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Tausche Seele gegen Erfolg. Sascha Lobos packender Debütroman über die Lebensgier in den Zeiten der New Economy. "Der Croupier warf die Kugel in den Kessel, schaute mich aufmunternd an und sagte: 'Rien ne va plus.' Es fiel die 23. In diesem Moment war ich vollends überzeugt, dass sich gerade mein Schicksal entschied - mit dem Agenturverkauf, mit dem vielen Geld, das wir bekommen würden, mit Lena, irgendwie auch mit Sandra, mit meinem Leben. Das Schicksal war auf meiner Seite."

Produktbeschreibung
Tausche Seele gegen Erfolg. Sascha Lobos packender Debütroman über die Lebensgier in den Zeiten der New Economy.
"Der Croupier warf die Kugel in den Kessel, schaute mich aufmunternd an und sagte: 'Rien ne va plus.' Es fiel die 23. In diesem Moment war ich vollends überzeugt, dass sich gerade mein Schicksal entschied - mit dem Agenturverkauf, mit dem vielen Geld, das wir bekommen würden, mit Lena, irgendwie auch mit Sandra, mit meinem Leben. Das Schicksal war auf meiner Seite."
Autorenporträt
Lobo, Sascha
Sascha Lobo, geboren 1975, ist Strategieberater, hält regelmäßig Fach- und Publikumsvorträge und veröffentlicht auf "Spiegel Online" wöchentlich seine Kolumne "Mensch-Maschine" über die digitale Welt. 2006 erschien "Wir nennen es Arbeit" (mit Holm Friebe), 2008 "Dinge geregelt kriegen" (mit Kathrin Passig).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.09.2010

Denen passiert ja gar nichts
Die New Economy war nur ein großer Kindergarten: Der Blogger Sascha Lobo hat einen Roman geschrieben, der viele Fragen aufwirft

Der Zusammenhang zwischen Frisur und Literatur ist bisher noch nicht ausreichend untersucht worden - aus gutem Grund, denn in der Regel lässt sich aus der Haarpracht (oder auch deren Abwesenheit) wenig über die Güte eines Textes ableiten. Es ist nicht leicht, aus Haaren zu lesen. Auf das Cover eines Romans hat es bisher noch keine Autorenfrisur geschafft - jedenfalls nicht ohne den dazugehörigen Kopf. Mit dem Debütroman von Sascha Lobo hat sich das jetzt geändert.

Die Frisur dieses bekannten deutschen Bloggers und Twitterers, ein rotgefärbter Irokesenschnitt, ist auf dem Schutzumschlag nicht zu übersehen. So ist man bereits vor der Lektüre irritiert. Denn auf was soll die Haarpracht, die im Buch gar nicht vorkommt, eigentlich anderes verweisen als auf den Autor und sein Markenzeichen, das in Verbindung mit dem Titel "Strohfeuer" dann allerdings einen - wohl unfreiwilligen - Subtext bekommt? Peinlicher noch: Das Coverbild entspricht in seiner blau-roten Farbgebung dem Twitter-Profil Lobos, als habe es sein Verlag mehr auf seine Zehntausende von "Followern" als auf den Inhalt des Buchs abgesehen.

Dafür gibt es auch einen plausiblen Grund: Denn die Hoffnung auf gute Literatur erstirbt schon nach den ersten Seiten, auf denen so schwindelerregende Sätze fallen wie: "Sie schien in jedem Augenblick zu wissen, was wann wie und von wem zu tun sei." Schnell erweist sich der Autor als erschreckend unbelesen. Viele Motive der Handlung, in der es um den schnellen Niedergang einer Agentur in der New-Economy-Blase geht, sind nicht neu und etwa schon 2001 in Rainer Merkels Roman "Das Jahr der Wunder" wesentlich gekonnter literarisch verarbeitet worden. Und satirische Passagen über den Business-Slang der letzten D-Mark-Tage hat man inzwischen wirklich zu oft gehört, um noch darüber schmunzeln zu können. Statt echter Erkenntnisanreize durch die Sprache oder den Plot gibt es am laufenden Band unbeantwortete Fragen der Hauptfigur an sich selbst: "Warum glaubte ich, ausgerechnet einem betrügerischen Windbeutel irgendetwas beweisen zu müssen?" Ja, das fragt man sich.

In den schlechtesten Passagen setzt das Buch auf eine Klassenclown-Prosa, in der jede mögliche Pointe immer gleich reingerufen wird. Wenn es irgendwo von der Decke tropft, ist das gleich "Indoor-Regen", was ja mal ganz lustig ist, aber ständig fallen, auch auf der distanzierten Erzähler-Ebene, viel zu große Bluffer-Begriffe wie "emotionale Apokalypse" oder "olfaktorische Todesverachtung", die mit Sentenzen wie "Aus dem Browserverlauf, aus dem Sinn" oder "Thorsten lehnte das Konzept Entschuldigung ab" angereichert werden. In den Dialogen herrscht eine Mischung aus oberflächlicher Verkäufersprache und "Pulp Fiction"-Nachgeplapper, das so schräge Wortwendungen wie "Wir haben eine Situation!" und "Das sind fünf fucking Mios" hervorbringt. Auch sprachlich wird hier auf Kredit getrickst.

Mit gutem Willen kann man das Buch zumindest stellenweise als Dokument einer im Grunde subkulturellen Bewegung lesen, als die der Erzähler selbst - dies sein einzig erkennbarer analytischer Ansatz - die New Economy zum Schluss verstanden wissen will: als ästhetisches Phänomen, als Experiment. Diese Erkenntnis aber schlägt auf den Erzähler zurück, wenn er nach der Insolvenz seiner Firma völlig unreflektiert über die "erniedrigenden Telefonate mit den Menschen, denen wir Geld schuldeten", klagt. Die New Economy Sascha Lobos verrät Züge einer Jugendbewegung in der Erwachsenenwelt, sie ist ein Sichaustoben von über Zwanzigjährigen, die das Credo "Sex, Rausch, Geschwindigkeit" um den Faktor "Geld" erweitern wollen und daher allen Ernstes Unternehmen gründen, ohne betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse zu besitzen.

Den Plot des Buchs kann man, da der Erzähler sich selbst zumindest ansatzweise als Bluffer decouvriert, überspitzt als Scheitern einer Pflaume unter Pflaumen bezeichnen. Von wo soll da ein Erkenntnisgewinn rühren? Über all das Geschilderte kann man nur dann staunen oder es als spannend empfinden, wenn man völlig ahnungslos durch die Welt tappt und das letzte Jahrzehnt komplett verschlafen hat.

Es ist aber auch keine unterhaltsame Loser-Geschichte, dafür wird viel zu viel verteidigt. Und Spannung kommt schon deshalb nicht auf, weil man sehr bald merkt, dass den Hauptfiguren eigentlich nie etwas Schlimmes zustößt. Der Höhepunkt des Nervenkitzels ist nach den vielen protzigen Sexszenen an ungewöhnlichen Plätzen erreicht, als die Hauptfigur auf der Autobahn mit über zweihundert Sachen in einem Anflug von irgendetwas für einige Momente die Augen schließt - allerdings nachts und auf gerader, freier Strecke.

In seinen reflexiven Passagen erinnert das Buch an ein Bekenntnis oder ein Geständnis, das einen grundsätzlich sympathisierenden Rezipienten voraussetzt. Was aber, wenn der Leser schlauer ist als die nicht eben helle Hauptfigur? Der Erzähler, der sich immer wieder damit brüstet, ein Meister im Gesichterlesen zu sein, und gar sein Verkaufstalent auf diese Fähigkeit zurückführt, würde erschrecken, wenn er dem Leser in die Augen blicken müsste.

UWE EBBINGHAUS

Sascha Lobo: "Strohfeuer". Roman. Verlag Rowohlt Berlin, Berlin 2010. 256 S., geb., 18,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Natürlich kann es auch Rezensent Christopher Schmidt nicht lassen, eher über die Marke Lobo zu schreiben als über diesen, seinen ersten Roman. Wobei dann nach einigen kritischen Worten zu den Werbermethoden Lobos doch klar wird, dass Schmidt dieses Buch gar nicht so schlecht findet. Nein, kein großer literarischer Wurf, aber doch ein ganz spannender Einblick in die New-Economy-Phase jüngerer deutscher Wirtschaftsblasengeschichte. Über die offenbar zugrundeliegende und gelegentlich wohl eher unfreiwillig Komisches produzierende Idee, dass man im analogen "Holzmedium" mit "wertiger" Sprache aufwarten muss, mokiert der Rezensent sich freilich doch. Und den Charme, den das Buch seinem bei den Frauen reüssierenden Helden unterstellt, kann Schmidt bei genauester Lektüre eher nicht ausmachen. Dennoch: Die Einblicke in die "Arbeitswelt", die "Strohfeuer" vermittelt, sind interessant und vor allem, so Schmidt, etwas Seltenes in der deutschen Gegenwartsliteratur.

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