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Zwei junge Männer, zwei Geschichten: Schüttler, ein Berliner Boulevardjournalist, durchlebt sadomasochistische Arbeitstage, muss grenzdebile Artikel und Promi-Storys schreiben. In der Freizeit treibt er sich mit einer Bande herum, die auf behornbrillte Hipster schießt - mit Sektkorken. Doch trotz aller Abgebrühtheit träumt Schüttler von einem anderen Leben ... Ein Leben, das Robert gefunden zu haben glaubt. Robert ist ausgestiegen aus dem deutschen Mief und reist nun, bis über beide Ohren verliebt, der schönen Luca durch Indien hinterher. Er findet sie in einem Hippie-Camp auf den Andamanen,…mehr

Produktbeschreibung
Zwei junge Männer, zwei Geschichten: Schüttler, ein Berliner Boulevardjournalist, durchlebt sadomasochistische Arbeitstage, muss grenzdebile Artikel und Promi-Storys schreiben. In der Freizeit treibt er sich mit einer Bande herum, die auf behornbrillte Hipster schießt - mit Sektkorken. Doch trotz aller Abgebrühtheit träumt Schüttler von einem anderen Leben ... Ein Leben, das Robert gefunden zu haben glaubt. Robert ist ausgestiegen aus dem deutschen Mief und reist nun, bis über beide Ohren verliebt, der schönen Luca durch Indien hinterher. Er findet sie in einem Hippie-Camp auf den Andamanen, feiert, lebt und liebt. Doch die Romanze wie die endlosen Partys werden Robert bald fremd und fremder. Julian Heun lässt Robert und Schüttler überraschend zusammentreffen - und lotet das Lebensgefühl der Twentysomethings zwischen Anpassung und Exzess, Vernunft und Freiheit aus. Die «unerhört poetische Kraft» (NZZ) des Slam-Dichters Julian Heun spürt man auch in seinem Romandebüt: Kühn konstruiert, frisch, originell und kraftvoll erzählt, ist «Strawberry Fields Berlin» ein pointiertes, oft ironisches Zeitbild - und dabei durchdrungen von einer wunderbaren Sehnsucht nach dem wahren Leben.
Autorenporträt
Heun, JulianJulian Heun, geboren 1989 in Berlin, ist einer der bekanntesten Poetry-Slammer Deutschlands. Er studiert Literaturwissenschaft an der FU Berlin, schreibt für Bühnen, Literaturzeitschriften und Zeitungen. Als Slam-Poet war er bereits auf 3sat, ZDFkultur, SWR, WDR, NDR und Sat.1 Comedy zu sehen. 2007 wurde Julian Heun deutschsprachiger Meister im Poetry Slam (U20), 2008 deutschsprachiger Vizemeister und 2009 Vierter bei der Poetry-Slam-Weltmeisterschaft in Paris.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.05.2013

Geschichten von Hipstern Julian Heuns Debüt
"Strawberry Fields Berlin"

"Kitschscheiße, widerwärtige Deluxe-Kitschscheiße - und" - mit diesen Worten beginnt "Strawberry Fields Berlin", der erste Roman des vierundzwanzigjährigen Julian Heun. Sie geben für den Rest der Geschichte zutreffend das Programm vor. Mit Wortsalven, wie aus der Kalaschnikow geschossen, erzählt Heun die Geschichte von zwei scheinbar gegensätzlichen Figuren. Schüttler, ein übersättigter Zyniker, arbeitet bei einer Boulevardzeitung in Berlin und verbringt seine Freizeit damit, Hipster zu demütigen. Robert, ein lebenshungrige Suchender, pflegt eher sich selbst zu demütigen. Er reist einer flüchtigen Jugendliebe nach Indien hinterher und verliert sich dort in einer Hippie-Gemeinde auf den Andamanen-Inseln.

Im Wechsel treibt Heun die Geschichten auf ihren jeweiligen Höhepunkt zu. Dabei wartet "Strawberry Fields Berlin" mit zahlreichen Neologismen ("frustverdreht") und wunderbar bösartigen Personenbeschreibungen auf. Nachdem der Boulevardjournalist Schüttler die Hetzjagd auf ein Artikelopfer beendet hat, lässt er sich schlecht gelaunt in einem Café nieder und charakterisiert seine Sitznachbarin mitsamt Kind so: "Und dann nimmt man sich den Dienstagvormittag frei, der Klempner klingelt und antwortet auf die Frage, ob er einen Kaffee wolle: ,Ne, hab schon einen heute. Det drückt sonst so.' Wenn ebendieser Satz die größte Normabweichung der letzten zwölf Wochen ist und man darüber lacht mit dem Freund, mit der Arbeitskollegin und mit Anke und Rüdi, dann entschließt man sich zur größten Anmaßung, man kriegt ein Kind, dreißig Kilo Glücksund Lebensforderung."

Wie Schüttler durch die Nachtclubs der Hauptstadt stolpert, den von ihm selbst kreierten Drink "Gin Borgward" fest umklammernd, erinnert er an eine Mischung aus Christian Krachts Ich-Erzähler im Roman "Faserland" und Hunter S. Thompson. Das ist eine Ahnenreihe, die im Roman auch explizit anklingt. Denn "Strawberry Fields Berlin" teilt ganz offen das unterschwellige Motto von "Faserland": Gegen Ende ringt sich Schüttler, von seinem Dauerfeuerwerk an Bissigkeit und Sarkasmus selbst ermüdet, zum Bekenntnis durch, etwas zu vermissen, "dieses breite Gefühl, etwas schön finden zu dürfen, ohne dass darunter und darüber fünf Ironieebenen mitschwingen". Schüttlers Welt ist verseucht durch den sich über alles erhebenden Willen, die Dinge lächerlich zu machen. Sein Organismus erstarrt in emotionaler Abwehrhaltung.

Im Gegensatz zu "Faserland" fehlen allerdings in "Strawberry Fields Berlin" die leisen Töne fast vollständig. Der Roman ist neongrell erleuchtet und springt dem Leser bei jedem zweiten Satz entgegen. Heun, der eine bemerkenswerte Poetry-Slam-Karriere vorzuweisen hat und den Berliner Wettbewerb zweimal gewonnen hat, agiert in dieser Tradition: mit einer erotischen Verehrung für das Wort, die jedes Bild, jeden Gedanken maximal auskostet. Was im Hexenkessel von Slambühnen aber noch funktionieren mag, überdehnt den Roman. "Strawberry Fields Berlin" gibt sich einen etwas zu nihilistischen Anstrich, denn fast jeder gute Satz wird durch den nachfolgenden zertrümmert. Für den Roman selbst gilt nie, was Schüttler einmal über eine Dame sagt, die er in der Disco kennenlernt: "Sie provoziert mehr kess als notorisch rotzig, dabei aber scharfzüngig und unerträglich charmant."

Später, als Schüttler seinen Job verliert und Robert merkt, dass Liebe nicht zwingend auf Gegenseitigkeit beruhen muss, bricht in den Hedonismus der Hauptfiguren doch noch die Ernsthaftigkeit des Lebens ein. Allerdings nur halbwegs überzeugend, wie am Umgang Schüttlers mit seinem Hipster-Feindbild deutlich wird. Denn wenn er etwa einem Kind ein Eis in Aussicht stellt, damit es einem zufällig vorbeilaufenden Hipster in die Hacken tritt, wenn er heimlich Abführmittel in ihren Drinks auflöst und sie verprügelt, dann wird jedwede Reaktion der Malträtierten ausgeblendet. Falls Heuns Hipster überhaupt etwas sagen, dann "öhm", "ähm" oder andere eher wenig kluge Sätze. Es sind leblose Hintergrundfolien, auf denen der Autor den Hass seines Protagonisten durchexerziert. Und genau jene Zombies, als die Schüttler sie sich vorstellt.

In dem Moment, als Heun seine Erzählstränge zusammenführt, schimmert der Aufruf, das Leben zu lieben, zu programmatisch durch den Roman. Vielleicht geht es dem Leser so wie mit den Werken von Hermann Hesse: Wer sie als Achtzehnjähriger liest, fühlt sich verstanden und blickt hasserfüllt auf die profane, philisterhafte Welt. Mit dreiundzwanzig beginnt man heimlich, die "Ahs" und "Ohs" am Seitenrand auszuradieren, mit Mitte zwanzig werden die Bücher in den Keller gestellt, einige Jahre später dann verkauft. Alles eine Frage des Alters. Für den Debütroman eines Vierundzwanzigjährigen ist das allerdings nicht weiter problematisch.

MORTEN FREIDEL.

Julian Heun: "Strawberry Fields Berlin".

Roman.

Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2013. 224 S., geb., 18,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Strawberry Fields Berlin" erzählt mit viel Wortgetöse einerseits die Geschichte eines Zynikers, der sein Geld als Boulevardjournalist verdient und seine Befriedigung aus dem Quälen von Hipstern zieht, andererseits die Abenteuer eines Suchenden, der seiner Flamme nach Indien folgt und in einer Hippie-Gemeinde endet. Rezensent Morten Freidel hört dem Text an, dass Julian Heun eine beachtliche Poetry-Slam-Karriere hinter sich hat. Während er in seinem Debütroman die Ahnen Christian Kracht und Hunter S. Thompson fest im Blick behält, vernachlässigt er vielleicht ein wenig den Sinn des Ganzen. Den Aufruf, das Leben zu lieben, erkennt Rezensent Freidel als Programm hinter diesem Roman, was er aber bei einem 24-jährigen Autor ganz in Ordnung findet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.06.2013

Die Wut des Schilfhalms
Julian Heuns Romandebüt „Strawberry Fields Berlin“ speist sich aus dem
Hass auf den Hipster – und verfängt sich doch in der Ironiefalle
VON CHRISTOPH SCHRÖDER
Verachtung, Wut oder gar Hass sind als Antriebsräder literarischen Schreibens nicht unbedingt von Nachteil – zumal dann nicht, wenn es sich um einen jungen Autor handelt. Das Hassobjekt des Erzählers in Julian Heuns Debütroman findet sich schon auf dem Schutzumschlag wieder: die Brille. Genauer gesagt: die Hornbrille. In Kombination mit der unvermeidlichen Restausstattung (Vollbart, ausgeleiertes Designer-T-Shirt oder kariertes Hemd, leicht abgewetzte Röhrenhosen, spitz zulaufende Lederschühchen) kennzeichnet sie seinen Träger als Angehörigen jener Gruppierung, die in Berlin für den Prozess der Gentrifizierung verantwortlich gemacht wird – den Hipster. Bei Heun klingt das so: „Diese urbanen Szeneaffen, die hässliche Zerrfratze des postironischen Turboindividualismus, das Riesengeschwür von Szeneberlin. Trendbehinderte.“
  Derjenige, der so spricht, heißt Schüttler, einen Vornamen hat er vorerst nicht, ist im Hauptberuf Journalist und im Nebenberuf Hipsterjäger. Gemeinsam mit seinem Freund Roman führt er eine Punktliste darüber, wer einem Hipster schon wie oft in die Hacken getreten oder einen Sektkorken an den Kopf geknallt hat. Höchst originell. Mit dem Hipsterhass ist das so eine Sache. Mittlerweile ist die Abneigung gegen den Berliner Szene-Chic selbst schon zu einem Allgemeinplatz geworden und hat sich durch und durch gegen jegliche Anfechtungen ironisiert. Anders gesagt: Julian Heun kommt ein Jahr zu spät, mindestens. Das ist in „Strawberry Fields Berlin“ darum so augenfällig, weil sonst nicht sonderlich viel geschieht. Und es zeigt, dass man einen Text wie diesen nicht mit Literatur verwechseln sollte.
  Da ist also Schüttler, ein drei-, vier-, fünfmal abgeklärter Zyniker, der für einen noch abgeklärteren Chefredakteur moralisch zweifelhafte und handwerklich hanebüchene Klatschgeschichten zusammenschustert. Parallel dazu erzählt Heun von Robert, der wiederum zunächst keinen Nachnamen hat und einer weiblichen Partybekanntschaft auf eine indische Aussteigerinsel folgt. Da werden jede Menge Drogen konsumiert; wenn dort allerdings entgrenzende oder bewusstseinserweiternde Erfahrungen gemacht worden sein sollten, so fehlt es Heun an der Sprache oder am Interesse, sie zu vermitteln. Also rattern die beiden uninteressanten Handlungsstränge zweihundert Seiten lang unverbunden nebeneinander her. Dass aus dem Vornamen Robert und dem Nachnamen Schüttler am Ende eine Person wird und die Aussteigergeschichte das Vorspiel zum Journalistendasein bildet, ist weder überraschend, noch nobilitiert es im Nachhinein die missglückte Konstruktion.
  Es stellt sich ernsthaft die Frage, was Julian Heun hat schreiben wollen: Einen Berlin-Roman der Jetztzeit? Das Porträt einer Generation (und wenn ja, welcher)? Sein Schüttler ist ein Angry Young Man in einer Extralight-Version. Ein moralisch indifferenter Schilfhalm mit klaren ästhetischen Prinzipien in einer von den Medien bereits weidlich ausgeschlachteten Bilderwelt zwischen Siebzigerjahre-LSD-Rausch und Prenzlauer-Berg-Gegenwart, vorgeführt mit den popjournalistischen Mitteln der späten Neunziger. Von Letzteren unterscheidet sich „Strawberry Fields Berlin“ allenfalls dadurch, dass die Ironie-der-Postironie-der-Ironie-Schlange in allen Lebenslagen noch ein paar Meter länger geworden ist.
  Ziemlich flott klingt das; der Tonfall ist die stets etwas aufgekratzte und doch risikolos distanzierte Mittellage, in der sich über alles sprechen lässt, ohne sich peinlich zu machen. Julian Heun, Jahrgang 1989, ist eine der bekanntesten Figuren der deutschsprachigen Poetry-Slam-Landschaft. Er verfügt über einen erstaunlichen Vokabelreichtum und wird, wie könnte es anders sein, als eine junge, frische, kraftvolle Prosa-Stimme eingeführt. Ein wenig trist wird es halt nur, wenn diese Stimme so gut wie gar nichts zu sagen hat.
An der Hornbrille sollt ihr sie erkennen: die „Trendbehinderten“ von „Szeneberlin“.
FOTO: MICHAEL GOTTSCHALK/DAPD
    
  
  
  
  
Julian Heun: Strawberry Fields Berlin. Roman. Rowohlt Berlin Verlag,
Berlin 2013. 222 Seiten, 18,95 Euro.
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