Marktplatzangebote
2 Angebote ab € 2,99 €
  • Buch

Der Millionenerbe George Morton kommt einer unglaublichen Verschwörung auf die Spur: Ökoterroristen wollen ganz Kalifornien unter einem Tsunami begraben und in der Antarktis einen gewaltigen Gletscher sprengen - die so ausgelösten Naturkatastrophen sollen die Angst vor der Klimaveränderung schüren.

Produktbeschreibung
Der Millionenerbe George Morton kommt einer unglaublichen Verschwörung auf die Spur: Ökoterroristen wollen ganz Kalifornien unter einem Tsunami begraben und in der Antarktis einen gewaltigen Gletscher sprengen - die so ausgelösten Naturkatastrophen sollen die Angst vor der Klimaveränderung schüren.
Autorenporträt
Michael Crichton wurde 1942 in Chicago geboren und studierte in Harvard Medizin. Alle seine Romane "Andromeda", "Der große Eisenbahnraub", "Jurassic Park", "Enthüllung", "Die Wiege der Sonne" und viele mehr wurden auch als Filme weltweite Erfolge. Crichton ist Autor der weltweit erfolgreichen Fernsehserie "ER Emergency Room".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2005

Wird schon nichts passieren
Blondes Umweltgift: Michael Crichtons Katastrophenthriller / Von Joachim Müller-Jung

Mitten in der Nacht in einem französischen Labor für Wellenmechanik kommt ein argloser Physikdoktorand einer exotischen Schönheit näher und muß genauso unverhofft, wie er sich seinen Träumen hingibt, sein Leben dafür hergeben. Etwa zur gleichen Zeit füllen an verschiedenen Orten der Welt diverse Gruppen von bis dahin noch gesichtslosen Ökokriegern ihre Waffenarsenale, um die Welt in eine furchtbare Apokalypse zu steuern: Sie rüsten sich mit modernster Bergbau- und Tiefseetechnik aus, mit deren Hilfe sie die Küste Kaliforniens unter verheerenden Tsunamiwellen begraben wollen, sie setzen Brigaden in Gang, die in der Antarktis Eisberge absprengen, schmelzen und tödliche Blitze mit Fangleinen aus den Wolken angeln sollen. Und das alles nur, um auf eine Klimaschutzkonferenz aufmerksam zu machen, deren schicksalhafte Bedeutung in den Augen der Ökobanditen nicht genügend gewürdigt wird. Eine Verschwörung der Gutmenschen. Das alles versucht der Geheimdienstmitarbeiter Kenner zu unterbinden, zusammen mit dem Milliardär Morton, der sich schon lange fragt, was die Umweltschützer eigentlich mit seinen Millionen anfangen, dessen Anwalt sowie einer blonden Schönheit. Eine Geschichte, die für einen Thriller allemal genug Spannung liefern würde - zumal wenn Michael Crichton, der ungekrönte König des Wissenschaftskrimis, die Puppen tanzen läßt.

Aber Crichtons Figuren bleiben diesmal seltsam blaß. Der Autor des Dinosaurierspektakels im Jurassic Park und der angriffslustigen Nanoorganismen, die in Hollywood mächtig Beute machten und die Leinwand so schnell eroberten wie die Bestsellerlisten, hat sich auf ein ungewöhnliches literarisches Experiment eingelassen: Er hat den Roman als Rahmenhandlung für seine wissenschaftskritischen Moralinjurien eingesetzt. Verkehrte Welt. Auf sechshundert Seiten mit einem Nachwort und zwei Anhängen, wovon einer darüber handelt, "warum politisierte Wissenschaft gefährlich ist", präsentiert Crichton das Ergebnis seiner dreijährigen Recherchen zum Thema Klimawandel. Seine niederschmetternde Erkenntnis: Die vermeintlich ehrenwerte Klimaforschung ist in Wahrheit von knallharten Interessen geleitet, niemand könne schlüssig beweisen, daß die Erderwärmung letztlich vom Menschen verursacht sei und zu dem desaströsen Ende führen werde, das in den Szenarien der Wissenschaft und Klimapolitik ausgemalt wird.

Immer wieder läßt Crichton seine Protagonisten, allen voran Geheimdienstmann Kenner, der die Erkenntnisse seines "Instituts für Risikoanalysen" stets wortreich preisgibt, die unpopuläre Botschaft verbreiten. Er schreckt weder vor der Abbildung spröder Klimadiagramme zurück noch vor philosophischen Untertönen, wenn er etwa den Milliardär Morton dozieren läßt: "Wißt ihr eigentlich, meine Freunde, daß wir mehr über den Mond wissen als über die Ozeane der Erde? Aber wie Montaigne vor vierhundert Jahren sagte: Von nichts sind wir fester überzeugt als von dem, worüber wir am wenigsten Bescheid wissen."

Crichton moniert die hysterisierte Gesellschaft. Er, der ironischerweise selbst mit seinen fiktiven bunten Kreaturen manche Hysterisierung befördert hat, verzweifelt jetzt an der überbordenden Phantasie, die mit den Computermodellen der Klimaforschung in die Welt und die Köpfe gekommen ist. Dabei ist seine Grundthese zwar nicht neu und originell, aber durchaus eine Diskussion wert. Denn in der Wissenschaft selbst, weniger in ihrer Darstellung nach draußen, sind die Unsicherheiten, die insbesondere mit der Prognose des Weltklimas verbunden sind, ja keineswegs ein Tabu. In dieser Hinsicht ist Crichtons Fundamentalkritik an einer vermeintlichen "Konsenswissenschaft" alles andere als eine "neokonservative Absurdität", wie es seit der ersten Veröffentlichung des Romans mitunter zu lesen war. Crichton, der selbst als Mediziner in Harvard ausgebildet wurde, beweist damit vielmehr eine Kritikfähigkeit, deren Unterdrückung auf Dauer eher schädlich als nützlich sein dürfte.

In seinem Roman freilich, in dem das Gutmenschentum auf Kosten der (letztlich unbekannten) Wahrheit eskaliert und bis zur Perversion zu einem "politisch-juristisch-medialen Komplex, kurz PJM" - in Anlehnung an den nicht weniger verhaßten militärisch-industriellen Komplex -, mutiert, überspannt Crichton nicht selten den Bogen. Seine Faktenhuberei, die dem Leser die Fragwürdigkeit der gängigen Klimauntergangsszenarien vor Augen führen soll, gründet nicht selten selbst auf fragwürdigen Quellen oder verdreht die Aussagen derselben, wie es seit Jahren einige unseriöse Skeptiker unter zunehmend schwindender Beteiligung der Öffentlichkeit vormachen. Bösewicht Drake läßt Crichton mitteilen, was ihn selbst zur Weißglut bringt: "Wir befinden uns nämlich, ob wir wollen oder nicht, mitten in einem globalen Krieg: Information gegen Falschinformation."

Die Wissenschaft betreibt scheinbar das Geschäft des Romanciers: Fiktion vermischt sich mit Fakt. Offenbar ist Crichton nicht bereit, diese Anmaßung der ehrenwerten Gelehrtengesellschaft zu schlucken. Wenn Roland Emmerich mit dem Segen der Klimaforscher die Welt im Klimachaos versinken und New York symbolträchtig unter Eis begraben läßt, dann darf die Gegenthese nicht minder phantastisch daherkommen. Allerdings hinterläßt Crichtons Plot einen ganz anderen Nachgeschmack im ökologisch sensiblen Gemüt des durchschnittlichen Westeuropäers. Denn in der Botschaft des Romans steckt eine Perversion des Naturschutzgedankens, die hierzulande kaum für möglich gehalten wird und, selbst wenn sie in der Fiktion daherkommt, schon fast als ketzerisch gelten muß.

Als literarisches Thema hat das keineswegs triviale Spiel mit der Angst vor dem Weltuntergang durchaus seine Reize, wie nicht zuletzt Frank Schätzing mit seinem "Schwarm" vorgemacht hat. Nur ist es für einen Thriller völlig ungeeignet, wenn es mit jedem Dialog und jeder Figur so moralinsauer daherkommt wie in diesem Fall.

Michael Crichton: "Welt in Angst". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Karl Blessing Verlag, München 2005. 602 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr