Der Name Claus Schenk Graf von Stauffenberg steht für den Widerstand gegen Hitler. Am 20. Juli 1944 brachte Stauffenberg eine Bombe ins "Führerhauptquartier", doch Adolf Hitler entging dem Attentat knapp. Stauffenberg zahlte, wie viele Mitverschwörer, mit seinem Leben. Als "Aufstand des Gewissens" ging der gescheiterte Staatsstreich in die Geschichte ein. Der bekannte Historiker Gerd R. Ueberschär stellt die historischen Entwicklungen und Motivationen der daran Beteiligten ausführlich dar: Von den ersten Plänen der Operation "Walküre" über den Tag des 20. Juli 1944 bis zur Hinrichtung der Beteiligten und Verfolgung ihrer Angehörigen. Ein wichtiges Zeugnis deutschen Widerstands.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.06.2004Das letzte Kapitel
WIDERSTAND. Grundlegend Neues bietet der Begleitband des Militärhistorikers Gerd Ueberschär zu dem erfolgreichen "Stauffenberg"-Fernsehfilm nicht. Nach einem chronologischen Abriß der Ereignisse im "Führerhauptquartier" und in Berlin werden die historischen Hintergründe der Operation "Walküre" erläutert. Nach einer Schilderung der Ereignisse in Wien, Prag und Paris folgen biographische Skizzen der Hitlergegner. Nicht fehlen dürfen die "Frauen des 20. Juli" und der kritische Vergleich mit anderen Widerstandsgruppen. Die folgenden Abschnitte stellen das Attentat in die Zusammenhänge der Kriegssituation: Ausführlich wird die prekäre militärische Lage des Jahres 1944 skizziert; detailliert werden die Verfolgungsaktionen und Volksgerichtsprozesse nachgezeichnet; umfassend wird die "Volksstimmung" beschrieben, die mit dazu beitrug, daß das totalitäre Regime bis zur militärischen Niederlage innerlich stabil blieb. Wer dies alles schon kennt, wird sich wahrscheinlich am ehesten für das letzte Kapitel interessieren, das sich mit der Rezeption des 20. Juli in den Jahrzehnten seit dem Ende des "Dritten Reiches" beschäftigt. Hier findet sich eine Darstellung der verschiedenen Forschungspositionen, wobei der Schwerpunkt naturgemäß auf die Militäropposition gelegt wird. Die Widerstandshaltung einzelner Offiziere erfolgte, so betont Ueberschär, "im Spannungsverhältnis zwischen prinzipieller Opposition und partieller Bereitschaft zu Anpassung und Mitwirkung". In diesem Zusammenhang wird auch die in jüngster Zeit verstärkte Diskussion um die Deserteure des Zweiten Weltkrieges referiert. Ueberschär hält es für "problematisch, die vielfältigen unterschiedlichen Einzelaktionen wie Desertion, Fahnenflucht, Gehorsamsverweigerung, unerlaubte Entfernung von der Truppe, Selbstverstümmelung und Zersetzung der Wehrkraft generell als Ausdruck eines grundsätzlichen Widerstands- und Freiheitskampfes" zu verstehen. Allerdings ist Ueberschär wohl selbst zu sehr Partei, um stets unvoreingenommen über ungeklärte Forschungsfragen zu berichten. So wären mehr als nur ein paar kursorische Bemerkungen notwendig gewesen, um auf die umstrittenen Thesen mancher Historiker einzugehen, die die Männer des 20. Juli in eine enge Verbindung mit der Judenvernichtung bringen wollen; ebenso unausgeglichen ist die Referierung des Forschungsstandes zur Bewertung des von der Sowjetunion unterstützten "Bundes Deutscher Offiziere" und des "Nationalkomitees Freies Deutschland". (Gerd R. Ueberschär: Stauffenberg. Der 20. Juli 1944. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2004. 271 Seiten, 19,90 [Euro].)
JOACHIM SCHOLTYSECK
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
WIDERSTAND. Grundlegend Neues bietet der Begleitband des Militärhistorikers Gerd Ueberschär zu dem erfolgreichen "Stauffenberg"-Fernsehfilm nicht. Nach einem chronologischen Abriß der Ereignisse im "Führerhauptquartier" und in Berlin werden die historischen Hintergründe der Operation "Walküre" erläutert. Nach einer Schilderung der Ereignisse in Wien, Prag und Paris folgen biographische Skizzen der Hitlergegner. Nicht fehlen dürfen die "Frauen des 20. Juli" und der kritische Vergleich mit anderen Widerstandsgruppen. Die folgenden Abschnitte stellen das Attentat in die Zusammenhänge der Kriegssituation: Ausführlich wird die prekäre militärische Lage des Jahres 1944 skizziert; detailliert werden die Verfolgungsaktionen und Volksgerichtsprozesse nachgezeichnet; umfassend wird die "Volksstimmung" beschrieben, die mit dazu beitrug, daß das totalitäre Regime bis zur militärischen Niederlage innerlich stabil blieb. Wer dies alles schon kennt, wird sich wahrscheinlich am ehesten für das letzte Kapitel interessieren, das sich mit der Rezeption des 20. Juli in den Jahrzehnten seit dem Ende des "Dritten Reiches" beschäftigt. Hier findet sich eine Darstellung der verschiedenen Forschungspositionen, wobei der Schwerpunkt naturgemäß auf die Militäropposition gelegt wird. Die Widerstandshaltung einzelner Offiziere erfolgte, so betont Ueberschär, "im Spannungsverhältnis zwischen prinzipieller Opposition und partieller Bereitschaft zu Anpassung und Mitwirkung". In diesem Zusammenhang wird auch die in jüngster Zeit verstärkte Diskussion um die Deserteure des Zweiten Weltkrieges referiert. Ueberschär hält es für "problematisch, die vielfältigen unterschiedlichen Einzelaktionen wie Desertion, Fahnenflucht, Gehorsamsverweigerung, unerlaubte Entfernung von der Truppe, Selbstverstümmelung und Zersetzung der Wehrkraft generell als Ausdruck eines grundsätzlichen Widerstands- und Freiheitskampfes" zu verstehen. Allerdings ist Ueberschär wohl selbst zu sehr Partei, um stets unvoreingenommen über ungeklärte Forschungsfragen zu berichten. So wären mehr als nur ein paar kursorische Bemerkungen notwendig gewesen, um auf die umstrittenen Thesen mancher Historiker einzugehen, die die Männer des 20. Juli in eine enge Verbindung mit der Judenvernichtung bringen wollen; ebenso unausgeglichen ist die Referierung des Forschungsstandes zur Bewertung des von der Sowjetunion unterstützten "Bundes Deutscher Offiziere" und des "Nationalkomitees Freies Deutschland". (Gerd R. Ueberschär: Stauffenberg. Der 20. Juli 1944. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2004. 271 Seiten, 19,90 [Euro].)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Grundlegend Neues, stellt Joachim Scholtysek als Warnung seiner kurzen Besprechung voran, biete dieser Begleitband zum ARD-Film "Stauffenberg" nicht an, stattdessen einen Abriss der Hintergründe und Ereignisse und eine detaillierte Beschreibung der Verfolgungsaktionen. Am interessantesten erscheint dem Rezensenten noch die Darstellung der Rezeption des 20 Juli, doch hier stört sich Scholtysek an der unausgeglichenen und parteilichen Bewertung durch Gerd R. Ueberschär.
© Perlentaucher Medien GmbH
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