich gesprochen", das gefällt dem Rezensenten schon viel besser. Geschildert werden die Jahre von 1989 bis zum Tod Honeckers 1994 in Chile und man erfährt, so Winters, Dinge, die man noch nicht wusste. Etwa, dass Honecker seit 1990 finanzielle Zuwendungen vom alten Bundesgenossen Arafat erhalten hat. Wie allen anderen freilich hat sich auch dem Biografen Kunze die wohl wichtigste Zeitzeugin "verweigert": Margot Honecker. Viel, räumt Winters sogleich ein, ist von ihr wohl nicht zu erwarten, insbesondere keine "objektiven Schilderungen oder gar Wertungen". Unter diesen Umständen ist, stellt der Rezensent fest, Kunze "gelungen", was er erreichen wollte: eine Darstellung, die ein "Beitrag" zu einer als Ganzer noch nicht vorhandenen Honecker-Biografie ist.

© Perlentaucher Medien GmbH
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