Mit Igor Strawinsky, der vor nunmehr 50 Jahren starb, verlor die Musikwelt einen der bedeutendsten und einflussreichsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, der heftigen Widerspruch provozierte, gerade für nachfolgende Komponistengenerationen aber auch zum Vorbild, ja zu einer Art Vaterfigur wurde, wie Leonard Bernstein in seiner filmischen Hommage »Tribute to Stravinsky« (1972) bekennt. Die Diskussionen und Kontroversen um den russischen Kosmopoliten haben heute einem allgemein akzeptierten Konsens Platz gemacht - wobei sein Name von vielen immer noch mit seinen frühen Balletten, allen voran »Le Sacre du Printemps« (1913), verbunden wird.Die hier vorgelegte Publikation will dieser Schieflage entgegenwirken, indem tatsächlich sämtliche Bühnenwerke vorgestellt, analysiert und interpretiert werden. Strawinskys Genie äußert sich, so Milan Kunderas poetischer Befund in seiner Improvisation zu Ehren Strawinskys (1993), »in euphorischer Verantwortungslosigkeit der Phantasie, in dem Vergnügen zu erfinden, zu überraschen, ja sogar durch eine Erfindung zu schockieren.« Dieses Spiel mit Traditionen, Erwartungshaltungen und Denkmustern aber kennt keine Grenzen, weder historische noch geographische oder von Gattungskonventionen diktierte - und es lädt so zu Entdeckungsreisen in immer neue Klangwelten ein, die von der russisch inspirierten Märchenwelt des »Feuervogel« (1910) über die monumentale Archaik von »Oedipus Rex« (1927) bis zu Strawinskys Meta-Oper »The Rake's Progress« (1951) und zum eigenwillig gedeuteten Serialismus in seinem letzten Ballett »Agon« (1957) oder der Fernsehoper »The Flood« (1962) reichen.
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