In 2012 wurden für diese wissenschaftliche Studie 38 prominente professionelle Kapitalmarktakteure, überwiegend Vorstände und Geschäftsleiter von Banken, zu deren Ethikverständnis befragt. Insbesondere interessierte, welche Rolle Ethik an der Schnittstelle zwischen Gewinnerzielung und Moral spielt, wie die Mechanismen der Ethik wirken und wie diese gezielt genutzt werden, um Eigeninteressen zu verschleiern. Die Einordnung gesellschaftlich relevanter Phänomene wie Gerechtigkeit und Gleichheit in diesen Kontext war ebenso ein Anliegen der Autorin wie die Darstellung der tatsächlichen ethischen Verfasstheit der Kapitalmarktakteure: Der häufig geäußerte pauschale Vorwurf, die professionellen Kapitalmarktakteure hätten kein Verständnis von Ethik und Moral, ist keinesfalls gerechtfertigt. Das bedeutet nicht, dass es bei den Kapitalmarktakteuren ein hohes Niveau an ethischer Orientierung gibt. Hier könnte die akademische Ethik einen deutlichen Mehrwert leisten, die immer noch Ethik und Ökonomie trennt: wer ökonomisch optimieren möchte, kann nicht gleichzeitig ethisch handeln. Die vorliegende Untersuchung ist insofern auch der Versuch, brauchbare Antworten auf die Frage zu geben, wie Ethik und Moral in das hoch technisierte und ökonomisch volatile Kapitalmarktgeschäft einfließen können, ohne dass per se angenommen wird, man habe es mit unvereinbaren Gegensätzen zu tun.