System ohne Aufsicht - Wirtschaft ohne Weitsicht - Eliten ohne Rücksicht
Wir Deutschen wollen mehr Gerechtigkeit, mehr Klimaschutz, mehr Bildung. Wir finden zu viel Ungleichheit schlecht, halten die Verteilung des Wohlstandes für ungerecht und stehen einem ungezügelten Markt kritisch gegenüber. Wir finden, dass Wachstum nicht alles ist, und halten den modernen Finanzmarkt für ein großes Übel. Am Wahltag aber wählt die Mehrheit rechts, obwohl sie links bekennt - nicht nur in Deutschland.
Das Ergebnis ist "Stillstand made in Germany": ein Land, in dem sich nichts verbessert. Die Gesellschaft bleibt tief gespalten, der Klimaschutz wird blockiert, Deutschland investiert nicht in die Zukunft und lebt von der Substanz. Warum schlägt sich der Veränderungswille nicht im politischen Handeln nieder? Warum siegen die kurzfristigen über die langfristigen Interessen?
Jürgen Trittin stellt sich diesen Fragen und zeigt, dass es auch anders geht. Lassen wir uns von den Lobbys des Status quo nicht länger Angst vor Veränderung einjagen! Ein anderes Land ist möglich, und es liegt im Interesse der Menschen: Mehr Gerechtigkeit und mehr Nachhaltigkeit bieten Vorteile für Deutschland und Europa in einer globalisierten Welt. Dieser Umbau braucht Mut - trauen wir uns!
Gleichgültigkeit aufbrechen für eine stärkere Demokratie
Ein Plädoyer für langfristiges Denken
"Krisenmanagement" á la Trittin: So geht politische Aufmüpfigkeit!
Wir Deutschen wollen mehr Gerechtigkeit, mehr Klimaschutz, mehr Bildung. Wir finden zu viel Ungleichheit schlecht, halten die Verteilung des Wohlstandes für ungerecht und stehen einem ungezügelten Markt kritisch gegenüber. Wir finden, dass Wachstum nicht alles ist, und halten den modernen Finanzmarkt für ein großes Übel. Am Wahltag aber wählt die Mehrheit rechts, obwohl sie links bekennt - nicht nur in Deutschland.
Das Ergebnis ist "Stillstand made in Germany": ein Land, in dem sich nichts verbessert. Die Gesellschaft bleibt tief gespalten, der Klimaschutz wird blockiert, Deutschland investiert nicht in die Zukunft und lebt von der Substanz. Warum schlägt sich der Veränderungswille nicht im politischen Handeln nieder? Warum siegen die kurzfristigen über die langfristigen Interessen?
Jürgen Trittin stellt sich diesen Fragen und zeigt, dass es auch anders geht. Lassen wir uns von den Lobbys des Status quo nicht länger Angst vor Veränderung einjagen! Ein anderes Land ist möglich, und es liegt im Interesse der Menschen: Mehr Gerechtigkeit und mehr Nachhaltigkeit bieten Vorteile für Deutschland und Europa in einer globalisierten Welt. Dieser Umbau braucht Mut - trauen wir uns!
Gleichgültigkeit aufbrechen für eine stärkere Demokratie
Ein Plädoyer für langfristiges Denken
"Krisenmanagement" á la Trittin: So geht politische Aufmüpfigkeit!
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Jürgen Trittins Plädoyer wider den "Stillstand made in Germany" lässt sich im Grunde in drei wesentlichen Punkten zusammenfassen, berichtet Rudolf Hickel: Kapitalismus und Nachhaltigkeit sind vereinbar, Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeit sind vereinbar und die "Transformation" hin zu diesem nach wie vor wachstumsbasierten, aber nachhaltigen Kapitalismus ist auch möglich, fasst der Rezensent zusammen. Diese Thesen begründet Trittin ausführlich, strukturiert und nachvollziehbar, findet Hickel, der nur bedauert, wie wenig Trittin über eine mögliche Ökosteuer und eine Koalition mit der Linkspartei zu sagen hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.2014Trittin als Transformator
Rot-rot-grünes Manifest
Jürgen Trittin hat eine fulminante Präambel für einen rot-rot-grünen Koalitionsvertrag geschrieben. Sie ist etwas lang geraten, aber weit leserlicher als alles, was bislang auf diesem Feld veröffentlicht wurde. Er schleicht nicht lange um den heißen Brei herum, sondern sagt klipp und klar, was Sache ist - vielleicht nicht ganz. Denn was die "Transformation" sein soll, die er unserer Gesellschaft auferlegen will, wird auch nach zweihundert Seiten nicht ganz klar - aber dafür wäre ja dann der Koalitionsvertrag da. Seit etwa zehn Jahren geistert der Begriff auch durch die Klimaschutzdebatte. Trittin erklärt, warum wir ihn brauchen: Da das Wort "Reform" nicht mehr positiv besetzt sei (auch daran ist übrigens der "Neoliberalismus" schuld), müsse ein neuer Begriff her, und das sei eben die "Transformation". Er hätte auch sagen können: "Systemwechsel", aber das erinnert ihn vielleicht zu sehr an seine Jugend in Göttingen, oder "Revolution", aber das wollen ja nicht einmal mehr die Transformatoren der Linkspartei.
Also "Transformation", und zwar in den "ökologischen Materialismus". Eine Fußnote klärt auf, dass Trittin hier etwas anderes meint als Carl Amery, der damit ein Gegenmodell zur kapitalistischen Industriegesellschaft entwarf und den Menschen dazu bringen wollte, sich nicht mehr in den Mittelpunkt der Schöpfung zu stellen, sondern sich radikal selbst zu beschränken. Das gilt natürlich nicht für die Transformateure, die Avantgarde der Ökobewegung. Trittin zieht daraus die Schlussfolgerung, dass es unnötig sei, eine anthropozentrische Weltsicht aufzugeben. Außerdem - was wäre Trittin ohne taktisches Denken? - müsse der ökologischen Bewegung klargemacht werden, dass "post-materialistisches" Denken in die Irre führe - in Richtung Lifestyle und nicht in Richtung Mehrheit. Darauf aber kommt es Trittin an: Wie steuere ich die Interessen der Gesellschaft, um im Sinne ihrer "Transformation" mehrheitsfähig zu werden?
"Wir verschleppen den Umbau der Industriegesellschaft zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen und ressourcenleichten Produktionsweise", schreibt Trittin. Das ist als Kritik am "Stillstand" in Deutschland unter den Bedingungen großer Koalitionen gemeint, aber auch als Kritik an den Ökos, denen ein Reförmchen hier und ein Reförmchen dort schon reicht. Die Themen Klima, Umwelt, Energie, Ressourcen werden variantenreich behandelt. Nach etwa hundert Seiten gewinnt die "Zivilisierung" des Kapitalismus aber doch die Oberhand, worum es auch bei den anderen Themen gegangen ist, nur dass es sich dort nicht so schön verpacken ließ wie zur Bändigung der Finanzmärkte. Das alles läuft auf sehr viel Gleichheit hinaus (das Wort Freiheit taucht gefühlte drei Mal im Buch auf), für Trittin angeblich ein in Deutschland verschmähter Begriff, weil das "rechte Feuilleton" (ist das nicht ein Widerspruch in sich?) dabei immer an den GUlag denke. Das müsste er bei Gelegenheit einmal erklären.
Schon von Seite 80 an wird es streckenweise - aber nur streckenweise - unerträglich. Was wir nicht alles falsch machen! Eine Kostprobe: "Wir fressen unseren Kindern die Äcker leer und sorgen anschließend dafür, dass sie unfruchtbar bleiben." Abgesehen davon, dass nicht immer ganz klar ist, wer denn dieses "Wir" ist, zieht Trittin angesichts solcher Passagen wenig später selbst die Notbremse: "Doch die Öko-Alarmsirene, die verschärfte Rhetorik, das Predigen, das immer gleiche Wiederholen der Voraussagen, all dies scheint wenig zu fruchten." Stimmt! "Sie langweilen, sie nerven, sie ermüden sogar." Genau! Hinzufügen möchte man nur: Wenn wenigstens Verlass wäre auf die Voraussagen! Uns steckt das Inferno noch in den Knochen, das der saure Regen und die Eiszeit (ja, die sollte es ganz sicher geben!) anrichten. Die Tücke der "großen Transformation" besteht aber gerade darin, dass sie vollbracht oder mindestens unumkehrbar gemacht sein soll, bevor die Prophezeiungen in Erfüllung gehen können.
Bei der Stange hält Trittin den Leser mit Kapiteln über die politische Kultur. Das ist erfrischend. Er wendet sich gegen die Naivität der Philister, die für alles und jedes eine einfache Lösung haben wollen, über die "Scheindemokratie" schimpfen, aber keine Ahnung haben, wie Demokratie eigentlich funktioniert. Auch die Passagen über "Politikverdruss" lohnen die Lektüre: "Es ist eine der größten Niederlagen der gesellschaftlichen Linken, dass sie diesem Diskurs der Politikverdrossenheit aufgesessen ist und sich einen Konflikt zwischen den Bürgern auf der einen und den Politikern auf der anderen hat aufschwätzen lassen." Dieser Diskurs lebe doch von einer pauschalisierenden Realitätsverleugnung. Ob das allerdings nur der "politischen Rechten" in die Hände spielt, wie Trittin meint, wird man erst sehen, wenn sich herausstellt, dass auch die AfD nur mit Wasser kocht.
JASPER VON ALTENBOCKUM
Jürgen Trittin: Stillstand made in Germany. Ein anderes Land ist möglich! Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2014. 255 S., 19,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Rot-rot-grünes Manifest
Jürgen Trittin hat eine fulminante Präambel für einen rot-rot-grünen Koalitionsvertrag geschrieben. Sie ist etwas lang geraten, aber weit leserlicher als alles, was bislang auf diesem Feld veröffentlicht wurde. Er schleicht nicht lange um den heißen Brei herum, sondern sagt klipp und klar, was Sache ist - vielleicht nicht ganz. Denn was die "Transformation" sein soll, die er unserer Gesellschaft auferlegen will, wird auch nach zweihundert Seiten nicht ganz klar - aber dafür wäre ja dann der Koalitionsvertrag da. Seit etwa zehn Jahren geistert der Begriff auch durch die Klimaschutzdebatte. Trittin erklärt, warum wir ihn brauchen: Da das Wort "Reform" nicht mehr positiv besetzt sei (auch daran ist übrigens der "Neoliberalismus" schuld), müsse ein neuer Begriff her, und das sei eben die "Transformation". Er hätte auch sagen können: "Systemwechsel", aber das erinnert ihn vielleicht zu sehr an seine Jugend in Göttingen, oder "Revolution", aber das wollen ja nicht einmal mehr die Transformatoren der Linkspartei.
Also "Transformation", und zwar in den "ökologischen Materialismus". Eine Fußnote klärt auf, dass Trittin hier etwas anderes meint als Carl Amery, der damit ein Gegenmodell zur kapitalistischen Industriegesellschaft entwarf und den Menschen dazu bringen wollte, sich nicht mehr in den Mittelpunkt der Schöpfung zu stellen, sondern sich radikal selbst zu beschränken. Das gilt natürlich nicht für die Transformateure, die Avantgarde der Ökobewegung. Trittin zieht daraus die Schlussfolgerung, dass es unnötig sei, eine anthropozentrische Weltsicht aufzugeben. Außerdem - was wäre Trittin ohne taktisches Denken? - müsse der ökologischen Bewegung klargemacht werden, dass "post-materialistisches" Denken in die Irre führe - in Richtung Lifestyle und nicht in Richtung Mehrheit. Darauf aber kommt es Trittin an: Wie steuere ich die Interessen der Gesellschaft, um im Sinne ihrer "Transformation" mehrheitsfähig zu werden?
"Wir verschleppen den Umbau der Industriegesellschaft zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen und ressourcenleichten Produktionsweise", schreibt Trittin. Das ist als Kritik am "Stillstand" in Deutschland unter den Bedingungen großer Koalitionen gemeint, aber auch als Kritik an den Ökos, denen ein Reförmchen hier und ein Reförmchen dort schon reicht. Die Themen Klima, Umwelt, Energie, Ressourcen werden variantenreich behandelt. Nach etwa hundert Seiten gewinnt die "Zivilisierung" des Kapitalismus aber doch die Oberhand, worum es auch bei den anderen Themen gegangen ist, nur dass es sich dort nicht so schön verpacken ließ wie zur Bändigung der Finanzmärkte. Das alles läuft auf sehr viel Gleichheit hinaus (das Wort Freiheit taucht gefühlte drei Mal im Buch auf), für Trittin angeblich ein in Deutschland verschmähter Begriff, weil das "rechte Feuilleton" (ist das nicht ein Widerspruch in sich?) dabei immer an den GUlag denke. Das müsste er bei Gelegenheit einmal erklären.
Schon von Seite 80 an wird es streckenweise - aber nur streckenweise - unerträglich. Was wir nicht alles falsch machen! Eine Kostprobe: "Wir fressen unseren Kindern die Äcker leer und sorgen anschließend dafür, dass sie unfruchtbar bleiben." Abgesehen davon, dass nicht immer ganz klar ist, wer denn dieses "Wir" ist, zieht Trittin angesichts solcher Passagen wenig später selbst die Notbremse: "Doch die Öko-Alarmsirene, die verschärfte Rhetorik, das Predigen, das immer gleiche Wiederholen der Voraussagen, all dies scheint wenig zu fruchten." Stimmt! "Sie langweilen, sie nerven, sie ermüden sogar." Genau! Hinzufügen möchte man nur: Wenn wenigstens Verlass wäre auf die Voraussagen! Uns steckt das Inferno noch in den Knochen, das der saure Regen und die Eiszeit (ja, die sollte es ganz sicher geben!) anrichten. Die Tücke der "großen Transformation" besteht aber gerade darin, dass sie vollbracht oder mindestens unumkehrbar gemacht sein soll, bevor die Prophezeiungen in Erfüllung gehen können.
Bei der Stange hält Trittin den Leser mit Kapiteln über die politische Kultur. Das ist erfrischend. Er wendet sich gegen die Naivität der Philister, die für alles und jedes eine einfache Lösung haben wollen, über die "Scheindemokratie" schimpfen, aber keine Ahnung haben, wie Demokratie eigentlich funktioniert. Auch die Passagen über "Politikverdruss" lohnen die Lektüre: "Es ist eine der größten Niederlagen der gesellschaftlichen Linken, dass sie diesem Diskurs der Politikverdrossenheit aufgesessen ist und sich einen Konflikt zwischen den Bürgern auf der einen und den Politikern auf der anderen hat aufschwätzen lassen." Dieser Diskurs lebe doch von einer pauschalisierenden Realitätsverleugnung. Ob das allerdings nur der "politischen Rechten" in die Hände spielt, wie Trittin meint, wird man erst sehen, wenn sich herausstellt, dass auch die AfD nur mit Wasser kocht.
JASPER VON ALTENBOCKUM
Jürgen Trittin: Stillstand made in Germany. Ein anderes Land ist möglich! Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2014. 255 S., 19,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main