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Der Bundesgerichtshof hatte sich in der Lederspray-Entscheidung - BGHSt 37, 106 ff. -, die zu Recht als Leitentscheidung zur strafrechtlichen Produkthaftung angesehen wird, unter anderem mit der Frage der Erfolgszurechnung in dem Geschäftsleitungsgremium eines Unternehmens auseinanderzusetzen, das durch eine auf dem Mehrheitsprinzip beruhende Entscheidung die Endkunden des Unternehmens gesundheitlich geschädigt hatte. Die Folgen des Geschäftsleitungsbeschlusses wurden jedem dafür stimmenden Gremiumsmitglied zugerechnet. Trotz der Evidenz des Ergebnisses ergeben sich bei näherer Betrachtung…mehr

Produktbeschreibung
Der Bundesgerichtshof hatte sich in der Lederspray-Entscheidung - BGHSt 37, 106 ff. -, die zu Recht als Leitentscheidung zur strafrechtlichen Produkthaftung angesehen wird, unter anderem mit der Frage der Erfolgszurechnung in dem Geschäftsleitungsgremium eines Unternehmens auseinanderzusetzen, das durch eine auf dem Mehrheitsprinzip beruhende Entscheidung die Endkunden des Unternehmens gesundheitlich geschädigt hatte. Die Folgen des Geschäftsleitungsbeschlusses wurden jedem dafür stimmenden Gremiumsmitglied zugerechnet. Trotz der Evidenz des Ergebnisses ergeben sich bei näherer Betrachtung erhebliche Probleme bei dessen Begründung auf der Basis herkömmlicher Dogmatik. Ein Umstand, der Anlaß zu weitergehenden Untersuchungen gab, weil nicht nur in Unternehmen strafrechtlich relevante Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip gebildet werden, sondern beispielsweise auch in Gemeinderäten, Redakteurskollektiven und Vereinen.

Die Feststellung der Kausalität eines einzelnen Gremiumsmitglieds ist nach der conditio-sine-qua-non-Formel nicht möglich, wenn die Mehrheit für einen fehlerhaften Beschluß größer als erforderlich ist und man somit jede Stimme isoliert wegdenken kann, ohne daß die Mehrheit und damit der Beschluß an sich sowie dessen Folgen für den Verbraucher tangiert werden. Dieses "Versagen" der conditio-Formel kann im Bereich vorsätzlichen Handelns der Gremiumsmitglieder durch Annahme mittäterschaftlicher Tatbegehung ausgeglichen werden. Bei fahrlässigem Verhalten ist dies nach herrschender Ansicht nicht möglich, weil hier mittäterschaftliche Zurechnung ausgeschlossen ist.

Die Lösung des Problems findet sich nicht, wie zuerst vermutet, auf der Ebene der Kausalität, sondern stellt eine Frage wechselseitiger Zurechnung von Tatbeiträgen bei mittäterschaftlichem Verhalten dar. Mittäterschaft ist entgegen der herrschenden Lehre auch in Fällen fahrlässiger Tatbegehung möglich. Das Dogma von der Ablehnung fahrlässiger Mittäterschaft erweist sich als nicht haltbar. Die Mitglieder eines Gremiums haften für die gemeinsam gefaßten Beschlüsse nicht deshalb, weil jeder von ihnen mit seiner Stimme kausal wird, sondern weil die gemeinsame Beschlußfassung die wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge bewirkt und jeder Beteiligte an der Mehrheitsentscheidung für den Beschluß und seine Folgen aus dem Gesichtspunkt mittäterschaftlicher Tatbegehung haftet. Dies gilt für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln gleichermaßen.