Marktplatzangebote
11 Angebote ab € 1,00 €
  • Gebundenes Buch

Nach der Wende hat sich Wolfram Meister schon einmal neu erfunden, die Gunst der Stunde genutzt und ein Hotel aufgezogen. Als energischer Unternehmer hat er sich inzwischen beinah selbst überflüssig gemacht. Ein Mann in den besten Jahren, ein Mann, der sich alles leisten kann, sitzt er heute am liebsten rauchend auf seinem Hochsitz und träumt von Weltflucht. Doch als er sich neu verliebt, beginnt die Zukunft wieder rosarot zu leuchten. Ist das nicht der Moment, um das Hotel zu verkaufen und noch einmal auf Neustart zu drücken? So sicher sich Meister ist, dass er diese Chance nicht verspielen…mehr

Produktbeschreibung
Nach der Wende hat sich Wolfram Meister schon einmal neu erfunden, die Gunst der Stunde genutzt und ein Hotel aufgezogen. Als energischer Unternehmer hat er sich inzwischen beinah selbst überflüssig gemacht. Ein Mann in den besten Jahren, ein Mann, der sich alles leisten kann, sitzt er heute am liebsten rauchend auf seinem Hochsitz und träumt von Weltflucht. Doch als er sich neu verliebt, beginnt die Zukunft wieder rosarot zu leuchten. Ist das nicht der Moment, um das Hotel zu verkaufen und noch einmal auf Neustart zu drücken? So sicher sich Meister ist, dass er diese Chance nicht verspielen darf, so schwer tut er sich damit, der bezaubernden Nelli zu vertrauen. Er will sie auf die Probe stellen, die Zivilisation für eine Weile hinter sich lassen - und merkt nicht, wie sehr er sie mit diesem Plan brüskiert. Als ihm dann noch sein alter Freund die Geliebte streitig macht, verliert Meister jedes Maß ... Rainer Klis erzählt von der Sehnsucht und vom Wagnis, immer wieder Veränderung im Leben zu suchen. Unsentimental und pointiert ist seine Sprache, voll subtiler Spannung sein Roman.
Autorenporträt
Rainer Klis, geboren 1955 in Karl-Marx-Stadt, machte sich in den Achtzigerjahren zunächst mit Kurzprosa einen Namen. Nach 1990 zum Reisenden geworden, veröffentlichte er neben Erzählbänden eine Reihe von Reportagen. Rainer Klis ist Mitglied des PEN.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Kilian Trotier zeigt sich beeindruckt von Rainer Klis' Innenansicht eines ostdeutschen Wendeaufsteigers. Der Hotelgründer Wolfram Meister ist von außen besehen ein erfolgreicher Geschäftsmann, leidet aber unter seinen Verunsicherungen und droht unter den inneren Widersprüchen seiner Existenz zugrunde zu gehen. Die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung als Ausgangslage eines Romans ist schon häufig verwendet worden, gewinnt seinen besonderen Reiz aber durch die Gründe für die zerrissene Existenz Meisters, erklärt der Rezensent. Meisters Grundübel sind nämlich die widerstreitenden Prinzipien des Kommunismus und des Kapitalismus, und das ist als innere Realität eines Protagonisten bisher so nicht dargestellt worden, so Trotier fasziniert. Umso bedauerlicher, dass der Autor glaubt, seine Figuren mit Kraftausdrücken um sich schmeißen lassen zu müssen, moniert der Rezensent, der findet, dass dieser fesselnde Roman dies nicht nötig gehabt hätte.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.08.2007

Rainer Klis sagt "Goodbye, Marx"

Als einer der wenigen hat es Wolfram Meister geschafft: Nach der Wende 1989 ließ er sich nicht vom Abwärtsstrudel ins soziale Niemandsland reißen, sondern nutzte diese zum Kickstart auf der Karriereleiter. Nicht, dass er zuvor keinen beruflichen Erfolg gehabt hätte. Als Abteilungsleiter des Hochbaubetriebs, bei dem er kurz vor der Beförderung zum Hauptbuchhalter stand, lernte er die Sonnenseite des sozialistischen Systems hinter dem Eisernen Vorhang kennen. Aber nun, als Meister sich auf dem freien kapitalistischen Markt umtut, gelingt ihm mit seinem Hotel der große Wurf. Nur durch seinen chronisch mittellosen Freund Hans-Hasso, der sich als Jude ausgibt, wird er mit finanziellen Notständen konfrontiert. Ansonsten könnte das Leben gar nicht besser laufen.

Doch Rainer Klis, der 1955 in Chemnitz, der Stadt mit der Marx-Büste (unser Foto), geboren wurde, lässt diese Außenansicht immer nur kurz in den Reflexionen des Protagonisten aufleuchten. Denn sein Roman "Steinzeit" bringt primär die Unebenheiten und Paradoxien des seelischen Innenlebens Meisters zum Vorschein. Die Ich-Erzählung nimmt auch den Leser in der Welt des "neureichen Emporkömmlings", wie Meister sich selbst nennt, gefangen. Eine objektive Einschätzung der Lage? Unmöglich. Wir begeben uns auf eine Seelenreise mit einer verunsicherten, von Ängsten heimgesuchten Existenz.

So weit die reizvolle, wenn auch nicht gerade wunderlich originelle Ausgangsposition. Die Diskrepanz zwischen äußerer Darstellung und inneren Verstrickungen ist schon oft erzählt worden. Was diesen Roman lesenswert macht, ist, ganz banal, der Widerstreit zwischen Kommunismus und Kapitalismus, der im Inneren vieler im ostdeutschen System Großgewordener fortbesteht und hier aus der Innenperspektive heraus aufgedeckt wird. Zwar hat das westliche System politisch die Oberhand behalten, doch der Roman zeigt, dass der in jedem einzelnen der Charaktere verankerte Konflikt noch längst nicht ausgestanden ist.

Aus Sicht der Hauptfigur stehen stellvertretend deren Freundin Nelli und der verstorbene, aber in den Gedanken immer noch sehr präsente Vater für die beiden Ideologien. Nelli, die der in seinen Beziehungen immer wieder gescheiterte Meister als seine letzte Chance für eine gutbürgerliche Eheexistenz sieht und gerade deswegen nicht weiß, ob er sie wirklich lieben soll, ist ehrgeizig und treibt ihren Freund dazu an, das Hotel weiter auszubauen - Wettbewerbsfähigkeit ist das Ziel. Gegenüber seinem Vater, einem alten kommunistischen Kadermann, fühlt sich Meister hingegen schuldig, weil er inzwischen selbst Teil des neues Systems geworden ist. So zerreibt er sich.

Neben diesem bedrückenden Bild bietet der Roman zudem die Physiognomie einer heimat- und wurzellosen Gebildetenschicht: allenthalben zerrüttete Familienverhältnisse, Untreue, Scheidung und erneute Heirat. Religion wird verbrämt, die alten Ideologien greifen nicht mehr. Die bürgerliche Hülle bietet keinen Schutz vor den eigentlichen Bedürfnissen nach Liebe und Sicherheit.

Rainer Klis zeigt eine der öffentlichen Wahrnehmung kaum zugängliche, nur im Inneren des Einzelnen greifbare Realität. Schonungslos lässt er Wolfram Meister von seinen Nöten und Problemen berichten. Schade nur, dass Klis in seiner Wortwahl häufig schludert. Der Griff in die sprachliche Fäkalgrube wertet die durchaus interessante Kernaussage des Romans unnötig ab.

KILIAN TROTIER

Rainer Klis: "Steinzeit". Roman. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2007. 192 S., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr