Stargirl heißt die neue Schülerin an der Mica Highschool in Arizona. Natürlich ist das nicht ihr richtiger Name, aber er passt zu ihr wie kein zweiter. Vom ersten Tag an ist sie Schulgespräch, ein exotisches Wesen zwischen ihren angepassten Mitschülern - und wie ein leuchtender Stern in Leos eintönigem Alltag.
Doch nach einer ersten Phase des Staunens und der Bewunderung wenden sich ihre Mitschüler von ihr ab. Leo, in Stargirl verliebt, bleibt ihr einziger Freund, leidet aber zunehmend unter der Ausgrenzung durch die anderen.Und so begeht er einen kapitalen Fehler ...
Doch nach einer ersten Phase des Staunens und der Bewunderung wenden sich ihre Mitschüler von ihr ab. Leo, in Stargirl verliebt, bleibt ihr einziger Freund, leidet aber zunehmend unter der Ausgrenzung durch die anderen.Und so begeht er einen kapitalen Fehler ...
Liebe und Verlust: Jerry Spinellis Märchen vom seltsamen Mädchen
Ungewöhnliche Jugendliche, die sich nicht an alle Regeln halten, sind die Lieblingshelden von Jerry Spinelli. Sein letzter Roman erzählte von einem weißen Jungen, der sich nicht um die Rassentrennung in seiner Stadt scherte. In Spinellis neuem Buch "Stargirl" ist die Gesellschaftskritik weiter gefaßt, wenn es um Individualismus und um Grade der Anpassung geht: Ein Schema von Gut und Böse als Folie für die Handlungsweise der Figuren ist hier schwer zu finden. Mit Stargirl kommt jedenfalls eine Neue in die Klasse, die auffällt. Sie trägt ein bodenlanges Kleid und hat ein extravagantes Musikinstrument, eine Ukulele, auf dem Rücken; es ist ihr offensichtlich völlig egal, was die anderen von ihr denken. Der Ich-Erzähler Leo ist sich nicht sicher, ob er in der neuen Schulkameradin eine großartige Ausnahmeerscheinung oder einfach eine Spinnerin vor sich hat.
Der angepaßte Leo beobachtet die faszinierende Gestalt zuerst aus der Distanz. Aber mit der Zeit wächst sein Interesse, und er verfolgt gespannt, wie sich die anderen verhalten, wenn Stargirl kleine Geschenke verteilt, bei Wettrennen in die falsche Richtung abbiegt oder im Regen tanzt. Er muß beobachten, daß das Wunder an Gutartigkeit und Selbstverwirklichung von den Mitschülern keineswegs akzeptiert wird, im Gegenteil. Auf die kurze Phase, in der Stargirl "in" zu sein scheint, folgt die lange, in der keiner mehr mit ihr redet. Doch da hat Leo sich schon in sie verliebt. Als er beginnt, mit ihr umherzuziehen, wird er genau wie sie ausgegrenzt.
Spinelli kehrt das Stereotyp der amerikanischen Teenagerkomödie um, in der aus Mauerblümchen Stars gemacht werden, und läßt seinen Erzähler den hoffnungslosen Versuch unternehmen, aus Stargirl, einem Naturtalent der Selbstdarstellung, ein ganz normales Mädchen zu machen. Ein Problem des Buches liegt im Charakter dieser Figur von Anfang an begründet und wird in dieser Umkehrung immer auffälliger. Es ist schwierig, in einer Gesellschaft, in der so vieles möglich ist, überhaupt noch jemanden als unangepaßt darzustellen, ohne ihn zu ridikülisieren oder als pathologischen Fall zu denunzieren. So kann Stargirl Leo kein großartiges Gegenprogramm zu einer normalen Teenagerliebe bieten, außer gemeinsam in der Wüste zu meditieren und eine Ratte als Haustier zu haben. Wenn Leo zuletzt Abschied nimmt von seinem Stargirl, das in eine andere Stadt zieht, dann bedeutet dieser unbefriedigende Schluß des modernen Märchens wohl vor allem, daß der Autor selbst nicht recht wußte, was er mit dem seltsamen Mädchen nun eigentlich noch anfangen sollte.
SILKE SCHEUERMANN
Jerry Spinelli: "Stargirl". Aus dem Amerikanischen übersetzt von Andreas Steinhöfel. Dressler Verlag, Hamburg 2002, 206 S., geb., 12,- [Euro]. Ab 12 J.
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