Der Dorpater Theologe und Begründer der Sozialethik Alexander von Oettingen ist weitgehend in Vergessenheit geraten. In seiner "Moralstatistik" hatte er bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts die theologische Auseinandersetzung mit den Grundfragen der Statistik als markantestem Ausdruck modernen Denkens aufgenommen. In Anknüpfung an Oettingens betont lutherischen Ansatz setzt diese Untersuchung die theologisch-ethische Reflexion statistischer Denkweisen in der heutigen Sozialethik, Kirchenstatistik, empirischen Sozialforschung, Religionssoziologie und Wahrscheinlichkeitstheorie fort. Namentlich bezüglich der Wahrscheinlichkeitstheorie enthüllt sich die Fragwürdigkeit der bisherigen achristlichen Tendenz einer sich verabsolutierenden statistisch-naturwissenschaftlich geprägten Logik: Die in der Statistik wissenschaftlich konsequente Selbstrelativierung ihrer Erkenntnisse als "Glaubensüberzeugung" führt so letztlich zu einer neuen und notwendigen Emanzipation theologisch-ethischer Glaubensüberzeugungen in den Fragen moderner Wirtschaft und Gesellschaft.