Vor 100 Jahren wurde mit der Weimarer Verfassung die erste Demokratie auf deutschem Boden gegründet. 100 bewegte, teilweise ausgesprochen undemokratische Jahre. Und heute? Welche Visionen haben wir für die Zukunft unseres Zusammenlebens in einer Zeit, in der viele Menschen das Zutrauen in die Demokratie verloren haben und die Gesellschaft immer mehr von Partikularinteressen zerrissen wirkt? Und wer soll diese Zukunft wie gestalten? "Das Volk", wen auch immer man darunter fasst, oder demokratisch gewählte Volksvertreter? Nationalstaaten? Europa oder die globale Weltgemeinschaft? "Staat und Nation sind Erfolgsmodelle und Basis für ein starkes Europas in einer multipolaren Welt", sagt der Linke Michael Bröning. "In einer pluralen, vielschichtigen Gesellschaft wie unserer gibt es mehr als eine Nation", sagt der Konservative Michael Wolffsohn. Und er beobachtet eine fundamentale Verunsicherung der Entscheidungsträger in unserer Zeit. Wo sind die handlungsfähigen Gestaltungskräfte für unser zukünftiges Zusammenleben? Und was ist das eigentlich, die Nation, der sich wissenschaftlichen Studien zufolge 86 Prozent der Weltbevölkerung emotional verbunden fühlen? Eine zufällige Geburtengemeinschaft? Eine staatliche Organisationsstruktur im Sinne eines Nationalstaates oder eine Wertegemeinschaft im Sinne einer Kulturnation? Ein hochaktuelles Streitgespräch zwischen zwei brillanten Köpfen unserer Zeit: Michael Bröning und Michael Wolffsohn. Anregend, aufrüttelnd und unbedingt lesenswert.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.04.2019Die Parteienlandschaft wandelt sich. Der bisherige politische Ordnungsrahmen wird angezweifelt. Migration, Digitalisierung und Klimawandel werfen Fragen auf. Das Buch "Stadt, Land, Volk" versucht, die Entwicklungen mittels eines Streitgesprächs zu analysieren, das von Reinhard Bingener, Korrespondent dieser Zeitung, moderiert und herausgegeben wird: Der Historiker Michael Wolffsohn hält trotz seiner konservativen Haltung das Festhalten am nationalen Ordnungsrahmen für fragwürdig. Der Linke Michael Bröning hingegen, Leiter der internationalen Politikanalyse bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, hält die Nation für ein unterschätztes Erfolgsmodell und kritisiert die Globalisierungs- und Europa-Euphorie in Deutschland.
Michael Bröning, Michael Wolffsohn, Reinhard Bingener (Hrsg:): Stadt, Land, Volk. Ein Streitgespräch über die Zukunft der Demokratie. Edition Chrismon, Leipzig 2019. 160 S., 14,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Michael Bröning, Michael Wolffsohn, Reinhard Bingener (Hrsg:): Stadt, Land, Volk. Ein Streitgespräch über die Zukunft der Demokratie. Edition Chrismon, Leipzig 2019. 160 S., 14,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main