Innerhalb der Forschungen zum Verhältnis von Emotionen und Literatur stellen die Stimmungen ein schwieriges Terrain dar: Ihr unbestimmter, abgründiger Charakter berührt zwangsläufig die Frage nach den Grenzen des Denkens. Die Hamburger Literaturwissenschaftlerin Angelika Jacobs zeigt ausgehend von Leo Spitzers ideengeschichtlicher Rekonstruktion des antiken Stimmungsbegriffs als ,Weltharmonie , dass das alte Konzept um 1800 zwar an Geltung verliert, seine Funktionen im epistemologischen Umbruch jedoch systematisch genutzt werden. ,Stimmung harmonisiert Differenzen. Sie eint die Erkenntnisvermögen, überspielt die Grenzen literarischer wie epistemologischer Gattungen und ermöglicht so das Erleben von ,Ganzheit . Die von der Romantik ausgehenden literarischen Fallstudien verdeutlichen, dass diese ,Kunst des Ausgleichens und Vermittelns von Anfang an prekär ist und in die Sprachkritik führt: Kann die kosmographische Dichtungsutopie von Novalis Enzyklopädie und Roman nur fragmentarisch miteinander vermitteln, so offenbart sein Zeitgenosse Klingemann bereits die nihilistische Kehrseite des Projekts. Das folgenreiche Werk Sören Kierkegaards treibt die romantische Aporie auf die Spitze, indem es philosophische und ästhetische Autonomiekonzepte ironisch unterläuft. Rilke und Hofmannsthal nehmen Positionen der Romantiker wie Kierkegaards auf, um sie im lyrischen Drama szenographisch zu entfalten und poetologisch zu reflektieren.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.