Der Archäologe Rainer Vollkommer lädt ein zu einer spannenden Reise, die vom fernsten Asien über Afrika und Europa bis nach Südamerika zu den berühmtesten archäologischen Fundstätten der Welt führt. Er erzählt die Geschichte spektakulärer Entdeckungen - von der Suche nach dem Frühmenschen, der Bergung des "Ötzi", der Auffindung des Grabes von Pharao Tut'ench Amun, dem Palast der Kleopatra, einer alten Mayastadt, den geheimnisvollen Tonkriegern im Grab des ersten Kaisers von China, den Rollen von Qumran und vielen anderen faszinierenden Funden bis hin zur Untersuchung des Wracks der Titanic. Die Sternstunden der Archäologie lassen längst vergangene Ereignisse und vergessene Kulturen in einer Fülle anschaulicher, historischer Fakten vor dem geistigen Auge des Lesers neu erstehen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.2002Was weiß denn die Wissensreihe?
Wir leben in traurigen Zeiten. Nichts ist mehr zu leisten, die Sternstunden sind unwiderruflich vorbei. Das ahnten wir natürlich schon, doch jetzt haben wir es schriftlich: auf den Titelblättern der neuen Taschenbuchreihe "Sternstunden" von C. H. Beck. Was verrät uns etwa Otto A. Böhmer zu den Sternstunden der Literatur (181 S., br., 7,- [Euro])? Daß es nach Kafka keine mehr gab; vor Dante allerdings auch nicht - nie etwas von Homer gehört, der Gute. Oder die Sternstunden der Physik, von Thomas Bührke zusammengestellt (immerhin 260 S., sogar Abb., br., und trotzdem auch nur 7,- [Euro]): Galilei erlebte die erste, Heisenberg die letzte. Wenigstens die Kunst darf auf breiter gestreute Leistungen zurückblicken. Hier reicht der von Susanne Partsch ausgemessene Bogen (230 S., Abb., br. 7,- [Euro]) von Nofretete (zweifelsohne eine bedeutende Künstlerin) bis zu Andy Warhol. Näher an die Gegenwart kommt kein Fach mehr, nicht die - wieder von Otto A. Böhmer bilderlos betreute - Philosophie (204 S., br., 7,- [Euro]), die ihre letzte Sternstunde in Heidegger findet, der sich gewiß sehr amüsiert hätte über die Behauptung, vor Platon müsse man nicht zurückgehen, und auch nicht die Archäologie, derer sich Rainer Vollkommer annimmt (231 S., Abb., br., 7,- [Euro]), der aber nach der Titanic nichts Nennenswertes mehr untergehen sah - und vor Tut-anch-Amun nichts Nennenswertes begraben. Doch halt! Eine Disziplin gibt es, die ganz gegenwärtig ist, die ihre Sternstunden weiterhin erleben darf, die weder Anfang kennt noch Ende. Es ist - Tusch! - die Geschichtsschreibung. Der von Alexander Demandt verfaßte Band (satte 334 S., Karten, br., 7,- [Euro]) kommt ohne jede zeitliche Eingrenzung auf dem Titelbild daher, und da verzeiht man gern, daß im Text dann doch Fukuyama gefolgt wird und alles 1989 zu einem Ende geführt wird - wenn auch mit dem Zusatz: "Sternstunden sind nicht vorhersehbar. Die Zukunft, so sagen wir, steht in den Sternen." Weise Worte eines weisen Mannes! Gesinnungsgenossen findet er beim Fischer-Taschenbuchverlag. Der hat die einzelnen Bände seiner neubegründeten Wissensreihe "Fischer kompakt" denkbar lapidar betitelt (unter anderem mit "Das Genom", "Viren", unvermeidlicherweise mit "Islam"und erstaunlicherweise auch mit "Die klassische Mechanik"), und auf dem Titelblatt statt historisch klar definierter Sternstunden (wie seltsam eigentlich, daß Dante eine Sternstunde gewesen sein soll und nicht seine "Comedia") die jeweiligen Disziplinen, deren zeitlose Errungenschaften aufgezählt. Bei Ernst Peter Fischers "Genom"-Buch (128 S., Abb., br., 8,90 [Euro]) reicht die Liste von der "Doppelhelix" bis zu "Gene und Krankheiten". Das gab es alles schon seit Menschengedenken und wird es wohl auch weiter geben. Und der ebenfalls bei Fischer erschienene Band von Thomas P. Weber über "Darwin" (128 S., Abb., br., 8,90 [Euro]) enthält sogar Ausführungen zur "Wissenschaft vor Darwin". Bemerkenswert: Wo die Autoren des Beck-Verlags (konzeptgezwungen) ihr Fach verengen, da weiten manche Fischer-Schreiber ihre Themen (notgedrungen?) kräftig aus. Macht das der festgelegte Umfang? Denn alle Disziplinen stehen bei Fischer gleichgewichtig da: Mit 128 Seiten hat ganz "Europa" aus der Feder Michael Gehlers genausoviel erlebt wie die "Europäische Geldpolitik", der sich Walter Heering widmet. Ob das der Königsweg ist? Die großen Werte Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, deren Proklamation gewiß eine Sternstunde der Geschichte gewesen ist, auch wenn Demandt ihr die amerikanische Unabhängigkeitserklärung und die Deklaration der Menschenrechte von 1948 vorzieht, sie finden sich auf diese Serien verteilt: Bei Beck sind Themen und Autoren frei, bei Fischer gleich, und brüderlich vereint sind beide Reihen im Bemühen, per Schlagwort Käufer anzuziehen.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wir leben in traurigen Zeiten. Nichts ist mehr zu leisten, die Sternstunden sind unwiderruflich vorbei. Das ahnten wir natürlich schon, doch jetzt haben wir es schriftlich: auf den Titelblättern der neuen Taschenbuchreihe "Sternstunden" von C. H. Beck. Was verrät uns etwa Otto A. Böhmer zu den Sternstunden der Literatur (181 S., br., 7,- [Euro])? Daß es nach Kafka keine mehr gab; vor Dante allerdings auch nicht - nie etwas von Homer gehört, der Gute. Oder die Sternstunden der Physik, von Thomas Bührke zusammengestellt (immerhin 260 S., sogar Abb., br., und trotzdem auch nur 7,- [Euro]): Galilei erlebte die erste, Heisenberg die letzte. Wenigstens die Kunst darf auf breiter gestreute Leistungen zurückblicken. Hier reicht der von Susanne Partsch ausgemessene Bogen (230 S., Abb., br. 7,- [Euro]) von Nofretete (zweifelsohne eine bedeutende Künstlerin) bis zu Andy Warhol. Näher an die Gegenwart kommt kein Fach mehr, nicht die - wieder von Otto A. Böhmer bilderlos betreute - Philosophie (204 S., br., 7,- [Euro]), die ihre letzte Sternstunde in Heidegger findet, der sich gewiß sehr amüsiert hätte über die Behauptung, vor Platon müsse man nicht zurückgehen, und auch nicht die Archäologie, derer sich Rainer Vollkommer annimmt (231 S., Abb., br., 7,- [Euro]), der aber nach der Titanic nichts Nennenswertes mehr untergehen sah - und vor Tut-anch-Amun nichts Nennenswertes begraben. Doch halt! Eine Disziplin gibt es, die ganz gegenwärtig ist, die ihre Sternstunden weiterhin erleben darf, die weder Anfang kennt noch Ende. Es ist - Tusch! - die Geschichtsschreibung. Der von Alexander Demandt verfaßte Band (satte 334 S., Karten, br., 7,- [Euro]) kommt ohne jede zeitliche Eingrenzung auf dem Titelbild daher, und da verzeiht man gern, daß im Text dann doch Fukuyama gefolgt wird und alles 1989 zu einem Ende geführt wird - wenn auch mit dem Zusatz: "Sternstunden sind nicht vorhersehbar. Die Zukunft, so sagen wir, steht in den Sternen." Weise Worte eines weisen Mannes! Gesinnungsgenossen findet er beim Fischer-Taschenbuchverlag. Der hat die einzelnen Bände seiner neubegründeten Wissensreihe "Fischer kompakt" denkbar lapidar betitelt (unter anderem mit "Das Genom", "Viren", unvermeidlicherweise mit "Islam"und erstaunlicherweise auch mit "Die klassische Mechanik"), und auf dem Titelblatt statt historisch klar definierter Sternstunden (wie seltsam eigentlich, daß Dante eine Sternstunde gewesen sein soll und nicht seine "Comedia") die jeweiligen Disziplinen, deren zeitlose Errungenschaften aufgezählt. Bei Ernst Peter Fischers "Genom"-Buch (128 S., Abb., br., 8,90 [Euro]) reicht die Liste von der "Doppelhelix" bis zu "Gene und Krankheiten". Das gab es alles schon seit Menschengedenken und wird es wohl auch weiter geben. Und der ebenfalls bei Fischer erschienene Band von Thomas P. Weber über "Darwin" (128 S., Abb., br., 8,90 [Euro]) enthält sogar Ausführungen zur "Wissenschaft vor Darwin". Bemerkenswert: Wo die Autoren des Beck-Verlags (konzeptgezwungen) ihr Fach verengen, da weiten manche Fischer-Schreiber ihre Themen (notgedrungen?) kräftig aus. Macht das der festgelegte Umfang? Denn alle Disziplinen stehen bei Fischer gleichgewichtig da: Mit 128 Seiten hat ganz "Europa" aus der Feder Michael Gehlers genausoviel erlebt wie die "Europäische Geldpolitik", der sich Walter Heering widmet. Ob das der Königsweg ist? Die großen Werte Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, deren Proklamation gewiß eine Sternstunde der Geschichte gewesen ist, auch wenn Demandt ihr die amerikanische Unabhängigkeitserklärung und die Deklaration der Menschenrechte von 1948 vorzieht, sie finden sich auf diese Serien verteilt: Bei Beck sind Themen und Autoren frei, bei Fischer gleich, und brüderlich vereint sind beide Reihen im Bemühen, per Schlagwort Käufer anzuziehen.
ANDREAS PLATTHAUS
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Der Autor holt offensichtlich weit aus, er erzählt "atmosphärisch aufgeladen" und seine größte Stärke besteht, findet der Rezensent (Kürzel peg.) in den "methodischen Exkursen". Die seien verständlich und konzentrierten sich auf neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse. Dass Vollkommer für die Interpretation der Funde im Vorwort allerdings die "Phantasie" zu Hilfe nehmen will, das, so der Rezensent, "führt völlig in die Irre". Es folgt eine kurze Zusammenfassung der eigenen Auffassung von der "Geisteswissenschaft Archäologie". Insgesamt aber scheint der Rezensent schon ganz einverstanden mit dem Band.
© Perlentaucher Medien GmbH
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