Wendezeiten, Zusammenbrüche und Katastrophen im Spiegel der Literatur
In unseren spätmodernen Zeiten erscheint die Literatur als ein nachträgliches Medium. Die Dramatisierung der Katastrophen des 20. Jahrhunderts - das Schreckbild der modernen Stadt als Megalopolis, der destruktive Charakter der Kultur des Ersten Weltkriegs, der Holocaust und der "Zusammenbruch" nach dem Zweiten Weltkrieg, der Clash der eigenen Kulturen mit dem Fremden - wird begleitet und gegengezeichnet durch die Entdramatisierung in einer reflexiven Literatur und Kultur des "Danach", die nicht erst im sog. Posthistoire oder in der Postmoderne beginnt. Der Band enthält u.a. Beiträge zur Großstadtliteratur (Fontane, Döblin, I. Keun), zur Literatur und Kultur der Weltkriege (Vergangenheits- und Zukunftsvisionen von Döblin bis Ransmayr, Erlebnisse und Bildnisse "nach Auschwitz"), zu den Grenzgängen von Literatur und Ethnographie, zur Literatur und Kultur nach den "Wendezeiten" von 1968 und 1989 sowie zur kulturwissenschaftlichen Orientierung der Literaturwissenschaft.
"Unter dem Titel und den Rubriken 'Stadt, Krieg, Fremde', gleichsam Grenzbereiche der Zivilisation, arrangiert der Berliner Literaturwissenschaftler seine gesammelten Aufsätze zur Literatur und Kultur des Zwanzigsten Jahrhunderts. (.) Nichts liegt Scherpe ferner als kurzsichtige Kulturkritik. Vielmehr möchte er den Schwung nutzen, den die Schwerkraft der nahe vorbeirasenden Nachbardisziplinen mit sich bringt. Den Kulturpessimismus dagegen verbucht er als Teil des posthistorischen Bewußtseins selbst." FAZ
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
In unseren spätmodernen Zeiten erscheint die Literatur als ein nachträgliches Medium. Die Dramatisierung der Katastrophen des 20. Jahrhunderts - das Schreckbild der modernen Stadt als Megalopolis, der destruktive Charakter der Kultur des Ersten Weltkriegs, der Holocaust und der "Zusammenbruch" nach dem Zweiten Weltkrieg, der Clash der eigenen Kulturen mit dem Fremden - wird begleitet und gegengezeichnet durch die Entdramatisierung in einer reflexiven Literatur und Kultur des "Danach", die nicht erst im sog. Posthistoire oder in der Postmoderne beginnt. Der Band enthält u.a. Beiträge zur Großstadtliteratur (Fontane, Döblin, I. Keun), zur Literatur und Kultur der Weltkriege (Vergangenheits- und Zukunftsvisionen von Döblin bis Ransmayr, Erlebnisse und Bildnisse "nach Auschwitz"), zu den Grenzgängen von Literatur und Ethnographie, zur Literatur und Kultur nach den "Wendezeiten" von 1968 und 1989 sowie zur kulturwissenschaftlichen Orientierung der Literaturwissenschaft.
"Unter dem Titel und den Rubriken 'Stadt, Krieg, Fremde', gleichsam Grenzbereiche der Zivilisation, arrangiert der Berliner Literaturwissenschaftler seine gesammelten Aufsätze zur Literatur und Kultur des Zwanzigsten Jahrhunderts. (.) Nichts liegt Scherpe ferner als kurzsichtige Kulturkritik. Vielmehr möchte er den Schwung nutzen, den die Schwerkraft der nahe vorbeirasenden Nachbardisziplinen mit sich bringt. Den Kulturpessimismus dagegen verbucht er als Teil des posthistorischen Bewußtseins selbst." FAZ
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.11.2002Die Zerstörung scheint durch
Städte in Vortrauer: Klaus R. Scherpes gesammelte Aufsätze
Zuletzt kommt immer die Literatur. Kein Krisengebiet ist sicher vor dem Sonderkommando verdichtender Intelligenz, mit unaufhaltsamer Penetranz dringt es vor auf die noch dampfenden Schlachtfelder der Macht, sucht nach dem Fremden in der Fremde, läßt sich - die Kopflampe festgeschnallt - den dunklen Schacht in die Unterwelt hinab, verhandelt mit Dirnen, Verbrechern und anderem Zwiegelichter. Was könnte der Literatur entkommen? Mit ihrem Gesang betörte sie gar den logischen Kerberos und schmiedete mit der Paradoxie eine strategische Allianz: Trotz wesenhafter Nachgängigkeit ist sie somit zugleich - bewaffnet mit schwerem Anamnesis-Gerät - das immer schon Dagewesene.
In solche erhabenen Dimensionen stellt Klaus R. Scherpe in seinem neuen Buch die hochreflexive literarische Kultur der Moderne. Unter dem Titel und den Rubriken "Stadt, Krieg, Fremde", gleichsam Grenzbereiche der Zivilisation, arrangiert der Berliner Literaturwissenschaftler seine gesammelten Aufsätze zur Literatur und Kultur des zwanzigsten Jahrhunderts.
Wenn Essays, die zum größten Teil schon zugänglich waren, noch einmal überarbeitet und in einem Gesamtrahmen präsentiert werden, dann muß es dafür eine Motivation jenseits der Einzelergebnisse geben. So heißt denn auch das vierte und im Buchtitel verschwiegene Kapitel "In eigener Sache", gemeint ist: die Sache des Intellektuellen, seine immer komplizierter werdende Standortbestimmung, sowie die des Literaturwissenschaftlers. Hier werden viele Enden von Scherpes Untersuchungen noch einmal zur Apologie der Literaturwissenschaft gebündelt, die sich als weitgehend immun gegen alle Schierlingsmengen erwiesen hat, die man ihr in den letzten Jahrzehnten verabreichte. Es ist vor allem die Dauerkrise der Disziplin, die Konversion der Germanistik zur Kulturwissenschaft, die Scherpe als Philologen interessiert. Zwar hält er weiterhin an einem eigenständigen Gegenstandsbereich seines Faches fest, die Wendung zur Kultur aber ist für ihn jenseits aller Polemik der richtige Weg.
Kommt der Literatur ihre demiurgische Verfügbarkeit über die Zeit abhanden, so steigt ein anderer Wert entschieden an: die Lokalisierbarkeit. Konnte vor drei Jahrzehnten Volker Klotz noch von der Konvergenz von Roman und Stadt sprechen, so gerät dieses Verhältnis im zwanzigsten Jahrhundert in den Hexenkessel der Virtualität: Michel Foucaults Theorie der Heterotopien - Illusionsräume, die den Realraum dementieren - aufgreifend, spricht Scherpe vom seinerseits schon diskursiven Stadtentwurf. Entwickelt wird der Gedanke in zwei Beiträgen des Bandes, einem zu Döblins "Berlin Alexanderplatz" und einem eher theoretischen zur "Nowhere City". Indem er die Katastrophensimulation zu einer der Grundfunktionen moderner Literatur macht, fällt es Scherpe vergleichsweise leicht, eine passende Schreibform dieser Wissenspoesie aufzudecken: die Beschreibung, die präzise auf Oberflächen und Punktualität abzielt, anders als die Erzählung mit ihrer Transzendenzanfälligkeit.
Die Moderne, das ist hier vor allem die moderne Stadt. Diese heißt zuallererst Berlin, und Berlin als Denkformation des Urbanen findet sich adäquat repräsentiert einzig bei Alfred Döblin. Zwar huscht am Rande auch Theodor Fontane vorüber, selbst wenn der sich weiterhin an die "Gesetze des Ortes" halte und keine imaginäre Gegenstadt entwerfe. Auch findet sich eine Liebeserklärung an Irmgard Keuns kunstseidenes Mädchen, in der Scherpe das bisher kaum Wahrgenommene des Textes montiert und dabei, verliebt, wie es scheint, alle Thesenbeweiserei für einen Moment hinter sich läßt. Aber diese Stimmen kommen vom Rand der Analysen, in deren literarischem Zentrum ausgesprochen und unausgesprochen der epische Potentat Döblin steht, dessen bombastographisches OEuvre ja tatsächlich um die Schwerkraftzentren Stadt, Krieg und Fremde kreist.
In diesem Zusammenhang steht auch die verdienstvolle, hier erstmals publizierte Untersuchung Scherpes zu Döblins heute zu Unrecht vergessenem gewaltigen und gewalttätigen Epos "Berge Meere und Giganten". Eine Engführung der Döblinschen Programmatik mit den Ideen Foucaults, zumal mit den Überlegungen aus der "Verteidigung der Gesellschaft", ist gerade bei dieser Schrift, in der die "Raserei" wahrhaftig zum Strukturprinzip der Geschichte wird, so nachvollziehbar wie aufschlußreich.
Eher theoretisch geht es dagegen in der Rubrik "Fremde" zu. Die Anleihen und Überschneidungen, welche Ethnographie und Literaturwissenschaft in den letzten Jahrzehnten sich einander haben annähern lassen, werden dort in unvoreingenommener Perspektive bilanziert, wobei die Habenseite dominiere. Weiter finden sich Überlegungen zu kulturellen Wendezeiten und ihren Auswirkungen auf die Literatur, in besonderer Weise die Umbrüche von 1945, 1968 und 1989, die sich nach Scherpe - grob gesagt - durch eine abnehmende Bedeutung des Authentischen auszeichnen. So kehrt die Untersuchung schließlich zur bundesrepublikanischen Gegenwart zurück, in der der alte, integrative Kulturbegriff implodiert ist und die Literatur ihre angestammte Funktion als Leitmedium eingebüßt hat. Doch nichts liegt Scherpe ferner als kurzsichtige Kulturkritik. Vielmehr möchte er den Schwung nutzen, den die Schwerkraft der nahe vorbeirasenden Nachbardisziplinen mit sich bringt. Den Kulturpessimismus dagegen verbucht er als Teil des posthistorischen Bewußtseins selbst.
Die Urbanität der Literatur hat in Scherpes Denkmodell noch ein weiteres Argument für sich: wird doch auch die Stadt von Anfang an von ihrer Zerstörung her gedacht (man denke an Troja, Karthago, Sodom, Gomorrha, Babylon oder eben auch New York). Hier allerdings bildet Berlin den Rahmen der gesamten Sammlung, einerseits als avantgardistischer Entwurf vor allen Katastrophen, die Ruinen schon in sich tragend, und andererseits als Zielpunkt der goldenen Mitte nach allen Wendungen und Wenden des Jahrhunderts: die Berliner Republik. Die Zwischenkapitel "Krieg" und "Fremde" lassen sich ebenfalls oft auf Berlin beziehen, das nicht nur, als Pickelhaubenderivat, eine ganz eigene Beziehung zum Militärischen hat, sondern auch in besonderer Weise jenes Ureigene darstellt, das sich bei jeder literarisch-ethnologischen Annäherung an das Unbekannte immer wieder dazwischenwirft und den wirklichen Kontakt ins Unendliche suspendiert.
OLIVER JUNGEN
Klaus R. Scherpe: "Stadt, Krieg, Fremde". Literatur und Kultur nach den Katastrophen. Francke Verlag, Tübingen 2002. 353 S., br., 49,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Städte in Vortrauer: Klaus R. Scherpes gesammelte Aufsätze
Zuletzt kommt immer die Literatur. Kein Krisengebiet ist sicher vor dem Sonderkommando verdichtender Intelligenz, mit unaufhaltsamer Penetranz dringt es vor auf die noch dampfenden Schlachtfelder der Macht, sucht nach dem Fremden in der Fremde, läßt sich - die Kopflampe festgeschnallt - den dunklen Schacht in die Unterwelt hinab, verhandelt mit Dirnen, Verbrechern und anderem Zwiegelichter. Was könnte der Literatur entkommen? Mit ihrem Gesang betörte sie gar den logischen Kerberos und schmiedete mit der Paradoxie eine strategische Allianz: Trotz wesenhafter Nachgängigkeit ist sie somit zugleich - bewaffnet mit schwerem Anamnesis-Gerät - das immer schon Dagewesene.
In solche erhabenen Dimensionen stellt Klaus R. Scherpe in seinem neuen Buch die hochreflexive literarische Kultur der Moderne. Unter dem Titel und den Rubriken "Stadt, Krieg, Fremde", gleichsam Grenzbereiche der Zivilisation, arrangiert der Berliner Literaturwissenschaftler seine gesammelten Aufsätze zur Literatur und Kultur des zwanzigsten Jahrhunderts.
Wenn Essays, die zum größten Teil schon zugänglich waren, noch einmal überarbeitet und in einem Gesamtrahmen präsentiert werden, dann muß es dafür eine Motivation jenseits der Einzelergebnisse geben. So heißt denn auch das vierte und im Buchtitel verschwiegene Kapitel "In eigener Sache", gemeint ist: die Sache des Intellektuellen, seine immer komplizierter werdende Standortbestimmung, sowie die des Literaturwissenschaftlers. Hier werden viele Enden von Scherpes Untersuchungen noch einmal zur Apologie der Literaturwissenschaft gebündelt, die sich als weitgehend immun gegen alle Schierlingsmengen erwiesen hat, die man ihr in den letzten Jahrzehnten verabreichte. Es ist vor allem die Dauerkrise der Disziplin, die Konversion der Germanistik zur Kulturwissenschaft, die Scherpe als Philologen interessiert. Zwar hält er weiterhin an einem eigenständigen Gegenstandsbereich seines Faches fest, die Wendung zur Kultur aber ist für ihn jenseits aller Polemik der richtige Weg.
Kommt der Literatur ihre demiurgische Verfügbarkeit über die Zeit abhanden, so steigt ein anderer Wert entschieden an: die Lokalisierbarkeit. Konnte vor drei Jahrzehnten Volker Klotz noch von der Konvergenz von Roman und Stadt sprechen, so gerät dieses Verhältnis im zwanzigsten Jahrhundert in den Hexenkessel der Virtualität: Michel Foucaults Theorie der Heterotopien - Illusionsräume, die den Realraum dementieren - aufgreifend, spricht Scherpe vom seinerseits schon diskursiven Stadtentwurf. Entwickelt wird der Gedanke in zwei Beiträgen des Bandes, einem zu Döblins "Berlin Alexanderplatz" und einem eher theoretischen zur "Nowhere City". Indem er die Katastrophensimulation zu einer der Grundfunktionen moderner Literatur macht, fällt es Scherpe vergleichsweise leicht, eine passende Schreibform dieser Wissenspoesie aufzudecken: die Beschreibung, die präzise auf Oberflächen und Punktualität abzielt, anders als die Erzählung mit ihrer Transzendenzanfälligkeit.
Die Moderne, das ist hier vor allem die moderne Stadt. Diese heißt zuallererst Berlin, und Berlin als Denkformation des Urbanen findet sich adäquat repräsentiert einzig bei Alfred Döblin. Zwar huscht am Rande auch Theodor Fontane vorüber, selbst wenn der sich weiterhin an die "Gesetze des Ortes" halte und keine imaginäre Gegenstadt entwerfe. Auch findet sich eine Liebeserklärung an Irmgard Keuns kunstseidenes Mädchen, in der Scherpe das bisher kaum Wahrgenommene des Textes montiert und dabei, verliebt, wie es scheint, alle Thesenbeweiserei für einen Moment hinter sich läßt. Aber diese Stimmen kommen vom Rand der Analysen, in deren literarischem Zentrum ausgesprochen und unausgesprochen der epische Potentat Döblin steht, dessen bombastographisches OEuvre ja tatsächlich um die Schwerkraftzentren Stadt, Krieg und Fremde kreist.
In diesem Zusammenhang steht auch die verdienstvolle, hier erstmals publizierte Untersuchung Scherpes zu Döblins heute zu Unrecht vergessenem gewaltigen und gewalttätigen Epos "Berge Meere und Giganten". Eine Engführung der Döblinschen Programmatik mit den Ideen Foucaults, zumal mit den Überlegungen aus der "Verteidigung der Gesellschaft", ist gerade bei dieser Schrift, in der die "Raserei" wahrhaftig zum Strukturprinzip der Geschichte wird, so nachvollziehbar wie aufschlußreich.
Eher theoretisch geht es dagegen in der Rubrik "Fremde" zu. Die Anleihen und Überschneidungen, welche Ethnographie und Literaturwissenschaft in den letzten Jahrzehnten sich einander haben annähern lassen, werden dort in unvoreingenommener Perspektive bilanziert, wobei die Habenseite dominiere. Weiter finden sich Überlegungen zu kulturellen Wendezeiten und ihren Auswirkungen auf die Literatur, in besonderer Weise die Umbrüche von 1945, 1968 und 1989, die sich nach Scherpe - grob gesagt - durch eine abnehmende Bedeutung des Authentischen auszeichnen. So kehrt die Untersuchung schließlich zur bundesrepublikanischen Gegenwart zurück, in der der alte, integrative Kulturbegriff implodiert ist und die Literatur ihre angestammte Funktion als Leitmedium eingebüßt hat. Doch nichts liegt Scherpe ferner als kurzsichtige Kulturkritik. Vielmehr möchte er den Schwung nutzen, den die Schwerkraft der nahe vorbeirasenden Nachbardisziplinen mit sich bringt. Den Kulturpessimismus dagegen verbucht er als Teil des posthistorischen Bewußtseins selbst.
Die Urbanität der Literatur hat in Scherpes Denkmodell noch ein weiteres Argument für sich: wird doch auch die Stadt von Anfang an von ihrer Zerstörung her gedacht (man denke an Troja, Karthago, Sodom, Gomorrha, Babylon oder eben auch New York). Hier allerdings bildet Berlin den Rahmen der gesamten Sammlung, einerseits als avantgardistischer Entwurf vor allen Katastrophen, die Ruinen schon in sich tragend, und andererseits als Zielpunkt der goldenen Mitte nach allen Wendungen und Wenden des Jahrhunderts: die Berliner Republik. Die Zwischenkapitel "Krieg" und "Fremde" lassen sich ebenfalls oft auf Berlin beziehen, das nicht nur, als Pickelhaubenderivat, eine ganz eigene Beziehung zum Militärischen hat, sondern auch in besonderer Weise jenes Ureigene darstellt, das sich bei jeder literarisch-ethnologischen Annäherung an das Unbekannte immer wieder dazwischenwirft und den wirklichen Kontakt ins Unendliche suspendiert.
OLIVER JUNGEN
Klaus R. Scherpe: "Stadt, Krieg, Fremde". Literatur und Kultur nach den Katastrophen. Francke Verlag, Tübingen 2002. 353 S., br., 49,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In dem Band "Stadt, Krieg, Fremde", der seine Aufsätze zur Literatur und Kultur des zwanzigsten Jahrhunderts versammelt, nimmt der Literaturwissenschaftler Klaus R. Scherpe die "Grenzbereiche der Zivilisation" in den Blick, notiert Rezensent Oliver Jungen. Im Zentrum der Essays steht Alfred Döblin, dessen "bombastographisches Oeuvre", so Jungen, "ja tatsächlich um die Schwerkraftzentren Stadt, Krieg und Fremde kreist". Anhand von Döblins "Berlin Alexanderplatz" entwickelt Scherpe auf Foucaults Theorie der Heterotopien zurückgreifend den Gedanken eines seinerseits schon "diskursiven Stadtentwurfs", hält Jungen fest, ohne dies genauer zu erläutern. Wie er weiter ausführt, stellt die "Katastrophensimulation" für Scherpe eine der Grundfunktionen moderner Literatur dar. Die entsprechende Schreibform findet Scherpe nach Ansicht Jungens in einer "Beschreibung, die präzise auf Oberflächen und Punktualität abzielt, anders als die Erzählung mit ihrer Transzendenzanfälligkeit." Insbesondere Scherpes hier erstmals publizierte Untersuchung zu Döblins "Berge Meere und Giganten", für Jungen Döblins "zu Unrecht vergessenem gewaltigen und gewalttätigen Epos", würdigt er als "verdienstvoll".
© Perlentaucher Medien GmbH
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