Der Strafvollzug in Russland hat in den letzten zwei Jahrzehnten tiefgreifende Veränderungen erfahren. Die Autorin hat sich mehrmals in Russland an sibirischen Universitäten und damit räumlich unmittelbar in der Nähe der mit dem Schlagwort GULag versehenen Einrichtungen aufgehalten. Dank exzellenter russischer Sprachkenntnisse war sie in der Lage, sowohl die einschlägige russischsprachige Literatur in ihrer Arbeit zu integrieren, als auch eine Übersetzung des russischen Strafvollzugsgesetzes bzw. des Strafvollstreckungsgesetzbuches vorzulegen, die für den deutschsprachigen Raum diese Materie damit erstmals zugänglich macht. Die Verfasserin präsentiert aufschlussreiches Hintergrundmaterial zur Entwicklung rechtlicher und ansatzweise rechtsstaatlicher Strukturen. Die Rolle der Rechtswissenschaft ist immer noch unterentwickelt, erst langsam entwickelt sich eine wissenschaftsorientierte Rechtskultur. Auch die Ausführungen zur marxistisch-leninistischen Rechtstradition sind erhellend und verdeutlichen den notwendigen langen Weg, den Russland in einem leider oft zähen Umdenkungsprozess vollziehen musste und muss. Verständlich wird auch, weshalb der ¿Erziehungsgedanke¿, für westliche Betrachter zunächst ein eher unbelasteter oder positiv besetzter Begriff, im Kontext der ideologischen Vorgaben außerordentlich problematisch und für politische Indoktrination missbrauchsanfällig war, bis hin zur ¿Perversion des Rechts¿ in der Stalin-Ära. Die Verfasserin geht auch auf zentrale Aussagen der sozialistischen Kriminologie ein, wonach Kriminalität mit zunehmendem Aufbau des Sozialismus verschwinden werde, ein Optimismus, der durch die Realität widerlegt wurde.
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