matisches Gebilde, nicht so für PRANDTL. Er erblickte sozusagen vor seinem inneren Auge den physikalischen Vorgang und überschaute ihn in seinen Einzelheiten, und diese Einzelheiten waren eben die Glieder der Differentialgleichung. PRANDTL hatte eine außergewöhnliche Fähigkeit, sich physikalische Zusammenhänge und insbesondere Strömungsvorgänge anschaulich klarzumachen. Das so erhaltene Gedankenbild, das sich nicht nur auf die Problemstellung, sondern vielfach auch auf die Durchführung der Rechnung erstreckte, war bei ihm immer das Primäre und die mathe matische Formulierung als der Ausdruck dessen, was er innerlich ge schaut hatte, das Sekundäre. Diese so ausgeprägte Eigenart PRANDTLS hängt eng mit seiner Neigung zusammen, Strömungsvorgänge - wo immer es nur möglich ist - sichtbar zu machen und zu studieren. Ich erinnere mich noch der vielen Stunden, meistens nach den Vorlesungen PRANDTLS, wenn er im damaligen Institut für Angewandte Mechanik am Leinekanal in Göttingen immer undimmer wieder Strömungen im Wassertank beobachtete und dabei häufig genug Ort und Zeit vergaß. Auch war es seine Art, sich von seinen Überlegungen und Rechnungen selbst den Zwischenrechnungen - Zeichnungen und Skizzen zu machen, um seine Anschauung, z. B. von dem Stromlinienverlauf, zu stützen oder, wenn nötig, zu korrigieren.