First, Callie lost her parents. Then she lost her home. And, finally, she lost her body. But she will stop at nothing to get it back . . And then despair . . . The Bank allows teenagers to rent out their bodies to those who want to be young again. She intends to murder . .
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.03.2012Der Körper, den sie mieten, könnte ihr Enkel sein
Verschwende ihre Jugend: In der futuristischen Nachkriegswelt von Lissa Price gieren die Alten nach Abenteuern in den Körpern der Jungen, die mittlere Generation ist ausgelöscht. "Starters" erzählt einen Generationskonflikt als Endzeitgeschichte.
Von Fridtjof Küchemann
Früher haben sich in den Zukunftsphantasien wenigstens noch Außerirdische menschlicher Körper bemächtigt: in Don Siegels Sciencefiction-Klassiker "Invasion der Körperfresser" aus dem Jahr 1956 und seinen Remakes oder in Stephenie Meyers "Seelen" aus dem Jahr 2008. Im Jugendroman "Starters" von Lissa Price sind es Alte, die die Körper Jugendlicher mieten und missbrauchen.
Dass ein schrecklicher Krieg in nicht allzu ferner Zeit das Land verwüstet hat und auf den Ruinen eine neue Form von Herrschaft und Unterdrückung gewachsen ist, verbindet diese Dystopie mit vielen anderen des populären Genres. In "Starters" allerdings ist nicht Tyrannis anstelle von Demokratie getreten, keine grausamen Herrscher knechten das Volk. Ein Sporenangriff hat in Amerika die mittlere Generation ausgelöscht, nur Minderjährige und Alte haben überlebt, und wer sich nicht zu seinen Großeltern retten kann, lebt auf der Straße, in verlassenen Häusern, arm, hungrig, krank, ständig auf der Flucht vor den Häschern, die Obdachlose fangen und kasernieren.
Es gibt auch Alte in dieser Welt, die arbeiten müssen, so wie es auch Junge gibt, die dank wohlhabender Großeltern ausgesorgt haben. Die beiden Gruppen jedoch, die Lissa Price einander gegenüberstellt, sind die zum Verzweifeln armen Jungen und die unermesslich reichen Alten. Denen, allen medizinischen und kosmetischen Fortschritten zum Trotz, nur eines fehlt zum Glück: ein junger, gesunder, schöner Körper. Den können sie nicht kaufen. Aber mieten.
Das Unternehmen Prime Destinations nämlich zahlt jungen Spendern einiges dafür, dass sie ihren Körper für einen Tag, eine Woche, einen Monat einem Kunden leihen, der dafür natürlich noch viel mehr zahlt. Dem Jugendlichen wird ein Neurochip implantiert, er wird auf Hochglanz poliert und dann von seinem eigenen Gehirn entkoppelt, während in einem "Warteraum" die Körper der Kunden ruhen. Für die einen fühlt es sich nachher an, als hätten sie geschlafen, bei den anderen sieht es währenddessen aus, als würden sie schlafen. Außerdem müssen die Kunden natürlich unterschreiben, dass sie den Leihkörper keiner Gefahr aussetzen. Auch Sex ist verboten. Also alles ganz harmlos.
Callie traut dem Frieden nicht, schon gar nicht den werbenden Worten des nervös wirkenden Managers, der die Sechzehnjährige als Spenderin gewinnen will. Aber sie hat keine Wahl: Ihr kleiner Bruder ist lungenkrank, und gerade erst haben sie ihr letztes Hab und Gut verloren, als das Haus, in das sie sich geflüchtet hatten, förmlich ausgeräuchert wurde. Es ist also für Tyler. Und es ist ja nicht für lang.
Doch die Angelegenheit läuft aus dem Ruder: Unversehens findet sich Callie bei ihrem ersten längeren Einsatz in einem nächtlichen Club wieder - die Mieterin ihres Körpers scheint die Kontrolle verloren zu haben, und Callie muss in doppeltem Maskenspiel die Alte geben, die in einem jungen Körper Spaß haben will. So betritt sie eine Welt für sie unvorstellbaren Reichtums und kommt schließlich ihrer Mieterin auf die Schliche, die doch nicht nur Spaß haben, sondern einen Mord begehen will. Sie hat es auf einen Politiker abgesehen, der für Prime Destinations Kontakte in Washington knüpft. Die Enkeltochter ihrer Mieterin, findet Callie heraus, ist verschwunden. Auch Kinder aus bestem Hause haben sich heimlich etwas dazuverdient.
Aus dem Kampf um die Kontrolle von Callies Körper wird eine Allianz wider Willen, Mitgefühl und wachsendes Wissen um die Machenschaften des als Body Bank apostrophierten Unternehmens tun das Ihre, und schließlich spielt Callie im Kampf gegen die Firma und ihren mysteriösen Chef die zentrale Rolle.
Das ist eine spannende Geschichte. Wie leicht könnte man über der Konzentration auf die Plausibilität des Plots aus der erzählerischen Balance geraten: Die medizinisch-technische Seite des Geschäftsmodells der Body Bank muss ebenso skizziert werden wie der Krieg, der die zentrale Generation der Gesellschaft auslöschte. In den Beschreibungen des Lebens der reichen Alten und der reichen Jungen muss der technische Entwicklungsstand unaufdringlich kenntlich sein. Die Familiengeschichte Callies ist unverzichtbar, mindestens eine Liebesgeschichte ist nicht nur der jugendlichen Zielgruppe geschuldet. Lissa Price erfüllt diese Anforderungen mit für eine Romandebütantin erstaunlichem Geschick, freilich ohne in der Anlage oder Zeichnung ihrer Personen, in der Stimme ihrer Heldin sonderlich originell zu sein. Das ist nicht wenig, und in diesem Fall ist es sogar gut: So lässt sie freie Sicht auf die unbehagliche Konstellation des Romans.
In einem Netzforum stellt sich die Autorin den Fragen junger Leser. Die Grundidee zu "Starters", erzählt sie dort, sei ihr gekommen, als einmal bei einer Grippewelle nur die Risikogruppen, die Jungen und die Alten, hatten geimpft werden können. Was, wenn nur diese beiden Gruppen eine Epidemie überlebten? Lissa Price musste, so schreibt sie, nur noch einen Konflikt finden, einen Übergriff, mit dem die eine die andere Gruppe der Übriggebliebenen beherrscht. Ob die Autorin wusste, dass sie ihr Publikum wohl ein erstes Mal mit der Dominanz des Alters konfrontieren würde, mit einem Thema, das ihr Leben in den alternden Gesellschaften des Westens bald bestimmen wird? Die Jugendlichen jedenfalls haben nicht danach gefragt.
Lissa Price: "Starters".
Aus dem Amerikanischen von Birgit Ress-Bohusch. Ivi Verlag, München 2012. 400 S., geb., 15,99 [Euro]. Ab 16 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Verschwende ihre Jugend: In der futuristischen Nachkriegswelt von Lissa Price gieren die Alten nach Abenteuern in den Körpern der Jungen, die mittlere Generation ist ausgelöscht. "Starters" erzählt einen Generationskonflikt als Endzeitgeschichte.
Von Fridtjof Küchemann
Früher haben sich in den Zukunftsphantasien wenigstens noch Außerirdische menschlicher Körper bemächtigt: in Don Siegels Sciencefiction-Klassiker "Invasion der Körperfresser" aus dem Jahr 1956 und seinen Remakes oder in Stephenie Meyers "Seelen" aus dem Jahr 2008. Im Jugendroman "Starters" von Lissa Price sind es Alte, die die Körper Jugendlicher mieten und missbrauchen.
Dass ein schrecklicher Krieg in nicht allzu ferner Zeit das Land verwüstet hat und auf den Ruinen eine neue Form von Herrschaft und Unterdrückung gewachsen ist, verbindet diese Dystopie mit vielen anderen des populären Genres. In "Starters" allerdings ist nicht Tyrannis anstelle von Demokratie getreten, keine grausamen Herrscher knechten das Volk. Ein Sporenangriff hat in Amerika die mittlere Generation ausgelöscht, nur Minderjährige und Alte haben überlebt, und wer sich nicht zu seinen Großeltern retten kann, lebt auf der Straße, in verlassenen Häusern, arm, hungrig, krank, ständig auf der Flucht vor den Häschern, die Obdachlose fangen und kasernieren.
Es gibt auch Alte in dieser Welt, die arbeiten müssen, so wie es auch Junge gibt, die dank wohlhabender Großeltern ausgesorgt haben. Die beiden Gruppen jedoch, die Lissa Price einander gegenüberstellt, sind die zum Verzweifeln armen Jungen und die unermesslich reichen Alten. Denen, allen medizinischen und kosmetischen Fortschritten zum Trotz, nur eines fehlt zum Glück: ein junger, gesunder, schöner Körper. Den können sie nicht kaufen. Aber mieten.
Das Unternehmen Prime Destinations nämlich zahlt jungen Spendern einiges dafür, dass sie ihren Körper für einen Tag, eine Woche, einen Monat einem Kunden leihen, der dafür natürlich noch viel mehr zahlt. Dem Jugendlichen wird ein Neurochip implantiert, er wird auf Hochglanz poliert und dann von seinem eigenen Gehirn entkoppelt, während in einem "Warteraum" die Körper der Kunden ruhen. Für die einen fühlt es sich nachher an, als hätten sie geschlafen, bei den anderen sieht es währenddessen aus, als würden sie schlafen. Außerdem müssen die Kunden natürlich unterschreiben, dass sie den Leihkörper keiner Gefahr aussetzen. Auch Sex ist verboten. Also alles ganz harmlos.
Callie traut dem Frieden nicht, schon gar nicht den werbenden Worten des nervös wirkenden Managers, der die Sechzehnjährige als Spenderin gewinnen will. Aber sie hat keine Wahl: Ihr kleiner Bruder ist lungenkrank, und gerade erst haben sie ihr letztes Hab und Gut verloren, als das Haus, in das sie sich geflüchtet hatten, förmlich ausgeräuchert wurde. Es ist also für Tyler. Und es ist ja nicht für lang.
Doch die Angelegenheit läuft aus dem Ruder: Unversehens findet sich Callie bei ihrem ersten längeren Einsatz in einem nächtlichen Club wieder - die Mieterin ihres Körpers scheint die Kontrolle verloren zu haben, und Callie muss in doppeltem Maskenspiel die Alte geben, die in einem jungen Körper Spaß haben will. So betritt sie eine Welt für sie unvorstellbaren Reichtums und kommt schließlich ihrer Mieterin auf die Schliche, die doch nicht nur Spaß haben, sondern einen Mord begehen will. Sie hat es auf einen Politiker abgesehen, der für Prime Destinations Kontakte in Washington knüpft. Die Enkeltochter ihrer Mieterin, findet Callie heraus, ist verschwunden. Auch Kinder aus bestem Hause haben sich heimlich etwas dazuverdient.
Aus dem Kampf um die Kontrolle von Callies Körper wird eine Allianz wider Willen, Mitgefühl und wachsendes Wissen um die Machenschaften des als Body Bank apostrophierten Unternehmens tun das Ihre, und schließlich spielt Callie im Kampf gegen die Firma und ihren mysteriösen Chef die zentrale Rolle.
Das ist eine spannende Geschichte. Wie leicht könnte man über der Konzentration auf die Plausibilität des Plots aus der erzählerischen Balance geraten: Die medizinisch-technische Seite des Geschäftsmodells der Body Bank muss ebenso skizziert werden wie der Krieg, der die zentrale Generation der Gesellschaft auslöschte. In den Beschreibungen des Lebens der reichen Alten und der reichen Jungen muss der technische Entwicklungsstand unaufdringlich kenntlich sein. Die Familiengeschichte Callies ist unverzichtbar, mindestens eine Liebesgeschichte ist nicht nur der jugendlichen Zielgruppe geschuldet. Lissa Price erfüllt diese Anforderungen mit für eine Romandebütantin erstaunlichem Geschick, freilich ohne in der Anlage oder Zeichnung ihrer Personen, in der Stimme ihrer Heldin sonderlich originell zu sein. Das ist nicht wenig, und in diesem Fall ist es sogar gut: So lässt sie freie Sicht auf die unbehagliche Konstellation des Romans.
In einem Netzforum stellt sich die Autorin den Fragen junger Leser. Die Grundidee zu "Starters", erzählt sie dort, sei ihr gekommen, als einmal bei einer Grippewelle nur die Risikogruppen, die Jungen und die Alten, hatten geimpft werden können. Was, wenn nur diese beiden Gruppen eine Epidemie überlebten? Lissa Price musste, so schreibt sie, nur noch einen Konflikt finden, einen Übergriff, mit dem die eine die andere Gruppe der Übriggebliebenen beherrscht. Ob die Autorin wusste, dass sie ihr Publikum wohl ein erstes Mal mit der Dominanz des Alters konfrontieren würde, mit einem Thema, das ihr Leben in den alternden Gesellschaften des Westens bald bestimmen wird? Die Jugendlichen jedenfalls haben nicht danach gefragt.
Lissa Price: "Starters".
Aus dem Amerikanischen von Birgit Ress-Bohusch. Ivi Verlag, München 2012. 400 S., geb., 15,99 [Euro]. Ab 16 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main