Darauf haben seine Fans lange gewartet: Helge Schneider ist zurück als Buchautor, und damit auch sein Alter Ego Kommissar Schneider, der Alleskönner unter den Kriminalermittlern des Landes.
Bei der Abgabe des Manuskripts für dieses Buch schrieb Helge Schneider an den Verlag: »Ich begann 2017 mit der Arbeit an diesem Bestseller. Es war mir klar, dass die Geschichte einschlägt wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Die Recherchen waren aufwändiger, als ich mir vorgestellt hatte, denn das Schreiben war ein brutaler Wettlauf zwischen meiner Story und der Realität, die ja in atemberaubendem Tempo voranschreitet. Grismann, was für ein Intelligenzverbrecher! Johnny Espelkamp, was für ein dumpfer Mörder! Jerry Vogel, was für ein faszinierender, aber undurchsichtiger Tanzlehrer. Und der Kommissar Schneider - zu welch grandiosem Spürhund ist dieser Mann im Alter noch aufgestiegen! Unglaubliche Entwicklungen, man kann sich an den Zeilen nicht satt lesen. Aber ich will hier nicht zu viel verraten. Nur eins ist sicher: Nichts für schwache Nerven.
Dazu habe ich 18 draws (Zeichnungen) angefertigt, die das Gesamtbild der Ereignisse abrunden.«
Bei der Abgabe des Manuskripts für dieses Buch schrieb Helge Schneider an den Verlag: »Ich begann 2017 mit der Arbeit an diesem Bestseller. Es war mir klar, dass die Geschichte einschlägt wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Die Recherchen waren aufwändiger, als ich mir vorgestellt hatte, denn das Schreiben war ein brutaler Wettlauf zwischen meiner Story und der Realität, die ja in atemberaubendem Tempo voranschreitet. Grismann, was für ein Intelligenzverbrecher! Johnny Espelkamp, was für ein dumpfer Mörder! Jerry Vogel, was für ein faszinierender, aber undurchsichtiger Tanzlehrer. Und der Kommissar Schneider - zu welch grandiosem Spürhund ist dieser Mann im Alter noch aufgestiegen! Unglaubliche Entwicklungen, man kann sich an den Zeilen nicht satt lesen. Aber ich will hier nicht zu viel verraten. Nur eins ist sicher: Nichts für schwache Nerven.
Dazu habe ich 18 draws (Zeichnungen) angefertigt, die das Gesamtbild der Ereignisse abrunden.«
Köstlich amüsiert sich Rezensentin Maria Wiesner über Helge Schneiders neuesten Kriminalroman, der sie in seiner wild-komischen Struktur auch ein bisschen an dessen Jazzmusik erinnert. Die Geschichte nachzuerzählen, ist gar nicht so einfach, räumt sie ein, es kommt ein Serienmörder vor, der seine Opfer in eine Art Cyborgs umwandelt, die von "Zitronengenever" betrieben werden - Kommissar Schneider ist dabei über zwanzig Verdächtigen auf der Spur, zwischen denen munter hin und her gesprungen wird. Fast wie im improvisierten Jazz, findet Wiesner, dazu kommt noch eine gesellschaftskritische Ebene rund ums Gendern und die Aufmerksamkeitsökonomie, die ihr ebenfalls zusagt, wie sie schließt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.11.2023Zitronengenever im Blut
Helge Schneiders Kommissar ermittelt wieder
Wenn man Helge Schneiders neuen Kriminalroman "Stepptanz" an einem recht prominenten Ort - sagen wir: auf dem Couchtisch - liegen lässt und dann Besuch bekommt, der gern in Büchern blättert, während man Tee aufsetzt, dann ist sicher, dass man, noch bevor das Wasser kocht, verhaltenes Gekicher hören wird. Schon der Klappentext ist äußerst komisch: "Ich habe eigentlich keine Zeit, mich hier über mein literarisches Werk auszulassen. Morgen kommt der Schornsteinfeger, und ich muss am Ofen noch aufräumen. Außerdem habe ich Termine."
Helge Schneider ist in erster Linie ein begnadeter Jazzmusiker. Und das färbt auch auf seine Kriminalromane ab. Zum mittlerweile siebten Mal lässt er seinen Kommissar Schneider ermitteln, und dessen Abenteuer geordnet nachzuerzählen ist ähnlich schwierig, wie einen Jazzsong nachzupfeifen.
Versuchen wir es trotzdem: Der Kommissar sieht sich diesmal einer Reihe von Morden gegenüber. Ein Serienkiller treibt in der namenlosen Stadt, die Schneider bewohnt und deren Architektur irgendwo zwischen Ruhrpott-Flair und der Großstadt eines amerikanischen Noir-Krimis angesiedelt ist, sein Unwesen. Der Psychopath legt Menschen aber nicht einfach nur um, er nimmt sie auseinander, um sie zu "Hybriden" umzubauen.
Er verwendet ihre Körper also als Ersatzteillager, um mithilfe von Elektronik verbesserte cyborgartige Wesen aus ihnen zu machen, die ihn in seinem trostlosen Leben unterhalten sollen - betrieben werden diese leicht belämmerten KI-Monster, immerhin sind wir in einem Helge-Schneider-Krimi, mit Zitronengenever.
Der Kommissar setzt sich in seinem alten Nissan-Coupé also auf die Spur des Täters. Es treten mehr als zwei Dutzend Personen auf, mal mehr, mal weniger verdächtig. Die Erzählung springt zwischen ihnen hin und her, jeder neue Absatz widmet sich einer anderen Person dieses umfassenden Figurenensembles. Und so eiskalt, wie hier die Morde beschrieben werden, wird auch so manche Figur entsorgt. So folgt man etwa einem Hauptverdächtigen auf der Flucht durch Wälder und über Landesgrenzen, bis er in ein Zelt tappt und dort kurzerhand von einem Bären verspeist wird - der wiederum danach noch ein-, zweimal durchs Buch tollt.
Solche Erzählfäden lässt Schneider so plötzlich enden wie Instrumental-Improvisationen beim Jazzkonzert. Die Melodie ergibt sich vielmehr aus all den subtilen Kommentaren zu den Debatten der Gegenwart, die hier in die Handlung gebettet wurden: Zeugen verwickeln sich, statt dem Kommissar sachlich die Fakten zu sortieren, in eine Diskussion übers Gendern und prügeln umgehend aufeinander ein. Ein Verdächtiger zappt nachts durchs Fernsehen und bleibt bei einer Sendung hängen, bei der Prominente an Geschmacksproben ihrer blanken Hinterteile erraten werden sollen. Der Kommissar blättert durch eine Zeitschrift, die nur anonyme Selfie-Fotos abdruckt, von Menschen, die "in diesem Blatt Aufmerksamkeit, und nur darum ging es, erheischen wollten". An diesen Stellen, mit solchen kurzen, scharfen Beobachtungen, streift der Roman die Gesellschaftssatire.
Kommissar Schneider aber bleibt stiller Beobachter, wird als Mann der alten Schule gezeichnet: Er trägt wie Fernseh-ermittler der Achtzigerjahre noch Lederjacke, fährt in dieser Welt, in der fast alle Leute Lastenfahrräder haben, obwohl "die damit niemals Lasten transportieren mussten, aber es gehörte zum guten Ton", weiter stur seinen Sportwagen mit Benzinmotor. Um den zu betreiben, importiert er Sprit aus Indien, via Bremerhaven - ein bisschen flüstert der Roman also auch von einer düstereren Zukunft. Und die ist wohl nur mit Humor zu ertragen. MARIA WIESNER
Helge Schneider: "Stepptanz". Kommissar Schneider versteht die Welt nicht mehr.
Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2023. 192 S., geb.,
22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Helge Schneiders Kommissar ermittelt wieder
Wenn man Helge Schneiders neuen Kriminalroman "Stepptanz" an einem recht prominenten Ort - sagen wir: auf dem Couchtisch - liegen lässt und dann Besuch bekommt, der gern in Büchern blättert, während man Tee aufsetzt, dann ist sicher, dass man, noch bevor das Wasser kocht, verhaltenes Gekicher hören wird. Schon der Klappentext ist äußerst komisch: "Ich habe eigentlich keine Zeit, mich hier über mein literarisches Werk auszulassen. Morgen kommt der Schornsteinfeger, und ich muss am Ofen noch aufräumen. Außerdem habe ich Termine."
Helge Schneider ist in erster Linie ein begnadeter Jazzmusiker. Und das färbt auch auf seine Kriminalromane ab. Zum mittlerweile siebten Mal lässt er seinen Kommissar Schneider ermitteln, und dessen Abenteuer geordnet nachzuerzählen ist ähnlich schwierig, wie einen Jazzsong nachzupfeifen.
Versuchen wir es trotzdem: Der Kommissar sieht sich diesmal einer Reihe von Morden gegenüber. Ein Serienkiller treibt in der namenlosen Stadt, die Schneider bewohnt und deren Architektur irgendwo zwischen Ruhrpott-Flair und der Großstadt eines amerikanischen Noir-Krimis angesiedelt ist, sein Unwesen. Der Psychopath legt Menschen aber nicht einfach nur um, er nimmt sie auseinander, um sie zu "Hybriden" umzubauen.
Er verwendet ihre Körper also als Ersatzteillager, um mithilfe von Elektronik verbesserte cyborgartige Wesen aus ihnen zu machen, die ihn in seinem trostlosen Leben unterhalten sollen - betrieben werden diese leicht belämmerten KI-Monster, immerhin sind wir in einem Helge-Schneider-Krimi, mit Zitronengenever.
Der Kommissar setzt sich in seinem alten Nissan-Coupé also auf die Spur des Täters. Es treten mehr als zwei Dutzend Personen auf, mal mehr, mal weniger verdächtig. Die Erzählung springt zwischen ihnen hin und her, jeder neue Absatz widmet sich einer anderen Person dieses umfassenden Figurenensembles. Und so eiskalt, wie hier die Morde beschrieben werden, wird auch so manche Figur entsorgt. So folgt man etwa einem Hauptverdächtigen auf der Flucht durch Wälder und über Landesgrenzen, bis er in ein Zelt tappt und dort kurzerhand von einem Bären verspeist wird - der wiederum danach noch ein-, zweimal durchs Buch tollt.
Solche Erzählfäden lässt Schneider so plötzlich enden wie Instrumental-Improvisationen beim Jazzkonzert. Die Melodie ergibt sich vielmehr aus all den subtilen Kommentaren zu den Debatten der Gegenwart, die hier in die Handlung gebettet wurden: Zeugen verwickeln sich, statt dem Kommissar sachlich die Fakten zu sortieren, in eine Diskussion übers Gendern und prügeln umgehend aufeinander ein. Ein Verdächtiger zappt nachts durchs Fernsehen und bleibt bei einer Sendung hängen, bei der Prominente an Geschmacksproben ihrer blanken Hinterteile erraten werden sollen. Der Kommissar blättert durch eine Zeitschrift, die nur anonyme Selfie-Fotos abdruckt, von Menschen, die "in diesem Blatt Aufmerksamkeit, und nur darum ging es, erheischen wollten". An diesen Stellen, mit solchen kurzen, scharfen Beobachtungen, streift der Roman die Gesellschaftssatire.
Kommissar Schneider aber bleibt stiller Beobachter, wird als Mann der alten Schule gezeichnet: Er trägt wie Fernseh-ermittler der Achtzigerjahre noch Lederjacke, fährt in dieser Welt, in der fast alle Leute Lastenfahrräder haben, obwohl "die damit niemals Lasten transportieren mussten, aber es gehörte zum guten Ton", weiter stur seinen Sportwagen mit Benzinmotor. Um den zu betreiben, importiert er Sprit aus Indien, via Bremerhaven - ein bisschen flüstert der Roman also auch von einer düstereren Zukunft. Und die ist wohl nur mit Humor zu ertragen. MARIA WIESNER
Helge Schneider: "Stepptanz". Kommissar Schneider versteht die Welt nicht mehr.
Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2023. 192 S., geb.,
22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Köstlich amüsiert sich Rezensentin Maria Wiesner über Helge Schneiders neuesten Kriminalroman, der sie in seiner wild-komischen Struktur auch ein bisschen an dessen Jazzmusik erinnert. Die Geschichte nachzuerzählen, ist gar nicht so einfach, räumt sie ein, es kommt ein Serienmörder vor, der seine Opfer in eine Art Cyborgs umwandelt, die von "Zitronengenever" betrieben werden - Kommissar Schneider ist dabei über zwanzig Verdächtigen auf der Spur, zwischen denen munter hin und her gesprungen wird. Fast wie im improvisierten Jazz, findet Wiesner, dazu kommt noch eine gesellschaftskritische Ebene rund ums Gendern und die Aufmerksamkeitsökonomie, die ihr ebenfalls zusagt, wie sie schließt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Wenn man Helge Schneiders neuen Kriminalroman "Stepptanz" an einem recht prominenten Ort - sagen wir: auf dem Couchtisch - liegen lässt und dann Besuch bekommt, der gern in Büchern blättert, während man Tee aufsetzt, dann ist sicher, dass man, noch bevor das Wasser kocht, verhaltenes Gekicher hören wird.« Maria Wiesner FAZ 20231106