Dieses Poem folgt dem Ruf einer quer durch Mythen und historische Epochen ziehenden Truppe - vom Peloponnesischen Krieg bis zu den Schützengräben des 20. Jahrhunderts, den Invasionen des 21. Es horcht auf die Motive des Aufbruchs, zeichnet Invasion und Okkupation nach - des Geländes, der Sprache -, sieht die Spuren der Verwüstung und der Verheerung in den Köpfen, auf den Schlachtfeldern, fragt nach dem erschöpftem Glück der Heimkehr.Warum rotten sich Menschen zusammen und gehorchen einem Befehl? Warum wird gekämpft, warum getötet? Die Stimmen, die hier zur Sprache gebracht werden, sind die von Invasoren, Kolonisatoren, marodierenden Scharen und ihren Opfern. Zwei Gestalten treten als Individuen hervor: Lord Byron, der dichtende Stratege, und die mythische Figur des Philoktet als Verwundeter, ohne den der Sieg nicht zu haben ist.Mit der Gewalt des Gegenstandes korrespondiert die strenge Regelhaftigkeit der Form: in grandiosen 12 mal 12 mal 12 Versen bildet Ursula Krechel die Züchtigung durch die Geschichte ab, das furchterregende Kontinuum des Imperialen sowie die Aufrüstung des Wortmaterials. Dabei rückt sie die düsteren Gefechte in die Helligkeit ihrer Sprache. Sie erweist sich hier einmal mehr als Dichterin auf der intellektuellen und poetischen Höhe der Zeit.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Die Rezensentin Angelika Overath ist entzückt. In ihrem Lyrikband "Stimmen aus dem harten Kern" beschäftigt sich Ursula Krechel nicht mit einem bestimmten Krieg, sondern geht der Sache auf den Grund, notiert die Rezensentin beeindruckt. Mit einer ungeheuren und nicht nachlassen wollenden "sprachlichen Dynamik" gehe Krechel bei ihrer Suche zu Werke, "destilliere" das Wesen des Krieges zu "intensivsten Sentenzen" und offenbare sich in diesem ins Wort getragenen Krieg als "unerbittliche Strategin der treffenden Silben mit rücksichtsloser Präzision". Dieser Zwang zur Genauigkeit sei es auch, der Krechels niemals beliebiger, sondern eben notwendiger Sprachartistik zugrunde liege. Die Dichterin, so die Rezensentin weiter, lässt Stimmen sprechen, "die aus Fegefeuern und Höllenkreisen singen", die jedoch niemals collagiert, sondern wie in eine einzelne Sprache "eingeschmolzen" wirken. Wer "Stimmen aus dem harten Kern" liest, der begegnet einer "fulminanten intellektuellen wie sinnlichen" Lyrik, so das ehrfurchtsvolle Fazit der Rezensentin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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