Schon lange bevor Reisende wie James Cook im 18. Jahrhundert die Praxis der Tätowierung als Inbegriff 'wilder' Zivilisationsferne in den Blick gerückt haben, wurden Tätowierungen in Europa zum Anlass genommen, das Wesen von Schrift und Schreiben und damit dasjenige der europäischen Schriftkultur selbst zu verhandeln - von den schriftförmigen Tätowierungen, in denen schon die Bücher des Alten Testaments ihre neue Glaubensgemeinschaft stiften, bis hin zur Auseinandersetzung der beginnenden Postmoderne mit der Konkurrenz zwischen geschriebenem Text und digitaler Wirklichkeitssimulation. In diesem aufregenden, das Thema erstmals umfassend aufarbeitenden Buch rekonstruiert Ulrike Landfester die Diskursgeschichteder Tätowierung von ihren Anfängen bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Tätowierung unter dem Einfluss technologischen Fortschritts scheinbar ebenso beliebig löschbar zu werden beginnt wie die traditionelle Materialhaftung des alphabetarischen Schreibens selbst.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Was Ötzi und Bettina Wulff gemeinsamen haben, erfährt Katharina Teutsch in "Stichworte", Ulrike Landfesters Kulturgeschichte der Tätowierung. Die Autorin "ulkt mit postmodernem Theoriejargon herum und beugt sich über philologische Kleinstprobleme", stellt die Rezensentin etwas pikiert fest, scheint das Buch jedoch durchaus mit einigem Interesse und Vergnügen gelesen zu haben. Bemerkenswert scheint ihr der Fokus auf den semantischen Gehalt der Tätowierung, der aus der Geschichte körperlicher Inschriften ihrerseits "eine einzige Verkettung von Zuschreibungen" werden lässt. Erst im gegenwärtigen Trend zum Tribal-Tattoo zieht eine ganz und gar unsemantische Ornamentalik ein, die Bedeutung durch Beliebigkeit ersetzt, referiert Teutsch.
© Perlentaucher Medien GmbH
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